Angst vor Kriegsbildern und schlechten Nachrichten auf dem Handy

Notfallseelsorger betreuen Ukraine-Flüchtlinge in Duisburg

Nach der Flucht bedrückt viele Menschen aus der Ukraine die Sorge um Angehörige und Freunde in der Heimat. Minütlich erreichen sie teils schockierende Bilder aus dem Krieg. Evangelische Notfallseelsorger in Duisburg kümmern sich um sie.

Ukrainische Flüchtlinge in einer Turnhalle in Duisburg

Eine Dolmetscherin (gelbe Jacke) spricht in einer Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge in Duisburg mit geflüchteten Frauen aus der Ukraine (Foto vom 22.03.2022). Die Ukrainerinnen und wenige Ukrainer die in einer zur Notschlafstelle umgebauten Turnhalle in Duisburg untergebracht sind könnten jederzeit schlechte Nachricht aus ihrer Heimat bekommen. Dafür stehen Notfallseelsorger Tag und Nacht in Bereitschaft um zu helfen. Nach ihrer Ankunft werden Flüchtlinge hier zunaechst registriert, auf Corona getestet und, wenn notwendig, geimpft. 

Duisburg (epd). Notfallseelsorger stehen Tag und Nacht in Bereitschaft: Die Ukrainerinnen und wenige Ukrainer in der zur Notschlafstelle umgebauten Turnhalle in Duisburg könnten jederzeit schlechte Nachricht bekommen. Viele fürchten sich zu erfahren, dass ihre Verwandten in Kiew, Mariupol oder Lwiw verwundet oder getötet wurden. „Dann werden wir versuchen, sie zu trösten und in Gesprächen zu begleiten“, sagt Klaus Andrees. Der Pädagoge engagiert sich seit Jahren in der evangelischen Notfallseelsorge und war als ehrenamtlicher Notfallseelsorger am Aufbau der Lager in drei Schulturnhallen beteiligt.

Über das Handy, auf dem von Minute zu Minute Nachrichten mit zum Teil schockierenden Bildern aus dem Krieg eintreffen, hielten alle Flüchtlinge Dauerverbindung mit ihrer Heimat, berichtet Andrees. Daher müssten sie jederzeit mit den schlimmsten Nachrichten rechnen.

„Noch lassen sich die Menschen gar nicht auf ihre neue Umgebung ein, weil die meisten hoffen, in wenigen Wochen wieder zu Hause zu sein“, berichtet Pfarrer Rainer Kaspers von der evangelischen Auferstehungsgemeinde im Duisburger Süden. Neben diesen Notunterkünften für bisher etwa 400 Menschen unterstützt die rheinische Landeskirche ukrainische Flüchtlinge medizinisch sowie mit Geld- und Sachspenden. Vor allem aber spendeten viele Menschen ihre Zeit. „Die ehrenamtliche Hilfe ist überwältigend“, sagt Kaspers.

Nach ihrer Ankunft werden Flüchtlinge zunächst registriert, auf Corona getestet und, wenn notwendig, geimpft. „Darüber sind alle froh, denn die meisten haben höchstens eine Impfung“, sagt Kaspers. Die Gemeinde kümmere sich auch um die Kinder: Ein Besuch im Duisburger Zoo oder Auftritte von Clowns und Musikerinnen in Zelten rund um die Turnhalle sollen sie ablenken und ihnen Freude machen. „Die Lager darf kein Fremder betreten, deshalb habe ich mich ab und zu mit Kindern auf eines der Feldbetten gesetzt und Bilderbücher angeschaut“, erzählt Rainer Kaspers. Auch Sprachkurse bietet das Team an.

Jeans, Kinderschuhe, Spielzeug: In den ersten Tagen lag noch alles durcheinander in weißen Zelten vor der Bertolt-Brecht-Turnhalle. Ein paar Rundrufe später schon hätten mehr als 30 Frauen und Männer Hilfe angeboten. Die Regale sind jetzt übersichtlich gefüllt, so dass die Menschen sich aussuchen können, was sie brauchen. „Vor allem Taschen und Koffer versuchen sie zu ergattern, denn sie müssen ja alles wieder verstauen, wenn sie in eine bequemere Unterkunft, möglichst eine Wohnung, umziehen“, sagt Annette Kaiser, die den Einsatz koordiniert.

Die zupackende Frau ist froh, etwas tun zu können. Immer wenn sie eine kleine Pause mache, sagt sie, spüre sie wieder den Schock: „Krieg in Europa - damit haben wir doch nie gerechnet!“ Für den Frieden beten will die Gemeinde daher auch: Sonntags findet ein zweisprachiger Friedensgottesdienst statt, der auch auf Ukrainisch angekündigt wird.

Flüchtlinge, die akut erkrankt sind, werden in evangelischen Krankenhäusern, etwa dem Florence Nightingale Krankenhaus in Düsseldorf-Kaiserswerth, kostenfrei behandelt. Auch Schwangeren steht diese Hilfe zu, wie die Evangelische Kirche im Rheinland ankündigte. Einige Gemeinden, etwa in Kamp-Lintfort, sammeln und organisieren Hilfsgüter für den Weitertransport in die Ukraine oder zu Aufnahmelagern in Polen. Im Saarland versucht eine Gruppe speziell Unterkünfte für Flüchtlinge mit Tieren zu vermitteln.

Dem Duisburger Team helfen Erfahrungen aus der Arbeit mit Flüchtlingen in den vergangenen Jahren. So hat sich in die Seelsorge eine Psychotherapeutin eingeschaltet, die die Traumata von Menschen nach einer überstürzten, gefährlichen Flucht kennt. Am Eingang der Turnhalle treffen Erfahrungen von Flucht und Verfolgung sogar unmittelbar aufeinander: Im Sicherheitsdienst arbeiten Syrer, die selbst erst vor wenigen Jahren nach Deutschland geflohen sind.

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Wie sich rheinische Gemeinden in der Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine engagieren lesen Sie hier.