Konstruktiv streiten, konstruktiv zusammenarbeiten

Manfred Kock über seine Amtszeit als Ratsvorsitzender der EKD

Manfred Kock, Portraitbild

Manfred Kock war von 1997 bis 2003 Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Vom ersten Ökumenische Kirchentag 2003 in Berlin ist Manfred Kock vor allem der Schlussgottesdienst noch lebhaft in Erinnerung, den er als Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit Karl Kardinal Lehmann, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, feierte. „Die Taufe als sakramentales Zeichen der Zusammengehörigkeit stand im Mittelpunkt. Und die symbolische Weitergabe des Wassers war für uns eine Bestätigung, dass unsere Kirchen eine gemeinsame Zukunft haben.“ Dies bedeute jedoch keine Gleichmacherei: „Wir haben zu lernen, das Anderssein des jeweils anderen als eine Bereicherung zu sehen.“

Kardinal Lehmann, so betont Kock, sei während seiner Amtszeit als EKD-Ratsvorsitzender ein wichtiger Partner gewesen, den er sehr geschätzt hat und mit dem er freundschaftlich war. „Das hat dem Verhältnis unserer Kirchen gut getan“, ist Kock überzeugt. Diese Verbundenheit habe auch dem 1997 kurz vor seiner Zeit als Ratsvorsitzender erschienenen „Gemeinsamen Wort zur wirtschaftlichen und sozialen Lage Deutschlands“ das nötige Gewicht gegeben, gerade in der späteren Kanzlerschaft Gerhard Schröders und der Hartz-IV-Gesetze, der sogenannten „Agenda 2010“. „Die Kirchen haben versucht einen Impuls zu geben, dass vor allem die Armen nicht länger zu kurz kommen dürften.“

„Auch in bio-ethischen Fragen am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens haben wir gemeinsam gesagt: „Es darf nicht alles erlaubt werden, was machbar ist.“ Es habe in der EKD zwar auch Stimmen gegeben, die der Forschung und Technik mehr Freiheiten geben wollten, aber am Ende habe sich die Postion durchgesetzt, dass mit neuen Erkenntnissen verantwortungsvoll umzugehen sei. Mit der „Woche für das Leben“ habe sich diese Grundhaltung in beiden Kirchen etabliert.

Reizwort „Mission“

Im Rückblick auf seine Zeit als EKD-Ratsvorsitzender geraten Kock mehrere Kriege in Erinnerung: Kosovo, Irak, Afghanistan. „Ich war gegen den Eintritt in den Irak-Krieg, das war auch die Position des Rates der EKD. Und wir haben versucht, unseren Partnerkirchen in den USA vor dem Eintritt in den Krieg zu warnen; vor allem aber bei den baptistischen Kirchen in den Südstaaten stießen wir auf taube Ohren.“ Es klingt keine Befriedigung mit, wenn Kock sagt, dass sich die Kriegsgründe als Lügen erwiesen hätten. „Und ich habe schon damals befürchtet, dass es zu einem Chaos in der islamischen Welt kommen könnte. Das hat sich leider bewahrheitet.“

Ein knappes Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung Deutschlands (und der evangelischen Kirchen in Ost und West) stand für die EKD unter dem Ratsvorsitz Kocks die Frage auf der Tagesordnung, wie es mit der Kirche weitergehen sollte. „Wir hofften, von den Kirchen der DDR lernen zu können, wie mit der Diaspora-Situation umzugehen sei“, berichtet Kock. Vor allem das Reizwort „Mission“ beschäftigte die EKD. „Das war in klassischen Kirchenkreisen eher etwas für Frömmelnde, aber doch nicht für die Aufgeklärten.“ Umso froher sei er, dass es doch bis heute immer wieder Aufbrüche gibt. „Es gibt ermutigende Ansätze – und wir brauchen sie immer wieder.“ An die Kritiker gewandt betont Kock: „Dass etwas versucht wird, ist ein Zeichen dafür, dass die Kirche lebt. Ohne bliebe nur Stillstand und dann ein Absterben.“

Wichtige mediale Entscheidungen

In seine Amtszeit fielen auch wichtige mediale Entscheidungen, ruft Kock in Erinnerung. So wurde ein ehemaliges Medien-Flaggschiff, das „Sonntagsblatt“, eingestellt. Stattdessen setzte die EKD auf ein Monatsmagazin: Seither erscheint „Chrismon“ als Beilage zu verschiedenen Tageszeitungen. „Es wird wahrgenommen, das Heft ist ein Erfolg“, sagt Kock.

Die Arbeit im Rat der EKD betrachtet Kock im Rückblick als lehrreich. „Ich habe hier erlebt, wie konstruktiv Menschen mit verschiedenen Ansichten streitend, aber konstruktiv arbeiten können – sowohl Bischöfe wie Wolfgang Huber oder Maria Jepsen als auch die sogenannten Laien. Das hat mein Verhältnis zu Menschen mit Verantwortung beeinflusst“, sagt Kock.

Michael Eberstein / EKD