Grußwort von Bischof Dr. Franz-Josef Bode, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

2. Tagung der 13. Synode der EKD am 7. November 2021 in Bremen

Franz Josef Bode

Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Deutsche Bischofskonferenz (DBK)

Sehr geehrte Präses der Synode, liebe Frau Heinrich!
Sehr geehrter Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, lieber Landesbischof Dr. Bedford-Strohm!
Verehrte Synodale!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich grüße ich Sie, auch im Namen meiner Mitbrüder in der Deutschen Bischofskonferenz, zur zweiten Tagung der im Mai 2021 neu konstituierten Synode der EKD. Sie werden in den nächsten Tagen den Rat der EKD und seinen Vorsitzenden oder seine Vorsitzende neu wählen. In dieser Situation nehme ich gern die Gelegenheit wahr, den bisherigen Ratsmitgliedern und allen voran Ihnen, lieber Bruder Bedford-Strohm, für Ihre Arbeit in den zurückliegenden Jahren zu danken. Sie haben den 500. Jahrestag der Reformation in einer Weise gestaltet, die uns auch ökumenisch einander nähergebracht hat. Gemeinsam haben wir aus diesem Anlass ein Christusfest gefeiert, das unser gemeinsames Bekenntnis zu dem einen Herrn und Erlöser Jesus Christus ins Zentrum rückte. Der Glaube an ihn ist das Bindeglied zwischen Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen, das durch nichts zerstört werden kann. Mein Dank gilt an dieser Stelle ausdrücklich auch Frau Dr. Irmgard Schwaetzer, die im Mai nicht zur Wiederwahl zur Synodenpräses angetreten war. Sie war eine profilierte und zugleich ökumenisch zugewandte Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland. Mit Ihnen, liebe Frau Heinrich, hat ein Generationenwechsel stattgefunden. Sie haben bereits einige vielbeachtete Schritte als neue Synodenpräses unternommen, und ich bin beeindruckt davon, wie sehr Sie die persönliche Begegnung mit Menschen suchen. Für Ihre künftige Tätigkeit in diesem Amt wünsche ich Ihnen, dass Sie sich Ihre Neugier und Ihre Offenheit bewahren können, und für die Wahrnehmung Ihrer Aufgaben Gottes Segen.

In der katholischen Kirche steht in diesen Zeiten das Thema „Synodalität“ im Vordergrund. Vor wenigen Wochen fand in Deutschland die zweite reguläre Synodalversammlung statt. Dort wurden sehr intensiv ein Orientierungstext des Präsidiums „Heute auf Gottes Wort hören – Theologische Orientierung“ sowie der Präambeltext „Auf dem Weg der Menschen – Kirche in unserer Zeit“ beraten. Beide fanden, ebenso wie die diskutierten Vorlagen der vier Synodalforen zu Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, zur priesterlichen Existenz heute, zu Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche und zu Leben in gelingenden Beziehungen, eine breite Zustimmung. Die Texte werden nun bis zur nächsten Synodalversammlung im Februar 2022 in den verschiedenen Gremien weiter bearbeitet.

Weltweit hat Papst Franziskus einen synodalen Prozess ins Leben gerufen. In Rom am 9.  und 10. Oktober 2021 und in den Diözesen eine Woche später eröffnet, führt dieser Weg von der Ebene der Teilkirchen und Bischofskonferenzen über deren kontinentale Zusammenschlüsse hin zur Bischofssynode im Oktober 2023 in Rom, die aber selbst eine Etappe auf dem Weg sein wird, der auch danach weiter fortgesetzt wird. Papst Franziskus wird nicht müde zu betonen, dass Synodalität ein wesentliches Strukturmerkmal von Kirche ist. Bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode am 17. Oktober 2017 sagte er: „Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.“ Synodalität zu stärken ist für den Papst ein wichtiges, und wenn man die nach innen gerichtete Perspektive wählt, vielleicht sogar das zentrale Anliegen seines Pontifikates. Dabei meint Synodalität zum einen, dass das Kollegium der Bischöfe mehr in den Blick kommt. Es meint für Papst Franziskus aber auch und vor allem, dass die Stimme des ganzen Gottesvolkes stärkeres Gewicht erhält. Ein zentraler Gedanke ist der der Partizipation aller, die in der Taufe begründet ist. Die Taufe ist, wie Papst Franziskus bei seiner Ansprache zur Eröffnung der weltweiten Synode gesagt hat, der „Personalausweis“, der zur Teilhabe berechtigt.1

Engagierte Gläubige und Fern- oder gar Außenstehende, spirituell Interessierte und politisch Engagierte, Männer und Frauen, Jung und Alt, Kleriker und Laien, Ordensleute, Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten: Sie alle sollen gehört werden. Um dies zu ermöglichen, beginnt die Konsultation in den Diözesen. Daraus ergibt sich die besondere Herausforderung, dass auf der einen Seite Teilkirchen beteiligt sind, in denen Mitberatung und Mitbestimmung von Gremien, in denen auch Laien mitwirken, gut erprobt sind. Auf der anderen Seite kommen Teilkirchen zu Wort, in denen es mit solchen Formen der Mitwirkung kaum Erfahrung gibt.

Wie der weltweite Synodale Weg und die synodalen Prozesse, die es nicht nur in Deutschland, sondern auch in einigen anderen Ländern wie zum Beispiel Australien oder Irland gibt, einander beeinflussen und wie die Ergebnisse zusammenfließen können, ist derzeit offen. Man sollte aber nicht die weltweite Initiative gegen andere Anläufe ausspielen. Die verschiedenen Wege schließen einander nicht aus, sondern sie bedingen einander, wenn man Synodalität ernst nimmt. Sie sind selbst schon Ausdruck gelebter Synodalität. Mit den unterschiedlichen synodalen Initiativen begibt die katholische Kirche sich auf Neuland. In dieser Situation überrascht es nicht, dass es Konflikte gibt und dass auch Unsicherheiten und Ängste geweckt werden. Wichtig ist, dass wir zusammenbleiben. Die Einheit der Kirche ist ein hohes Gut, das uns gerade die Ökumenische Bewegung neu bewusst gemacht und eingeschärft hat. Allerdings meint Einheit nicht Uniformität, die es auch innerkatholisch nie gegeben hat. Und es gibt auch kein starres Konzept von Einheit, das sich jeglichen Änderungen verschließen würde. Gefordert ist ein ehrliches Ringen. Vertrauen wir dabei auf den Heiligen Geist und vertrauen wir einander, dass auch die, die eine andere Meinung vertreten, Gutes für die Kirche wollen. So kann ein geistlicher Resonanzraum für die Erneuerung der katholischen Kirche im Dienst einer glaubwürdigen und zeitgemäßen Verkündigung des Evangeliums wachsen.

Ich bin überzeugt davon, dass die in der katholischen Kirche angestoßenen Entwicklungen auch die Ökumene voranbringen können. Im Vorbereitungsdokument zur weltweiten Synode werden unter den zehn Themenfeldern, die zur Beratung vorgelegt werden, explizit auch die Beziehungen zu anderen christlichen Konfessionen aufgeführt. Wörtlich heißt es dort: „Der Dialog unter Christen verschiedener Konfessionen, vereint in der einen Taufe, hat im synodalen Weg einen besonderen Rang.“ Daran schließen sich Fragen nach den Beziehungen mit den Schwestern und Brüdern der anderen christlichen Konfessionen, nach den Früchten und auch den Schwierigkeiten des gemeinsamen Unterwegs-Seins an.2 Hier werden wir aufgrund der guten ökumenischen Beziehungen in Deutschland sicher viel Positives einbringen können.

Zu diesem Positiven gehören für mich die guten Erfahrungen, die wir gemeinsam bei der Vorbereitung und Durchführung des Dritten Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt am Main sammeln konnten, der auch als digitale Veranstaltung eine große Resonanz bis in unsere Gemeinden gefunden hat. Zu diesem Positiven gehört aber auch das theologische Ringen in den Fragen von Eucharistie und Abendmahl, wie es im Votum des Ökumenischen Arbeitskreises Gemeinsam am Tisch des Herrn zum Ausdruck kommt. Auch wenn dieses theologische Ringen noch nicht ans Ziel gekommen ist, freut es mich, dass wir im Kontaktgesprächskreis zu einer gemeinsamen Bewertung dieses Votums gefunden haben.

Von Kritikern des Synodalen Weges in Deutschland ist manchmal zu hören, dass das, was dort gewollt ist, auf eine „Protestantisierung“ der katholischen Kirche hinauslaufe. Ich würde mir wünschen, dass Protestantismus nicht als Abwehrbegriff verwendet wird. Das entspricht nicht dem Stand unseres ökumenischen Miteinanders. Die entscheidende Frage ist doch die, ob die Glaubensverkündigung und die ihr dienenden Strukturen dem Willen Christi entsprechen. Darüber in den Kirchen und im ökumenischen Gespräch zwischen den Kirchen offen zu diskutieren ist legitim. Bleiben wir darüber im Austausch, als pilgerndes Gottesvolk gemeinsam unterwegs zu Jesus Christus, der „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6) ist. Was sollte auf diesem Weg falsch daran sein, von den Erfahrungen der Geschwister in anderen Kirchen, seien es gute oder schlechte, zu hören und daraus zu lernen?

Verehrte Synodale, ich bitte Sie, die synodalen Prozesse in der katholischen Kirche mit geschwisterlicher Aufmerksamkeit und mit Ihrem Gebet zu begleiten. Als Mitglieder eines der drei Leitungsorgane der Evangelischen Kirche in Deutschland werden Sie in den nächsten Tagen wieder weitreichende Entscheidungen treffen und gemeinsam mit der Kirchenkonferenz den Rat und dessen Vorsitz wählen. Ich wünsche Ihnen, dass Gottes Heiliger Geist Sie leiten möge, für eine gute Zukunft der Evangelischen Kirche in Deutschland und der ganzen Kirche Jesu Christi!
 

Fußnoten:

[1] https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2021/october/documents/20211009-apertura- camminosinodale.html; abgerufen am 13. Oktober 2021.

[2] Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung. Vorbereitungsdokument, veröffentlicht am 7. September 2021, Nr. 30, VII (https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/ 2021/09/07/0540/01156.html; abgerufen am 13. Oktober 2021).

Motivbild Synode 2021

EKD-Synode 2021

Die 2. Tagung der 13. Synode der EKD findet vom 7. bis 10. November 2021 digital statt. Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen zur Synodentagung und der Wahl des neuen Rates der EKD.