Ganztagsschule - in guter Form!

Ganztagsschule - in guter Form!

Eine Stellungnahme des Rates der EKD

Vorwort

Das deutsche Schulwesen befindet sich im Umbruch. „Bildungsstandards“, „Schulzeitverkürzung“, „Schulprogramme“, „Zentrale Prüfungen“ sind nur einige Stichworte der Debatte. Wichtige Veränderungen sind in Gang gekommen; aber der Reformbedarf reicht darüber hinaus. Vor allem unter Verweis auf die Schulsysteme in Staaten, die bei Vergleichsuntersuchungen von Schulleistungen (PISA u. a.) gut abgeschnitten haben, wird unter anderem der Ausbau von Ganztagsschulen vorangetrieben. Das fordert die evangelische Kirche zur Stellungnahme heraus, denn sie ist in der Mitverantwortung für den Religionsunterricht und in der Trägerschaft von evangelischen Schulen von der Thematik direkt betroffen. Auswirkungen für die kirchliche Arbeit ergeben sich aber auch für die evangelische Kinder- und Jugendarbeit sowie für andere Bereiche (z. B. Kindertagesstätten, Familienbildung, Kirchenmusik), die aufgefordert sind, sich mit anderen gesellschaftlichen Trägern, Verbänden und Gruppen in die Gestaltung der Ganztagsschule einzubringen. Allein die zunehmende zeitliche Ausweitung der Schule in den Nachmittag hinein wirkt sich auf die Konzeption aller kirchlichen Angebote für Schülerinnen und Schüler aus. Die daraus folgenden Konsequenzen für die kirchliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind im Einzelnen gesondert zu bedenken.

Die Entwicklung in verschiedenen Bundesländern zeigt, welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn die evangelische Kirche im Blick auf die Ausgestaltung von Ganztagsangeboten eine konstruktive Partnerschaft anbietet. Dabei kann an die guten Erfahrungen mit zahlreichen Kooperationsprojekten angeknüpft werden. Kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zunehmend in Strukturen der Zusammenarbeit eingebunden, die durch konkrete Erlasse oder Vereinbarungen geregelt sind. Auf diese Weise formiert sich ein neuer Bereich von religiöser Bildung in der Schule, dessen Bedeutung neben dem Religionsunterricht hoch einzuschätzen ist. Er dient vor allem den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und ihrer freien und selbständigen religiösen und ethischen Orientierung.

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat den vorliegenden Text, den eine durch die Kammer der EKD für Bildung und Erziehung, Kinder und Jugend angeregte Arbeitsgruppe verfasst hat, dankbar und zustimmend entgegengenommen und seine Veröffentlichung beschlossen. Ich wünsche unserer Stellungnahme bei den für die weitere Entwicklung Verantwortlichen und bei allen Beteiligten in Staat und Kirche, Schule und Gemeinde Aufmerksamkeit und Verbreitung.

„Wenn dein Kind dich morgen fragt ....“ lautet das biblische Leitwort des Deutschen Evangelischen Kirchentages im kommenden Jahr. Es betont unsere Verantwortung für die kommende Generation. Mit ihm fragen wir: Was kann uns Zukunft und Hoffnung geben? Wir brauchen eine Schule mit einer pädagogischen Kultur, die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in den sie bedrängenden Lebensfragen nicht allein lässt und ihnen zugleich tragfähige Lebensperspektiven eröffnet. Dazu will die evangelische Kirche nach Kräften beitragen.


Hannover, im Juni 2004

Bischof Dr. Wolfgang Huber

Vorsitzender des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland



Vor allem aufgrund der Ergebnisse vergleichender Untersuchungen von Schulleistungen stehen die deutschen Schulstrukturen auf dem Prüfstand. Verstärkt werden mehr Ganztagsschulen gefordert. Vielfach sind Planungen und Umstrukturierungsprozesse im Gange, um den Anteil von Ganztagsschulen im Bildungswesen deutlich zu erhöhen. Die Bundesregierung hat ein Programm aufgelegt, das die Bundesländer bei der Einrichtung und dem Ausbau solcher Schulen unterstützen soll. In dieser Situation kommt es aus Sicht der evangelischen Kirche darauf an, dass entscheidende pädagogische Fragen nicht aus dem Blick geraten:

  • Die Frage danach, was Kinder und Jugendliche angesichts der sich wandelnden Bedingungen des Aufwachsens sowie ihrer individuellen Möglichkeiten und Bedürfnisse brauchen.

  • Die Frage nach der Qualität von Schule, die letztlich immer daran zu bemessen ist, welche Lern-, Erziehungs- und Bildungserfahrungen die Schule tatsächlich ermöglicht.

  • Die Frage nach der Bedeutung von Reformmaßnahmen für Eltern und Familien im Sinne einer wirksamen Unterstützung von Familien, deren Erziehungstätigkeit und der anzustrebenden Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus sowie für die Vereinbarkeit von Elternschaft und Berufstätigkeit.

  • Die Frage nach der Entwicklung von Schule in der Demokratie insbesondere hinsichtlich bürgergesellschaftlicher Träger- und Beteiligungsverhältnisse sowie der Öffnung von Schule für das Gemeinwesen.

  • Die Frage nach der konstitutiven Bedeutung außerschulischer Bildungsangebote beispielsweise in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit.

Bildung muss Wissen und Lernen inhaltlich qualifizieren. Sie spiegelt als Kulturanspruch die Sinn- und Wertorientierung einer Gesellschaft und verlangt daher einen kontinuierlichen öffentlichen Bildungsdiskurs. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat dazu die Denkschrift „Maße des Menschlichen. Evangelische Perspektiven zur Bildung in der Wissens- und Lerngesellschaft“ (2003) veröffentlicht. In ihr sind die Grundzüge eines evangelischen Bildungsverständnisses für unsere Zeit dargelegt worden. Was die Thematik der vorliegenden Stellungnahme angeht, ist die evangelische Kirche darüber hinaus mehrfach angesprochen:

  • als Träger von Schulen und Kindertagesstätten sowie weiterer außerschulischer Bildungsangebote der Kinder- und Jugendarbeit beziehungsweise der Sozialpädagogik/Sozialarbeit;

  • als Träger von Ausbildungsstätten sowie von Fort- und Weiterbildungsangeboten;

  • als Partner von Ganztagsschulen im Gemeinwesen, mit ihren Kirchengemeinden, Einrichtungen, Vereinen und Verbänden;

  • in ihrer in Zusammenarbeit mit dem Staat übernommenen Zuständigkeit für den schulischen Religionsunterricht (Art. 7 Abs. 3 GG), in ihrem Engagement für religiöse Veranstaltungen im Schulleben sowie – damit verbunden – für Fragen einer sinn- und wertorientierten Erziehung und Bildung in der Schule sowie im Bildungswesen insgesamt.


Weitere Ursachenforschung notwendig

Durch das vergleichsweise schwache Abschneiden des deutschen Bildungswesens bei internationalen Untersuchungen zum Vergleich von Schulleistungen ist die Bildungspolitik stark unter Druck geraten. Besorgniserregend ist nicht nur das Zurückbleiben eines Großteils der Schülerinnen und Schüler in Deutschland bei Spitzenleistungen im Bereich von Lesefähigkeit sowie von mathematisch-naturwissenschaftlichen Fähigkeiten. Anlass zur Sorge gibt auch der große Anteil von Kindern und Jugendlichen, deren Lernerfolge so gering sind, dass für sie schon jetzt die Erreichbarkeit einer zukünftigen Erwerbstätigkeit nachhaltig infrage gestellt ist (vgl. „Perspektiven für Jugendliche mit schlechteren Startchancen“, EKD 2003). Zudem ist es alarmierend, dass in Deutschland die soziale Selektivität des Bildungswesens stärker ist als in den anderen untersuchten Staaten. Die mangelnde Chancengleichheit stellt die demokratische Qualität unseres Schulwesens in Frage. Deswegen müssen dringend Reformen angegangen und Verbesserungsmöglichkeiten gesucht werden.

Verstärkter Handlungsdruck und nahe liegende Reformversuche machen die Frage nach den Ursachen der konstatierten Defizite jedoch nicht überflüssig. Ohne eine genaue und verlässliche Ursachenforschung sind wirksame Reformen nicht möglich. Nicht allein dass etwas getan wird, ist wichtig, sondern das Richtige muss getan werden!

Genau in dieser Hinsicht lassen bloße Schulleistungsvergleiche die Bildungsplanung aber im Stich. Solange lediglich untersucht wird, wer wie viel kann, sind Aussagen über die Entwicklung und vor allem über die Förderung entsprechender Fähigkeiten oder Kompetenzen nicht möglich oder bleiben Spekulation. Das häufig angebotene Argument, die besseren Ergebnisse von in internationalen Vergleichsuntersuchungen führenden Ländern hätten ihre Ursachen vor allem in ganztägigen Schulkonzepten, ist theoretisch und praktisch nicht tragfähig. Denn zum einen lässt sich das Bildungswesen allein durch seine äußeren Strukturen nicht angemessen charakterisieren – an erster Stelle kommt es immer darauf an, was tatsächlich in den Schulen geschieht, und dabei gibt es bekanntlich schon innerhalb desselben Schultyps enorme Unterschiede. Zum anderen wurden und werden ohne Ganztagsschulen zum Teil durchaus Spitzenleistungen erzielt. Gute Schule braucht mehr als veränderte Strukturen. Zielgenaue Reformen, die eine wirksame Förderung aller Kinder und Jugendlichen – sowohl leistungsschwacher als auch leistungsstarker Schülerinnen und Schüler – ermöglichen, sind ohne weitere Ursachenforschung nicht zu haben.


Welche Schule brauchen Kinder und Jugendliche?

Untersuchungen wie PISA verweisen auf Defizite ebenso beim Erlernen grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten wie bei der Ausbildung von Exzellenz. Zudem vermag gerade die Schule in Deutschland es nicht, sozialisationsbedingte Defizite auszugleichen.

Was den Schulen weithin fehlt, ist demnach eine wirksame Förderung von Lernprozessen, die sich auf unterschiedliche individuelle Voraussetzungen einzustellen vermag. Beispielsweise erlaubten die verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten der pädagogischen Psychologie bereits jetzt eine weit gezieltere Unterstützung und individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern, als dies in den Schulen in der Regel realisiert wird.

Initiativen zur Verbesserung von Schule als Ort des Unterrichts beziehungsweise des fachlichen Lernens sind daher sehr zu begrüßen. Kinder und Jugendliche brauchen innerhalb und außerhalb des Unterrichts eine Schule, die sie als einen sinnerfüllten Lebensraum erfahren können. Das gilt für die Ganztagsschule schon allein in zeitlicher Hinsicht in besonderem Maße.

Schule als Lebensraum und Lebenswelt ernst zu nehmen bedeutet, dass das Lernangebot auch in sozialer, kultureller und religiöser Hinsicht ausgebaut werden muss. Die Erfahrung verlässlicher Beziehungen zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gehört dazu ebenso wie die aktive Übernahme von Verantwortung für andere, soweit dies in der Schule möglich ist.

Die Vielfalt von Lebenslagen im Prozess des Aufwachsens, der heute zunehmend von sozialer und kultureller Pluralität, von Multikulturalität und Multireligiosität, von Migration, Internationalisierung und Globalisierung geprägt wird, lässt sich im Blick auf seine Konsequenzen für die Schulen längst nicht mehr auf den Nenner eines einzigen Schulmodells bringen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen Schulen, die bereit und in der Lage sind, sich auf diese Vielfalt einzustellen und kreativ, sensibel und phantasievoll mit Angeboten zu reagieren, die auf die einzelnen Personen zugeschnitten sind.


Was brauchen Mütter, Väter und Familien?

Die einschlägigen Untersuchungen von Schulleistungen verweisen nicht nur auf Defizite von Schulen, sondern auch auf Defizite im Elementarbereich und in der Familienerziehung (wobei diese Bereiche allerdings nicht eigens untersucht werden). Reformbemühungen müssen deshalb bereits in der frühen Kindheit ansetzen und die schulbegleitende Familienerziehung berücksichtigen. Es ist richtig, die Familie an ihre Verantwortung als erster Träger der Erziehung zu erinnern und sie in dieser Verantwortung zu fordern. Zu fragen ist aber ebenso, wie Familien in ihren Erziehungsmöglichkeiten gefördert werden können. Erziehungs- und Bildungsangebote müssen in ihrer familienergänzenden Funktion wahrgenommen und daher auf die Erfordernisse im Alltag von Familien zugeschnitten sein. Eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile entspricht nicht nur dem Wunsch und der Lebensführung vieler Mütter und Väter, sondern ist heute vielfach schon aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich. Angebotszeiten und -strukturen von Ganztagseinrichtungen sollten dies verstärkt berücksichtigen.

Weitere Aufgaben betreffen die Förderung von Kompetenzen in der Familie, etwa die sprachlichen Fähigkeiten von Eltern mit anderer Muttersprache als Deutsch. Auch hier sollten Förderungsprogramme nicht isoliert bei der Sprache ansetzen, sondern in umfassender Weise dem Ziel einer differenzsensiblen kulturellen Integration dienen, was häufig Fragen der interreligiösen Verständigung einschließt.

Zur Stärkung der Familienerziehung gehören Angebote der Familienbildung, zum Beispiel in kirchlichen Familienbildungsstätten oder anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Sie unterstützen die Erziehungskompetenz und sind mit öffentlicher finanzieller Hilfe weiter auszubauen. Daneben müssen sozialraumorientierte Konzepte der Familienarbeit entwickelt und gefördert werden. Ganztagsschulen könnten eine zentrale Stellung einnehmen, sofern sie sich zu Stadtteil- oder Nachbarschaftszentren entwickeln, die Menschen unterschiedlicher Herkunft und Generation einbeziehen und verbinden. Kinder und Jugendliche können dann bürgerschaftliches und soziales Engagement erleben und einüben. In diesem Zusammenhang ist die Familienbildung nicht zuletzt durch den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom Mai 2003 aufgefordert, neue Wege zu den Familien zu erschließen, um besonders diejenigen zu erreichen, welche die herkömmlichen Angebote der Familienbildung nicht wahrnehmen. In Kooperation mit Kindertagesstätten und Schulen könnte dies im Rahmen von Ganztagsangeboten gelingen.


Veränderter Erziehungs- und Bildungsauftrag in Ganztagsschulen

Aus christlicher Sicht bleiben Erziehung und Bildung unvollständig und unzureichend, wo sie nicht konstitutiv auf Sinn- und Wertfragen bezogen sind. Dabei darf nicht isoliert die Schule in den Blick kommen, sondern es muss das Zusammenwirken aller an Erziehung und Bildung beteiligter Institutionen und Träger bedacht werden, das Elternhaus ebenso wie die Sozialisationswirkungen der gesellschaftlichen Umwelt, beispielsweise in Gestalt der Medien. Fähigkeiten und Fertigkeiten allein sind noch nicht Bildung. „Die evangelische Kirche versteht Bildung als Zusammenhang von Lernen, Wissen, Können, Wertbewusstsein, Haltungen (Einstellungen) und Handlungsfähigkeit im Horizont sinnstiftender Deutungen des Lebens“ (Maße des Menschlichen, EKD-Denkschrift 2003). Je weiter sich die Schule zeitlich ausdehnt, desto größer wird auch ihre Verantwortung für die Persönlichkeitsbildung, die nur in einem umfassenden Sinne und also nicht allein von isolierten Fähigkeiten her zu verstehen ist. Deshalb muss bei der Einrichtung und Ausgestaltung von Ganztagsschulen gewährleistet sein, dass Kinder und Jugendliche als sich allseitig bildende Menschen das Maß der Schule sind. – Erforderlich ist eine veränderte Schule als eine Stätte für Erziehung und Bildung, innerhalb und außerhalb des Unterrichts.


Ganztagsschule braucht vielfältige Partnerschaften

Verschiedentlich wird befürchtet, dass mit einer verstärkten Einführung von Ganztagsschulen Erziehung und Bildung immer weiter verstaatlicht werden. Angesichts der bundesweit relativ geringen Zahl solcher Schulen sowie angesichts begrenzter Finanzmittel ist von vornherein keine Verstaatlichung der Erziehung zu befürchten. Dem entspricht die inzwischen in der Politik mehrheitlich vertretene Entscheidung für eine Ganztagsschule als freiwilliges Angebot. Sie ist auch aus evangelischer Sicht zu begrüßen. Bei der Ganztagsschule in offener und halboffener Form steht es den Schülerinnen und Schülern beziehungsweise deren Eltern frei, ob und in welcher Weise sie die Angebote außerhalb des Unterrichts in Anspruch nehmen. Wenn sie sich für solche Angebote entscheiden, muss allerdings eine bestimmte Verlässlichkeit gewährleistet sein, die dann eine kontinuierliche Teilnahme einschließt. Bei Ganztagsschulen in gebundener Form sollte man grundsätzlich innerhalb des Schuleinzugsgebiets eine andere Schule wählen können. Alle diese Wahlmöglichkeiten achten die Rechte von Eltern. Gleichzeitig können die Schulen unter verlässlichen Rahmenbedingungen ganztägige Konzepte entwickeln, die offenere Formen des Unterrichts und andere Zeitstrukturen zulassen.

Bei der Einrichtung und Ausgestaltung von Ganztagsschulen darf auch unter dieser Voraussetzung das Ziel einer demokratischen, zum Gemeinwesen hin offenen Schule nicht aus dem Blick geraten.

Für Ganztagsschulen ergeben sich daraus Anforderungen auf mehreren Ebenen, die erhebliche Investitionen erforderlich machen:

  • Entscheidungen über die Schulträgerschaften dürfen nicht einseitig den Staat oder die Kommune bevorzugen. Angesichts ihrer in Deutschland insgesamt geringen Zahl sollten Einrichtungen in freier Trägerschaft wie beispielsweise kirchliche Schulen eigens berücksichtigt werden. Sie besitzen das besondere Vertrauen vieler Eltern, stärken das zivilgesellschaftliche Engagement und beruhen auf einem demokratisch-subsidiären Trägerpluralismus. Ein Systemwechsel von Einrichtungen für Kinder in freier Trägerschaft (z. B. Kinderhorten) zu Ganztagsangeboten in staatlicher Trägerschaft kann nicht Ziel der anstehenden Reformen sein.

  • Die Gestaltung von schulischen Angeboten über den Unterricht hinaus setzt Erfahrungen und Kompetenzen voraus, die weniger zum herkömmlichen Profil des Lehrerberufes passen als zu dem der Kinder- und Jugendarbeit beziehungsweise der Sozialpädagogik/Sozialarbeit. Parallel dazu sind heute im Unterricht selbst zunehmend sozialpädagogische Kompetenzen erforderlich. In einzelnen Bundesländern kann bereits auf erfolgreiche Kooperationsmodelle, beispielsweise mit der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit sowie mit weiteren Trägern im Bereich der Kirchen, verwiesen werden. Dies entspricht einer Entwicklung im Sinne der angestrebten Öffnung von Schule (community school). Für qualitätsorientierte professionelle Kooperationen sind dabei rechtliche Vereinbarungen und stabile Finanzierungsregelungen erforderlich.

  • Ganztagsschulen sind verstärkt auf eine Erziehungspartnerschaft im Sinne einer engen Zusammenarbeit mit den Eltern angewiesen. Schulen brauchen die Kooperation der Eltern, um ihre Erziehungs- und Bildungsziele erreichen zu können. Mütter und Väter brauchen Schulen, die für Elternrechte und -erwartungen offen und sensibel sind.

  • Ganztagsschulen bieten die Chance, interkulturelle und interreligiöse Aspekte des Lernens stärker in unterrichtliche wie in außerunterrichtliche Angebote einzubeziehen. Hierzu bedarf es sowohl entsprechender Qualifizierungen als auch der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern.

  • Ganztagsschulkonzepte wirken sich auf die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer aus. Neben Veränderungen der strukturellen Rahmenbedingungen beim Einsatz von Lehrkräften ist eine entsprechende Fort- und Weiterbildung für die unterschiedlichen in der Ganztagsschule arbeitenden Professionen (Schulpädagogen, Sozialpädagogen etc.) erforderlich.


Evangelische Kirche als Partner für Ganztagsschulen

Schulen sind heute gefordert, sich ihrem Umfeld zu öffnen. Das gilt verstärkt für Ganztagsschulen. Dazu gehört eine Kooperation mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Trägern vor Ort, die Kirchen und Religionsgemeinschaften einbezieht. Entsprechend der verfassungsmäßig garantierten Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Bildungsauftrag der Schule ist die Auseinandersetzung mit religiösen und ethischen Themen und Fragestellungen in der Schule keineswegs nur auf den Religions- und Ethikunterricht beschränkt. Religion gehört zum Leben und damit ebenso zum Lebensraum Schule. Die verantwortlichen staatlichen Stellen achten in diesem Zusammenhang darauf, dass die verschiedenen Lebensauffassungen, Überzeugungen und Lebensstile im Rahmen einer toleranten, freiheitlichen Demokratie zum Aus-gleich kommen. Es ist deswegen ein wichtiges Grundprinzip der Einbeziehung anderer gesellschaftlicher Gruppen und Träger in die Gestaltung der Schule, dass Eltern und Schülerinnen und Schüler über eine Teilnahme an deren Angeboten frei entscheiden können.

Die evangelische Kirche ist ein erprobter und verlässlicher Partner für die Ganztagsschule. Insbesondere evangelische Kindertageseinrichtungen und die evangelische Kinder- und Jugendarbeit können viele unterschiedliche, gelungene Kooperationsprojekte mit Schulen auf qualitativ hohem Niveau vorweisen. Im Folgenden werden die Ziele und die Voraussetzungen einer erfolgreichen Kooperation am Beispiel der Kinder- und Jugendarbeit erläutert. Vergleichbares gilt auch für die anderen kirchlichen Aufgabenfelder, die im Rahmen eines Ganztagsangebotes eingebunden werden können (Kindertagesstätten, Friedensdienst, Familienbildung, Kirchenmusik etc.).

Die evangelische Kinder- und Jugendarbeit folgt mit ihren Angeboten im Rahmen der Ganztagsschule dem Anliegen, Schule zu einem Lebensraum zu machen. Sie hilft Kindern und Jugendlichen, ihre Stellung in Schüler- und Gleichaltrigengruppen zu reflektieren und Selbständigkeit zu gewinnen, initiiert Bildungsprozesse, die einzelne Lerninhalte übergreifen, und bietet Reibungsflächen bei der Suche nach Lebensorientierung. Durch das Evangelium werden Kinder und Jugendliche ermutigt, eigene christlich verantwortete Lebensperspektiven in Kirche und Gesellschaft zu entwickeln. Erfahrungen mit Grundfragen des Lebens und mit religiösen Sinnhorizonten sind dabei ebenso wichtig wie die Begegnung mit Erwachsenen, die nicht zum Lehrerkollegium der Schule gehören. Bei der Planung von Ganztagsangeboten entstehen Kooperationen, die Schule und Jugendarbeit gegenseitig bereichern. Die evangelische Kinder- und Jugendarbeit hat sich schon seit längerer Zeit für die Schule geöffnet und verfügt über ein breites Spektrum an Erfahrungen: in Schülercafés, Schülerbibelkreisen, Orientierungstagen, Schulsozialarbeit, Projektwochen, Seminaren
u. a. Dabei stehen folgende Ziele im Vordergrund:

  • Vermittlung beziehungsweise Aneignung grundlegender Werte und Haltungen,

  • Weiterentwicklung von Beteiligungsstrukturen für junge Menschen in der Schule als Institution sowie Einübung von bürgerschaftlichem Engagement,

  • Einrichtung eines Lern- und Experimentierraums für christliche Glaubensinhalte und religiöse Erfahrungen,

  • Mitarbeit bei der Weiterentwicklung von Bildungsinhalten und -formen in der Schule,

  • Entwicklung und Erprobung neuer konzeptioneller Möglichkeiten und Methoden für die Kinder- und Jugendarbeit.

An manchen Orten bestehen zwischen Schule und Jugendarbeit Vorbehalte und Abgrenzungen. Wechselseitig befürchtet man Konkurrenzen oder eine Überfremdung der eigenen Verantwortungsbereiche. Die Kooperation zwischen Schule und evangelischer Kinder- und Jugendarbeit kann nur gelingen, wenn die spezifischen Voraussetzungen dieser Kooperation beachtet werden:

  • Jugendarbeit und Schule unterliegen unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Die staatliche Schule ist als Pflichtschule organisiert, während die Kinder- und Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) so beschrieben wird, dass die staatliche Lenkung auf ein Minimum beschränkt und den Anbietern ein größtmöglicher Freiraum gewährt wird. Dieser Unterschied sollte nicht als Hindernis, sondern als Chance für die Zusammenarbeit gesehen werden.

  • Evangelische Kinder- und Jugendarbeit versteht ihre Aufgabe im Sinne von Bildung und will das Angebot der Schule mit spezifischen Kompetenzen und eigenständigen Bildungsangeboten ergänzen. Dazu sind unter anderem eigene, kinder- und jugendgemäße, Räume in der Schule erforderlich. Das Engagement im Rahmen von Ganztagsschulen kann bis zur gemeinsamen Gestaltung ganztägiger Unterrichtseinheiten reichen. Das Profil von evangelischer Kinder- und Jugendarbeit muss dabei durchweg erkennbar bleiben.

  • Anzustreben ist eine Verbindung von schulischen und außerschulischen Handlungsfeldern, wie sie vor allem durch hauptberufliche Fachkräfte vorangetrieben werden kann. Nicht zuletzt müssen junge Menschen gemäß den Prinzipien der Kinder- und Jugendarbeit immer wieder die Möglichkeit haben, Angebote verantwortlich zu leiten.

  • Kooperationen setzen weiterhin eine gemeinsam erarbeitete Konzeption voraus sowie eine regelmäßige Evaluation, an der Kinder und Jugendliche beteiligt sind.

  • Kooperationsangebote müssen nicht auf die Schule als Ort begrenzt sein. Dem situativen Ansatz von Bildungsarbeit wird nur der konsequente Einbezug unterschiedlicher Lebens- und Lernorte gerecht – einschließlich der Möglichkeit, evangelische Kinder- und Jugendarbeit mit ihren vielfältigen Angeboten und Methoden auch außerhalb des Schulbetriebs kennen zu lernen.

  • Kooperationsangebote brauchen eine stabile Grundlage. Dazu gehört eine entsprechende finanzielle Ausstattung, weil die vorhandenen Ressourcen der jeweiligen Partner bei weitem nicht ausreichen. Eine einfache Umschichtung von Mitteln aus dem Bereich der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit zugunsten von Ganztagsangeboten an Schulen ist abzulehnen. Kinder- und Jugendarbeit muss auch in Zukunft ihren Schwerpunkt bei der außerschulischen Arbeit behalten. Sonst würde sie zu einem Teil der Schule und könnte nicht mehr als deren Partner auftreten. Sie muss ferner weiterhin alle Kinder und Jugendlichen erreichen und einbeziehen können, zumal viele keine Schule mit Ganztagsangeboten besuchen.


Evangelische Schulen

Im Bereich der allgemein bildenden Schulen in evangelischer Trägerschaft gibt es bislang nur wenige Ganztagsschulen in gebundener Form. Besonders engagieren sich evangelische Schulen jedoch bei der Einrichtung von Ganztagsangeboten. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Betreuung in Tagesinternaten und Horten, Kernzeit- und Hausaufgabenbetreuung sowie Formen der gezielten individuellen Förderung. Damit reagieren die evangelischen Schulen im Rahmen ihres diakonischen Auftrags auch auf aktuelle gesellschaftliche Bedürfnisse. Evangelische Ganztagsschulen und Schulen mit Ganztagsangeboten werden derzeit weiter ausgebaut.

Die Erfahrungen der evangelischen Schulen machen deutlich, dass ein vom Unterricht losgelöstes freiwilliges Ganztagsangebot am Nachmittag allein wenig bewirkt. Wenn Schulen zu Lern- und Lebensgemeinschaften werden sollen – mit einer größeren Nachhaltigkeit des Lernens und mit mehr Möglichkeiten zur Ausbildung von Methoden- und Sozialkompetenz, aber auch für Gemeinschaftserfahrungen – sind weitere Reformen erforderlich. Elemente dafür können sein

  • Rhythmisierung des Schulalltags,

  • Erweiterung des Unterrichtsangebots (z. B. für Übungsphasen),

  • Umstellung der Unterrichtsorganisation (Blockunterricht, Epochenunterricht, sinnvolle Planung nicht nur für den Vormittag etc.),

  • individuelle Förderung und Begleitung (auch in persönlichen Fragen),

  • praktische Möglichkeiten für soziales und diakonisches Lernen,

  • veränderte Unterrichtsformen und -methoden,

  • erweitertes Personalspektrum (Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Schulpsychologen, Sozialpädagogen, Honorarkräfte für besondere Aufgaben etc.),

  • Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen etwa der Jugendarbeit sowie anderer Vereine,

  • Erweiterung des Raumangebots (Werkstätten, Räume für Praktika, Küche und Speiseräume, Rückzugsmöglichkeiten, Spielflächen, Arbeitsplätze).

Die Reformelemente müssen in ein Gesamtkonzept von Schule eingebunden sein. Dabei sind auch die außerschulischen Einrichtungen einzubeziehen, und die Elternbeteiligung wird wichtiger. Vor allem sind zahlreiche finanzielle Fragen zu klären – etwa die Beteiligung der Länder und Kommunen bei Ganztagsschulen in freier Trägerschaft sowie die Finanzierung außerschulischer Mitwirkung.


Zeit für die Arbeit der Kirche mit Konfirmandinnen und Konfirmanden

Das Angebot der Ganztagsschule kann zu zeitlichen Konflikten mit dem Konfirmandenunterricht führen, der in der Regel an einem Nachmittag in der Woche stattfindet. Eine Einbindung der Konfirmandenarbeit in die Ganztagsschule als außerunterrichtliches Angebot ist nicht ohne weiteres möglich und wird weithin abgelehnt. Die Konfirmandenarbeit integriert Jugendliche aus allen Schularten und orientiert sich an einer bestimmten Kirchengemeinde. Sie muss darum eigenständig bleiben und allein von der Kirche verantwortet werden. Abhängig von der jeweiligen Regelung zwischen den Landeskirchen und den Bundesländern ist eine Lösung zu suchen, die den betroffenen Schülerinnen und Schülern ohne Benachteiligungen und Konflikte eine Teilnahme am Konfirmandenunterricht ermöglicht (z. B. durch Freistellung). Wenn in dieser Zeit
– abhängig von der Form der Ganztagsschule – für die anderen Schülerinnen und Schüler ein reguläres außerunterrichtliches Angebot stattfindet, lässt sich das Entstehen einer Konkurrenzsituation allerdings nicht ganz vermeiden. Damit erhalten neue Formen der Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden (Blockveranstaltungen, Projekttage, Freizeiten, Angebote auf Kirchenkreisebene etc.) ein stärkeres Gewicht.


Zusammenfassung: Anforderungen  an Ganztagsschule in guter Form

1. Initiativen zur Verbesserung von Unterricht und Schule, Erziehung und Bildung sind aus evangelischer Sicht nachdrücklich zu begrüßen. Die Kirche ist bereit, sich in ihren eigenen Schulen und pädagogischen Einrichtungen daran zu beteiligen und als Partner das staatliche Bildungswesen zu unterstützen.

2. Reformen von Schule sind zuerst an der Frage auszurichten, was Kinder und Jugendliche heute für ihr Aufwachsen brauchen. Schulen müssen bereit und in der Lage sein, sich auf die Vielfalt von Lebenslagen im Prozess des Aufwachsens angesichts zunehmender sozialer und kultureller Pluralität, von Multikulturalität und Multireligiosität, von Migration, Internationalisierung und Globalisierung konstruktiv einzulassen.

3. Verbesserungen sind an der Qualität von Schule zu bemessen. Dabei muss die Schule als Stätte des unterrichtlichen Lernens ebenso im Blick sein wie die Schule als Ort des gemeinsamen Lebens.

4. Die Ergebnisse internationaler Untersuchungen zum Vergleich von Schulleistungen verweisen auf Defizite innerhalb und außerhalb des Bildungswesens. Die bislang vorliegenden Befunde geben allerdings wenig Aufschluss über eine wirksame Förderung der einzelnen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schule und darüber hinaus. Weitere Ursachenforschung, die sich nicht mit bloßen Leistungsvergleichen begnügt, ist dringend erforderlich.

5. Die Ausgestaltung von Ganztagsschulen sollte auch die Bedürfnisse von Eltern und Familien berücksichtigen. Deren Situation sieht von Ort zu Ort anders aus, und unterschiedliche regionale Traditionen und Prägungen spielen eine Rolle. Ganztagsangebote nehmen eine familienergänzende Funktion wahr und müssen auf die zeitlichen Belastungen beispielsweise von berufstätigen Müttern und Vätern eingestellt sein. Außerdem sollten flankierende Maßnahmen unter anderem der Eltern- und Familienbildung und sozialraumorientierter Familienarbeit die Erziehungskraft des Elternhauses stützen. Darin läge zugleich ein Beitrag zu größerer Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.

6. Bei der Einrichtung und Förderung von Ganztagsschulen ist sorgsam darauf zu achten, dass ein demokratischer Trägerpluralismus zum Tragen kommt. Auch bei Ganztagsangeboten und Ganztagsschulen muss daher im Sinne einer demokratisch verstandenen Subsidiarität freien Trägern breiter Raum gegeben werden.

7. In Ganztagsschulen gewinnen die erzieherischen Aufgaben an Gewicht, und bei den Bildungsangeboten muss selbstgesteuerten individuellen Bildungsprozessen stärker Rechnung getragen werden, als dies bislang in der Schule häufig der Fall ist. Je weiter sich Schule zeitlich ausdehnt, desto größer wird auch ihre Verantwortung für eine umfassende Persönlichkeitsbildung.

8. Ganztagsschulen brauchen vielfältige Partnerschaften – mit Eltern, mit Gemeinde und Gemeinwesen sowie mit Vereinen und Verbänden. Andere Methoden und Kompetenzen etwa aus der Jugendarbeit müssen den herkömmlichen Unterricht ergänzen und verändern. Die evangelische Kirche verfügt hier über vielfältige Erfahrungen und ist bereit, verstärkt mit Ganztagsschulen zusammenzuarbeiten. Für eine Zusammenarbeit zwischen Schule und anderen gesellschaftlichen Gruppen und Trägern sind geeignete rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen. Konkurrenzsituationen, wie zum Beispiel im Blick auf den Konfirmandenunterricht, sind möglichst zu vermeiden, fordern aber die Konfirmandenarbeit konzeptionell auch zu neuen Angebotsformen heraus.

9. Ganztagsschulen brauchen ebenso Erwachsene, die nicht zum Lehrerkollegium gehören: Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie andere pädagogische Fachkräfte, Psychologinnen und Psychologen, bis hin zu hauswirtschaftlichem Personal. Der Einsatz pädagogisch nicht ausgebildeten Personals muss die Ausnahme bleiben. Für die neuen Formen der Arbeit und Zusammenarbeit in der Schule sind spezielle Fortbildungsmöglichkeiten sowie begleitende Beratung beziehungsweise Evaluation erforderlich.

10. Das Raumangebot in den Schulen muss verändert und vergrößert werden. Neben Küchen und Speiseräumen werden zum Beispiel Werkstätten, Spielflächen, kinder- und jugendgerechte Rückzugsmöglichkeiten und Arbeitsplätze für an der Schule Beschäftigte benötigt.

11. Ganztagsschule ist ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht zu realisieren. Einmalige Investitionszuschüsse des Bundes reichen nicht aus. Damit Länder, Kommunen und andere Träger die erhöhten Kosten für die pädagogische Ausgestaltung von Ganztagsschulen aufbringen können, müssen sie unterstützt oder an anderer Stelle entlastet werden.

12. Ganztagsschule braucht ein pädagogisches Konzept. Angebote außerhalb des Unterrichts müssen als Chance begriffen werden, das Bildungs- und Lernspektrum der Schule zu erweitern und neue Formen zu praktizieren. Sie sollten zum Unterricht nicht in einem bloß additiven Verhältnis stehen, sondern ihren Ort im Rahmen eines insgesamt rhythmisierten Schultages finden. Neben der Förderung leistungsschwächerer Kinder und Jugendlicher hat hier auch die Förderung besonderer Begabungen ihren Platz. Dazu ist in Zusammenarbeit aller Partner ein verbindliches Konzept zu erarbeiten und periodisch zu überprüfen. Ganztagsschule in guter Form muss eine sich immer wieder pädagogisch erneuernde Schule sein.

 

Mitglieder der Arbeitsgruppe

Studienleiter Pfarrer Rainer Brandt, Schliersee
Generalsekretär Mike Corsa, Hannover
Oberstudiendirektor i. R. Werner Kast, Marbach
Ltd. Regierungsschuldirektor a. D. Jörgen Nieland, Mettmann
Professor Dr. Dr. h.c. Karl Ernst Nipkow, Tübingen
Professorin Dr. Annette Scheunpflug, Nürnberg
Professor Dr. Ulrich Schwab, München
Professor Dr. Friedrich Schweitzer, Tübingen
Pfarrer Matthias Spenn, Münster
Oberrechtsrätin i. K. Bettina Wilhelm, Speyer
Oberkirchenrat Matthias Otte, Hannover (Leitung und Geschäftsführung)