Eine Schatzkiste für Steinmeier

Der Bundespräsident besucht eine evangelische Kindertagesstätte

Es wurde gemeinsam gesungen, gebetet, gegessen und gesprochen über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie etwa. Bei seinem Besuch in der Kindertagesstätte "Schatzkiste" der Martin-Luther-Gemeinde in Darmstadt bekam Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen lebendigen Eindruck davon, was eine evangelische Kita ausmacht. 

Bundespräsident Steinmeier besucht die Kita 'Schatzkiste' in Darmstadt
Bundespräsident zum Anfassen – Frank-Walter Steinmeier mit der Kindern der „Schatzkiste“ beim Mittagessen.

Darmstadt (epd). Zwei Kinder mit Sonnenbrille und Kopfhörern marschieren als Personenschützer über den Hof der evangelischen Kita „Schatzkiste“ in Darmstadt. Ihre Freunde flitzen verkleidet als Feuerwehrleute und Polizisten auf ihren Dreirädern umher – und ein Mädchen mit großer Brille in einem Kettcar mit festgeklebter Deutschlandfahne mimt den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Hinter der Eingangstür der Kita zeigt ein kurzer Videoclip, wie gut sich die Kinder auf den Besuch des Staatsoberhaupts vorbereitet haben.

Fotos auf bunter Pappe dokumentieren, dass sie selbst eine geheime Wahl zum „Stammgruppen-Präsidenten“ abgehalten haben, mit Bildern der Kandidaten zum Ankreuzen. Und auf einem Plakat steht in schwarzem Filzstift „Wie oft müssen wir noch schlafen, bis uns Herr Steinmeier besucht?“ – die einzelnen Wochentage sind sorgfältig durchgestrichen. Doch als am Dienstag in der ruhigen Wohngegend knatternde Motorräder mit Sirene die Ankunft des Bundespräsidenten ankündigen, ist Charlotte ganz aufgeregt: „Wow, so etwas habe ich noch nie gesehen in meinem Leben“, ruft die Sechsjährige im Blümchenkleid.

Gemeinsame Andacht zu Beginn

Als die schwarze Limousine direkt vor den Kindern stoppt, weiß der vier Jahre alte Wim auch ganz genau, wen er vor sich hat: „Den Chef von Deutschland.“ Auf seiner Antrittstour durch Deutschland ist Steinmeier zwei Tage lang in Hessen unterwegs, macht dabei Station bei der Kita der evangelischen Martin-Luther-Gemeinde in Darmstadt. Artig schütteln die Kinder des Empfangskomitees die Hände der Politiker – und verraten direkt, was es zum Mittagessen gibt: Fischstäbchen mit Kartoffelsalat. Der Bundespräsident lacht: „Toll, das habe ich so lange nicht gegessen.“ Doch zuerst steht eine Andacht mit den Kindern auf dem Programm. Das hat sich Kitaleiterin Andrea Koch so gewünscht, nicht nur Mittagessen und Diskussion. „Wir wollten zeigen, was eine evangelische Kita ausmacht“, sagt sie.

Im Kindergarten zelebrierten sie die Andachten, im Mittelpunkt stehe die Botschaft: „Jedes Kind ist ein Schatz Gottes“. In der Einrichtung mit knapp 100 Kindern werden auch Inklusionskinder betreut. Sie gehörten ganz selbstverständlich dazu, betont die Leiterin. Im Turnraum hockt sich Steinmeier neben seiner Frau Elke Büdenbender und dem hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung auf eine Holzbank - und feiert mit.

Ungewöhnlich gute Bedingungen

Eine Erzieherin spielt Gitarre, es wird viel gesungen, die Aussage des Texts untermalen die Kinder mit Bewegungen, strecken ihren Zeigefinger in Luft oder streicheln sich selbst über die Wange. Pfarrer Frank Briesemeister fragt: „Woher wisst ihr was von Gott?“ Lisa ruft: „Ich habe eine Bibel zu Hause.“ Andere Kinder antworten: „Von meinen Eltern.“ Oder: „Von Omi und Opi“.

Der Bundespräsident hat Spaß. So ein Besuch mache ihm große Freude, sagt Steinmeier. In der Kita seien die Bedingungen für Kinder und Eltern vergleichsweise ideal: Die Einrichtung ist von 7 bis 17 Uhr geöffnet, die Kinder können dort frühstücken und mittagessen. Ihm sei bewusst, dass viele andere Betreuungseinrichtungen weniger gut aufgestellt seien, sagt Steinmeier. Auf dem Programm steht auch eine Diskussion mit Eltern und Erziehern über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, allerdings ohne Presse.

Auch der Alltag ist Gottesdienst

Kirchenpräsident Volker Jung zeigt sich erfreut, dass Steinmeier mit seinem Besuch in der evangelischen Kita die hohe Wertschätzung für die Arbeit mit Kindern zum Ausdruck gebracht habe – egal in welcher Trägerschaft. Ein Merkmal für evangelische Kitas seien die regelmäßigen Gottesdienste, sagt Jung. Doch in erster Linie gehe es um ein gut gelebtes Miteinander und respektvollen Umgang. „Der Alltag muss gut gestaltet werden“, sagt der Kirchenpräsident. Schon Martin Luther habe betont, dass der wichtigste Gottesdienst der Alltag sei.

Die Kitaleiterin überreicht dem Bundespräsidenten schließlich eine braune Schatzkiste voller Wünsche der Jungen und Mädchen. Ein Kind wünscht ihm viel Schokolade, weil sie so lecker sei, ein anderes ein richtiges Pferd, damit er nicht mehr fahren müsse. Und: „Dass sie gut auf unser Land aufpassen.“ Ein Junge sagt, als „Chef von Deutschland“ könne der Bundespräsident alle Wünsche wahr werden lassen. Darauf angesprochen lächelt Steinmeier. Er freue sich über das große Interesse der Kinder. Von Erwachsenen allerdings wünsche er sich „manchmal etwas mehr Realismus“, was die Erwartungen an die Politik angehe.

Kathrin Hedtke (epd)