Aktiv gegen sexualisierte Gewalt

Ob Gottesdienst, Kinderbibeltag, Konfirmandenunterricht oder Chorprobe: Gemeinden und kirchliche Einrichtungen sind dafür da, dass Menschen zusammenkommen, ihren Glauben leben, sich austauschen, gemeinsam Erfahrungen machen, lernen. Hier entstehen Nähe, Freundschaften, Beziehungen, die die evangelische Kirche als große Gemeinschaft prägen. Umso größer ist ihre Verantwortung, sicherzustellen, dass diese Begegnungen in einem geschützten Rahmen stattfinden und deshalb aktiv gegen sexualisierte Gewalt einzutreten.

Dennoch hat es vielfach sexualisierte Gewalt durch kirchliche Mitarbeitende oder in kirchlichen Räumen gegeben. Die evangelische Kirche und ihre Diakonie verurteilen diese Taten scharf. Bessere Strukturen für die Unterstützung der Betroffenen sexualisierter Gewalt, für Prävention und Aufarbeitung zu schaffen, war und ist für sie eine dringliche Aufgabe und zentrale Verpflichtung. Dafür sind die Betroffenen selbst, ihre Erfahrungen und ihre Expertise von unschätzbarer Bedeutung, um Aufarbeitung voranzubringen und Strukturen so zu verändern, dass zukünftige Taten verhindert werden. Dazu ist ein Modell der Beteiligung entwickelt worden, in dem Betroffene und kirchliche Beauftragte gemeinsam alle Fragen bearbeiten, die den Bereich der Aufarbeitung von und des Schutzes vor sexualisierter Gewalt betreffen.

Konkrete Maßnahmen, die aktuell umgesetzt werden, um sexualisierte Gewalt zu verhindern und geschehenes Unrecht aufzuarbeiten, betreffen die Bereiche der Aufarbeitung, Information, Prävention und Intervention, Unterstützung und Anerkennung für Betroffene:

Aufarbeitung: Alle Landeskirchen schließen sich dem regionalen Verbund einer Aufarbeitungskommission an, die geschehenes Unrecht genau untersucht und Vorschläge für die Zukunft macht. Denn nur durch die genaue Untersuchung der Taten und der Umstände, die sie begünstigt haben, wird das Recht auf Aufarbeitung gewahrt und lassen sich die bestehenden Präventionskonzepte und Schutzmaßnahmen verbessern. Darüber hinaus hat die Evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam mit den Landeskirchen die unabhängige Aufarbeitungsstudie ForuM initiiert, die in fünf Teilprojekten Fälle sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche seit 1945 untersucht. Die Perspektive und die Erfahrungen Betroffener fließen bei diesem Projekt direkt mit ein, da sie von Anfang an bei der Konzeption der Studie beteiligt waren.

Information: Haupt- und ehrenamtlich Beschäftigte der evangelischen Kirche werden von ausgebildeten Multiplikator:innen geschult, um sexualisierte Gewalt zu erkennen und richtig dagegen vorzugehen. Dazu gehört auch, dafür zu sensibilisieren, welche Situationen und Strukturen von Täter*innen ausgenutzt werden können.

Prävention: Alle Gemeinden und Einrichtungen entwickeln ein Schutzkonzept für ihren Verantwortungsbereich, damit Täter*innen und ihre Strategien von Anfang an keine Chance haben. Dazu gehört auch der genaue Blick auf die Hierarchien bzw. Machtkonstellationen in der kirchlichen Arbeit, etwa zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden, Gruppenleiter*innen und den Mitgliedern einer Gruppe, Betreuer*innen und Betreuten.

Intervention: Alle Gemeinden und Einrichtungen stellen einen Handlungsplan auf, damit im Falle einer Tat jede*r weiß, was zu tun ist und die Polizei eingeschaltet wird. Alle Beschäftigten der Kirche unterliegen einer Meldepflicht und können sich bei den zuständigen Meldestellen zu Beobachtungen und Hinweisen beraten lassen.

Unterstützung: Betroffene sexualisierter Gewalt können sich an Ansprechstellen der Landeskirchen und der Diakonie wenden, die sie beraten, begleiten und unterstützen. Als EKD-weites, unabhängiges Angebot für Betroffene aus dem Raum der evangelischen Kirche ist die Zentrale Anlaufstelle.help aufgebaut worden.

Anerkennung: Zur Anerkennung erlittenen Unrechts durch sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und zur Unterstützung ihrer individuellen Aufarbeitung können sich Betroffene an die unabhängig arbeitenden Anerkennungskommissionen der Landeskirchen wenden. Diese Kommissionen erkennen erlittenes Unrecht an und sprechen finanzielle Anerkennungsleistungen zu.