Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Dresden

Dr. Peter Lames auf der 6. Tagung der 12. Synode der EKD 2019 in Dresden

In der Tat sind wir sehr froh und sehr stolz, dass Sie Dresden nach so kurzer Zeit wieder als Tagungsort gewählt haben.

Sie sprechen, Frau Dr. Schwaetzer, genau das an, was, wie ich es mir vorstelle, von dieser Stadt ausstrahlen kann, nämlich die Tatsache, dass es einer der spannendsten Orte in ganz Deutschland ist. Das liegt daran, dass hier sehr intensiv um die Grundlagen des Zusammenlebens gerungen wird, und das jeden Tag.

Unser Oberbürgermeister ist beispielsweise zur Stunde beim Gedenken an die Zerstörung der Synagoge vor 81 Jahren. In dem Zusammenhang veranstalten wir nicht nur ein Gedenken, sondern wir versuchen, die Geschichte so zu erzählen, wie sie gewesen ist. Es hat mit der Abkehr von Menschlichkeit und Demokratie begonnen, mit einer Regierung, die in nationaler Überhöhung und verbrecherischem Wahn agierte. Dann kamen die Verfolgungsmaßnahmen, die Zerstörung der Synagoge, der verbrecherische Krieg. Erst auf dieser Grundlage, die in Deutschland und damit auch in Dresden gelegt wurde, wurde die Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 möglich.

Diese Geschichte versuchen wir dort immer wieder zu erzählen. Man muss zugeben und feststellen, dass diese Erzählung nach wie vor konfliktbelastet ist. Sie wird von einer großen Mehrheit in der Bevölkerung geteilt, aber auch mit großer Heftigkeit bekämpft und abgelehnt. Dem müssen wir uns stellen, und dem stellen wir uns sehr bewusst.

Das Schöne dabei ist – das gehört eben auch zu dem Wandel in den letzten 30 Jahren –, dass wir dieses Gedenken nicht an einem reinen Ort der Zerstörung machen, sondern in einer wiederaufgebauten Synagoge, als architektonisches, als geistliches Ausrufezeichen. Gestern, am genauen Jahrestag, war dort Sabbatgottesdienst wie jeden Sonnabend. Es gehört zum Glück des Wiederaufbaus dieser Stadt in den letzten 30 Jahren, dass dies möglich geworden ist, dass die Elbsilhouette von Dresden von der katholischen Hofkirche über die Frauenkirche jetzt auch wieder zur Synagoge reicht.

Wir versuchen aber auch zu erzählen, dass die Stadt nach 1945 am ungünstigeren Ende der Teilung des Kalten Krieges war. Auch das fällt schwer und ist häufig konfliktbelastet. Der Wandel, der sich in der Stadt in den letzten 30 Jahren vollzogen hat, ist atemberaubend, und er raubt so manch einem den Atem, was auch in der politischen Haltung und der politischen Diskussion wiederkehrt.

Ich könnte jetzt viel zum atemberaubenden Wandel sagen. Ich habe es nicht aufgeschrieben. Deshalb kann ich es im Gegensatz zu meinem Bischof nicht zu Protokoll geben. Aber ich kann feststellen, dass wir in den fünf Jahren, in denen Sie meinten, nicht hier sein zu sollen, mit großem Stolz und mit großer Freude zwei Theater neu gebaut haben und einen Konzertsaal und eine neue Bibliothek, noch dazu im Stadtzentrum. Das wollen wir auch so fortsetzen.

Wir haben vor, genau dieses Bild der Stadt in ihrer Widersprüchlichkeit, in dem Ringen um die Grundlagen des Zusammenlebens in unserer Bewerbung um den Rang und den Titel der Kulturhauptstadt Europas 2025 auszudrücken, indem wir sagen: Wir schauen uns Dresden als neue Heimat an, als neue Heimat für diejenigen, die aus Westdeutschland gekommen sind, aber eben auch derjenigen, die aus der ganzen Welt kommen, und auch als neue Heimat für die, die hier sind und gemeinsam diese Stadt fortentwickeln.
Mit den zwei Theatern hören wir nicht auf. In den nächsten fünf Jahren wollen wir – Sie werden es sich dann anschauen können, wenn Sie wiederkommen – ein Rathaus, ein Stadion für deutsche Leichtathletikmeisterschaften und eine Kirche bauen.

Jawohl, Sie haben richtig gehört: Wir wollen eine Kirche bauen. Von diesem Projekt, weil es so schön ist, möchte ich Ihnen am Ende meines Grußworts erzählen. Es handelt sich um eine Jugendkirche, die in der letzten zum Wiederaufbau vorgesehenen Kriegsruine gebaut werden soll, in der Dresdner Johannstadt, einem Gründerzeitviertel vor der Zerstörung, einem Plattenbauviertel nach dem Wiederaufbau. Wir sind sehr glücklich und froh, dass sich die Kirche auf den Weg gemacht hat. Wir sind auch sehr froh, dass wir das sowohl von der Landesseite unterstützt sehen, Herr Ministerpräsident, als auch mit 5,5 Millionen Euro städtischem Geld. 4,8 Millionen sind Städtebaufördermittel, und knapp 700.000 Euro legen wir dann noch mal drauf.

Das tun wir nicht deswegen, weil wir als Stadt, in der sich nur noch eine Minderheit zum Christentum bekennt, unsere Aufgabe darin sehen, Kirchen zu bauen, sondern wir tun es deswegen, weil wir überzeugt sind: Egal wie man zu Gott steht, es ist wichtig, dass in diesem Ringen um die Grundlagen des Zusammenlebens über Gott gesprochen wird, und zwar von unseren jungen Leuten. Dafür wollen wir dort einen Platz, einen Ort schaffen.

Wenn Sie von meinem Grußwort mitnehmen, dass Dresden eine ausgesprochen spannende Stadt ist, in der demnächst eine Kirche gebaut wird, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Beratung hier in der Synode und sage Auf Wiedersehen. Sie sind uns herzlich willkommen – in fünf Jahren, gerne auch früher!