„Christliche Fans mit Vorbildwirkung“

Interview mit Sportwissenschaftler Harald Lange

Fußball-Fans mit Trikot im Gottesdienst

Bei einem Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche anlässlich des DFB-Pokalfinales haben die Kirchen die Bedeutung gemeinsamen Sports bei der Integration betont. (Foto vom 19. Mai 2018)

Mit Werten wie Fairness, Respekt und Solidarität sind christliche Fanclubs ein wichtiger Bestandteil der Fanszene, sagt Harald Lange, Professor für Sportwissenschaften und Leiter des Instituts für Fankultur e.V. Würzburg & Frankfurt/Main. Mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) spricht er außerdem über das peinliche Schweigen zum Rassismus im Fußball – und geht hart mit dem DFB ins Gericht.

Christliche Fanclubs haben in deutschen Stadien mittlerweile ihren festen Platz. Wie kommt das?

Harald Lange: Der Fußball ist in den vergangenen Jahren immer mehr vom Rand der Gesellschaft in die Mitte gerückt. In den Fanclubs sind heute sämtliche gesellschaftliche Gruppen vertreten. Es ist also völlig normal, dass sich auch Christen als Fans zeigen.

Welche Rolle spielen sie innerhalb der Fanszene?

Lange: Mit ihren Werten wie Fairness, Respekt und Solidarität sind sie ein wichtiger Bestandteil der Fanszene – besonders im Profifußball, wo ja diese Werte oft mit Füßen getreten werden. Nicht zuletzt hat die Özil-Debatte offenbart, dass wir nichts Dringenderes im Fußball brauchen als Werte, die mit Leben gefüllt werden müssen.

Der DFB betont vielerorts sein Engagement gegen Rassismus...

Lange: Im Profifußball sind das alles Platzhalter, leere Hülsen. Aber der DFB hat keinerlei Konzepte, wie er seine Werte in die Tat umsetzen will. Sie sind weder verankert noch werden sie gelebt. Stattdessen geht es nur noch um Wirtschaft und viel Geld.

Was müsste passieren?

Lange: Einiges. Das beginnt schon damit, dass die Spieler der Nationalmannschaft an ihren freien Turniertagen an der Playstation sitzen, statt vor die Tür zu gehen und Menschen zu treffen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, am Leben teilzunehmen. Werte müssen gelebt werden – in der Gruppe, in der Mannschaft. Aber natürlich muss auch einiges in den Vereinen passieren.

Vertrauen, Versprechen und Solidarität müssen stärker in den Fokus rücken. Und wenn es um multikulturelles Zusammenleben geht, muss dringend in den Vereinen geklärt werden, wo genau es Rassismus gibt und warum. Da kommt vom DFB leider nur peinliches Schweigen, während von den Fans Fairness und Respekt auf den Rängen erwartet wird.

Wie können die christlichen Fans zum Beispiel auf Fairness Einfluss nehmen?

Lange: Konflikte in der Fan-Szene regulieren sich in der Regel von selbst – und das nicht belehrend, sondern atmosphärisch. Das eine Mal durch Sanktionieren, das andere Mal durch Ausbuhen. Die Vorbildwirkung der christlichen Fans ist hierbei keinesfalls zu unterschätzen.

Interview: Katrin Schreiter (epd)