Einbringung zum Schwerpunktthema „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“

Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der EKD

Renke Brahms

Es gilt das gesprochene Wort


Sehr geehrte Frau Präses, hohe Synode, liebe Schwestern und Brüder!

Die Synode der EKD hat im November 2017 beschlossen, sich auf der Synode im Herbst 2019 mit dem Schwerpunktthema „Frieden“ zu befassen.

Die weltpolitische Lage und auch die innergesellschaftliche Situation sind zu einem nicht geringen Teil von immer mehr Streit, Konflikt, Gewalt und Krieg geprägt. Die Bilder und Nachrichten aus aller Welt, die wachsende Unsicherheit in bisher als selbstverständlich erlebten internationalen Beziehungen und eine Brüchigkeit auch in gesellschaftlichen Zusam­menhängen fordert uns heraus. Deshalb ist es sinnvoll, sich auch als Evangelische Kirche in Deutschland der friedensethischen Grundlagen neu zu vergewissern oder neu nach ihnen zu fragen. Die Jahreslosung „Suche den Frieden und jage ihm nach!“ fordert uns zu intensiver Friedensdiskussion und Friedenspraxis auf.

Seit der friedensethischen Positionierung der EKD in der Denkschrift „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ aus dem Jahr 2007 haben sich viele neue Fragen ergeben, die der Bearbeitung bedürfen. Dabei können wir als EKD und als Synode aufbauen auf Prozessen zum Friedensthema in den Landeskirchen, auf einen Diskussionsprozess in den Evangelischen Akademien zum Thema „...dem Frieden in der Welt dienen“ und auf dem Konsultationsprozess „Orientierungswissen zum gerechten Frieden“ der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg, dessen Ergebnisse in einer 20-bändigen Schriftenreihe dokumentiert sind. Wir können aber auch aufbauen auf Erfahrungen gelingen­der Konflikttransformation wie sie im friedenstheologischen Lesebuch geschildert werden, die aber leider immer noch zu wenig im Mittelpunkt öffentlichen Interesses stehen. Zum Inhaltli­chen werde ich später bei der Einbringung des Kundgebungsentwurfs mehr sagen.

Einen Zwischenbericht über den zweijährigen Vorbereitungsprozess habe ich bei der letzten Synode in Würzburg erstattet. Deshalb beschränke ich mich hier auf eine kurze Zusammen­fassung und Ergänzung aus dem vergangenen Jahr.

Eine vom Präsidium berufene Vorbereitungsgruppe, bestehend aus 27 Personen aus ver­schiedenen Bereichen der Friedensarbeit, der theologischen Wissenschaft, aus der EKD-Synode, aus landeskirchlichen Synoden und ökumenischen Partnern hat sich viermal getroffen. Einen wichtigen Zwischenschritt stellte die Konsultation vom 12. bis 14. September in Wittenberg dar, auf der wir uns genannte Themen sortiert und fokussiert haben. Sie stand unter dem Thema „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“. Mit dieser Formulierung nehmen wir unterschiedliche Motive auf: Erstens stellen wir uns in die ökumenische Bewegung, die bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 2013 in Busan/Südkorea zu einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens aufgerufen hat. Zweitens nehmen wir einen Titel auf, unter den einzelne Landeskirchen ihre Diskussionen und ihre Beschlüsse über den Frieden gestellt haben. Und drittens wollen wir damit deutlich machen, dass es in der Tat ein Weg ist, auf den wir uns begeben. Und auch die Synode wird ein Schritt auf diesem Pilgerweg sein, eine Positionsbestimmung sein, aber nicht alle Fragen beantworten können und uns in die Pflicht nehmen, weitere Schritte auf dem Weg der Gerech­tigkeit und des Friedens zu gehen.

Nach der Konsultation haben verschiedene Arbeitsgruppen Texte erarbeitet, die jeweils in einem Textbaustein für die Kundgebung der Synode zusammengefasst wurden. Eine Redaktionsgruppe hat daraus einen ersten Kundgebungsentwurf gemacht, der wiederum in der Vorbereitungsgruppe diskutiert, in das Präsidium eingebracht und nach Rückmeldungen aus dem Präsidium dann die Ihnen vorliegende Fassung erhalten hat.

Aufgabe der Vorbereitungsgruppe ist es auch, Vorschläge für die Gestaltung des Themen­tages zu machen. Dabei stand uns sehr klar vor Augen, dass wir uns hier über den 9. November in Dresden treffen. Die Erinnerung an die Novemberpogrome 1938 und an 30 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall sowie die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen Dresdens bilden nicht nur den Rahmen der Synodentagung, sondern müssen sich auch in der Gestaltung und in den Themen wiederspiegeln.

Deshalb zieht sich das Friedensthema in verschiedenen Facetten durch die gesamte Synode. Die Synode der VELKD hat sich in Vorträgen und Workshops mit dem Thema befasst. „Frieden als Thema der lutherischen Ethik“ und „Frieden in der Liturgie und Liturgien des Friedens“ waren die Themen. Auch das Thema der UEK-Vollversammlung „Mitverantwortung der Kirchen für den Zusammenhalt der Gesellschaft“ verstehe ich als Beitrag zum gesellschaftli­chen Frieden.

Der gemeinsame Gottesdienst von VELKD und UEK fand in der Kirche des Diakonissen­mutterhauses statt, die zur Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry gehört. Die Kreuzkirche gehört zu den wichtigen Orten der Friedensgebete und erinnert auch an die Ökumenische Versammlung der Kirche in der DDR für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung 1988/89. Die Frauenkirche steht für Zerstörung, Wiederaufbau und Versöhnung. Die Drei­königskirche erinnert an Krieg und Zerstörung und mahnt zum Frieden. Überall sind also Spuren der Vergangenheit zu finden, die uns zum Frieden mahnen.

Am Samstagnachmittag fand ein Pilgerweg durch Dresden mit unseren ökumenischen Gästen statt. Er führte vom Theaterplatz mit der Erinnerung an die friedliche Revolution über die Gedächtniskapelle der katholischen Kathedrale mit der Erinnerung an die Zerstörung Dresdens 1945 bis zur neuen Synagoge mit der Erinnerung an die Novemberpogrome und die jüdisch-christliche Zusammenarbeit heute und endete schließlich bei der Frauenkirche mit dem Thema Wiederaufbau und Versöhnungsarbeit.

Gestern Mittag fand ein Weg der Erinnerung statt, den die evangelische und katholische Jugend und die Schülerinnen und Schüler maßgeblich vorbereitet hatten, indem sie sich mit der Zeit des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung auseinandergesetzt haben. Ich habe dort in der Synagoge sprechen dürfen, den Gruß der Synode ausgerichtet und deutlich gemacht, dass wir als Evangelische Kirche in Deutschland an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stehen und uns gegen jede Form des Antisemitismus wenden.

Der gestrige Abend galt der friedlichen Revolution 1989, deren Ermutigung zur Gewaltfreiheit heute und dem Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsradikalismus und Antisemi­tismus.

Heute hat uns die Bibelarbeit schon in das Thema geführt.

Es folgen gleich ein biblisch-theologischer Vortrag von Landesbischof Cornelius-Bundschuh und ein thematischer Vortrag von Dr. Vinke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Diesen thematischen Schwerpunkt haben wir gewählt, weil in diesem Bereich schon jetzt und vermehrt in der Zukunft mit Konflikten zu rechnen ist, die durch den Klimawandel ausgelöst werden und uns vor enorme Herausforderungen stellen.

Zur Vorbereitung gehörte auch eine Multiplikator*innen-Reise mit Brot für die Welt nach Kenia. Darüber wird es einen kurzen Film geben und einzelne Synodale können im Plenum davon berichten.

Zwei Erfahrungsberichte ergänzen die Vorträge: Oberstleutnant Mathias Meierhuber wird seine Erfahrung und Sicht als Soldat zum Schwerpunktthema einbringen. Herr Wolfram Metzig-Eisner wird das aus seinen Erfahrungen als Mitarbeiter des Zivilen Friedensdienstes tun. Uns liegt daran, in dieser Synode die unterschiedlichen Perspektiven miteinander ins Gespräch zu bringen.

Ich habe Ihnen diese Stationen alle genannt, weil uns in der Vorbereitung sehr daran lag, dass gerade in Dresden die Synode der EKD nicht einfach in eine Stadt kommt, im Kongress­zentrum tagt und dann wieder abfährt, sondern so gut es eben geht, in der Stadt präsent ist – und dass das Friedensthema bei allen anderen wichtigen Themen der Synode als Schwer­punktthema die Synode prägt – in einem Geist des gerechten Friedens.

Einen herzlichen Dank spreche ich aus an das Präsidium der Synode für das Vertrauen in den Vorbereitungsprozess und insbesondere für die Zusammenarbeit mit der Präses und mit Frau König.

Großer Dank gilt der Vorbereitungsgruppe, die diesen Prozess intensiv getragen hat, besonders an diejenigen aus den uns befreundeten Kirchen, so der Römisch-Katholischen Kirche und der mennonitischen Kirche. Einige aus der Vorbereitungsgruppe sind hier und werden sich nachher auch an den Arbeitsgruppen beteiligen.

Einen besonderen Dank sage ich der Steuerungsgruppe, Frau Oberkirchenrätin Godel und ihrem Vorgänger, Herrn Mielke, Herrn Trittmann, Herrn Buff und Herrn Nann. Hier lag viel Arbeit, die Sie als Synodale nun heute und in den kommenden Tagen betrachten und diskutieren können.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Einbringung zum Schwerpunktthema „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens"
Renke Brahms. Friedensbeauftragter des Rates der EKD