Bedford-Strohm: Spaltungstendenzen in Europa entgegenwirken

Ratsvorsitzender der EKD predigt im Gedenkgottesdienst in Frankfurt (Oder) zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen

Heinrich Bedford-Strohm

„In einem Europa, das von Intoleranz bedroht ist, wollen wir auf den Reichtum hinweisen, den es bedeutet, wenn Menschen mit unterschiedlichen religiösen und kulturellen Hintergründen friedlich zusammenleben lernen“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende in seiner Predigt.

Frankfurt an der Oder (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat dazu aufgerufen, Spaltungstendenzen in Europa entgegen zu wirken. Auch zwischen Deutschland und Polen drohten alte Ressentiments wiederaufzuleben, warnte der bayerische Landesbischof am 1. September in einem Gedenkgottesdienst zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen in Frankfurt (Oder). Dazu komme „die Geißel des Nationalismus, die so viel Unheil über Europa gebracht hat“, sagte Bedford-Strohm in dem vom ZDF übertragenen Gottesdienst in der Frankfurter Friedenskirche.

„Liebe stark machen und selbst ausstrahlen“

In einem Europa, in dem die Spaltungstendenzen überhandzunehmen drohten, müssten die Deutschen dafür einstehen, dass der Weg der Versöhnung weitergegangen werde, forderte der EKD-Ratsvorsitzende. „In einem Europa, in dem Bewegungen sich auszubreiten drohten, die Hassbotschaften aussenden, wollen wir die Liebe stark machen und selbst ausstrahlen. In einem Europa, in dem Arm und Reich immer mehr auseinanderfallen, wollen wir für Gerechtigkeit streiten und Anwälte der Schwachen sein“, sagte Bedford-Strohm: „In einem Europa, das von Intoleranz bedroht ist, wollen wir auf den Reichtum hinweisen, den es bedeutet, wenn Menschen mit unterschiedlichen religiösen und kulturellen Hintergründen friedlich zusammenleben lernen.“

In Polen seien es Kräfte, die ihr Land bedroht sehen würden von Muslimen, die als Flüchtlinge nach Europa kommen, und von Politikern in Brüssel, die vermeintlich nationale Interessen gefährdeten, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. In Deutschland seien es Politiker, die mit Slogans wie „Deutschland zuerst. Hol dir dein Land zurück“ in Wahlkämpfen auf Stimmenfang gingen. „Die uns die Erinnerung an die dunklen Stellen der deutschen Geschichte als eine Gefährdung der eigenen nationalen Identität verkaufen wollen“, warnte Bedford-Strohm. In Wirklichkeit sei es aber ein Zeichen der Stärke, sich auch zu diesem Teil der eigenen Geschichte zu bekennen und zu der Verantwortung, die daraus folge.

Zusammenleben über Grenzen hinweg

Er wünsche sich, dass der Weg der Freundschaft mit Polen weitergegangen werde, sagte der Theologe: „Deswegen bin ich so dankbar für all die Menschen, die sich schon heute für die deutsch-polnische Freundschaft engagieren oder sie sogar als Familie schon ganz selbstverständlich leben. Deswegen ist das Zusammenleben über konfessionelle, religiöse oder nationale Grenzen hinweg, das ich hier in Frankfurt an der Oder erlebe und von dem wir hier im Gottesdienst gerade gehört haben, ein echtes Zukunftsmodell.“