Jenseits von „So ist das halt“

Interview mit der Regisseurin Uta Plate – Theaterworkshops zum Thema „Menschenrechte“

Die Regisseurin Uta Plate bei der Theaterarbeit

Die Regisseurin und Theaterpädagogin Uta Plate arbeitet in Theaterworkshops zum Thema Menschenrechte.

Frau Plate, Sie machen Theater rund um das Thema Menschenrechte – warum?

Uta Plate: Zurzeit werden Menschenrechte wie ein Luxusgut behandelt oder gar von führenden Politikern in Frage gestellt. Ein österreichischer Politiker meinte gerade, wir sollten Menschenrechte nicht „anbeten“.  Dabei müssen wir Menschenrechte als menschliches Recht definieren und damit die Pflicht, sie zu schützen. Menschenrechte werden oft verletzt. Das bekannteste Beispiel ist Bangladesch, wo mehr als 1.000 Menschen beim Einsturz einer Textilfabrik starben. Nun bieten wir eine Fortbildung an, in der wir mit Mitteln des Theaters das Thema Menschenrechte erforschen, erfahren und reflektieren werden.

Es gibt also kein Stück, das fertig ist und einstudiert wird?

Plate: Wir werden verschiedene Formate anbieten, in denen mit theatralen und anderen kreativen Methoden gearbeitet wird. Beispielsweise können die Teilnehmenden einen Interessenkonflikt zwischen Tätern und Opfern abbilden. Das erfordert Empathie und Perspektivwechsel. Egal, ob Menschenrechtsverstöße auf großer politischer Ebene oder im Bereich der Wirtschaft, die uns als Konsumenten betreffen: Wir werden spielerisch Bewusstheit darüber schaffen.

Warum gerade Theater?

Plate: Jenseits von Frontalunterricht, jenseits von moralischem Diskurs, der im Zweifel nur das Schuldgefühl hinterlässt,  geht es darum, mit Theater-Mitteln Lust dazu zu verschaffen, sich mit dem Thema weiter zu beschäftigen. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen. Und das soll auf einem selbstbestimmten Weg geschehen. Wie auf einem Markt der Möglichkeiten.  

Wie könnte das praktisch aussehen?

Plate: An einer Wand könnten zum Beispiel Zeitungsartikel über Menschenrechtsverletzungen hängen. Vierergruppen könnten sich damit auseinandersetzen, die Gruppen übernehmen die beiden Positionen. Aus Erfahrung kann ich sagen: Menschenrechte zu verteidigen ist richtig schwer und – wenn ich das so sagen darf – echt unsexy. Die andere Seite ist viel leichter. Da kann man souverän-lässig sagen: „So ist eben die Realität“ oder „Das Leben ist eben kein Ponyhof“. Theater bzw. Rollenspiele machen solche Erkenntnisse und sozialen Erfahrungen möglich. Mit anderen Worten: Es wird in der Fortbildung nicht um formal-ästhetische Ergebnisse gehen. Sondern wir wollen uns Gedankenräume jenseits von „So ist das Leben halt“ erobern.

Inwieweit können sich die Teilnehmenden einbringen?

Plate: Sie sollen ausdrücklich ihre eigenen Fragen mitbringen, um Impulse für ihre spezifische Situation als Multiplikatoren wieder mit nach Hause bringen. Ich biete den Rahmen – die Teilnehmenden bzw. Gruppen gehen ihren Interessensgebieten nach. Vielleicht geht ja jemand auf Trumps Tweets ein, zum Beispiel zum Thema Pressefreiheit. Folterverbot, Asylrecht, Bildung, Kultur – die Themen sind frei.

70 Jahre Menschenrechte – dazu gratuliert die EKD mit der Initiative #freiundgleich, auch mit Ihren Theater-Workshops. Was bedeutet Ihnen #freiundgleich?

Plate: Erst einmal ist das Thema so groß, dass man Schnappatmung kriegen kann. Für mich ist #freiundgleich ein Zwillingspaar, das zusammengehört. Es bedeutet, dass ich mein Leben leben kann, wie ich es möchte. Statt Unfreiheit zu internalisieren. Was heißt Recht auf Selbstbestimmung wirklich und was müssen wir alle dafür tun, dass es für alle möglich ist? Ein Beispiel: Alleinerziehende Mütter sind besonders von Armut bedroht – „so ist es halt“? Nein, sie brauchen Unterstützung, um frei und gleich zu sein. Es dürfen nicht einige freier und gleicher sein, dafür zu sorgen ist unsere Aufgabe in Gegenwart und Zukunft.

Interview: Anna Neumann (EKiR)


Uta Plate arbeitet als Regisseurin, Theaterpädagogin und Dozentin auf internationaler Ebene. Nach ihrem Kulturpädaogikstudium entwickelte sie mit jungen Männern Stücke im Jugendstrafvollzug Thüringen für drei Jahre. Von 1999 bis 2014 arbeitete sie als Theaterpädagogin an der Schaubühne Berlin. Ihr Fokus ist Theaterarbeit mit sozial Benachteiligten, intergenerative Projekte, Theater mit Jugendlichen, Geflüchteten und Senioren, sowie dokumentarisches Theater. Uta Plate lehrt an der UDK Berlin, den Universitäten Hildesheim, Hannover und Kopenhagen.

Theaterworkshops „Menschenrechte“

Die Regisseurin und Theaterpädagogin Uta Plate leitet die Theaterworkshops „Menschenrechte – kreative und theaterpraktische Metholden“ im Rahmen der EKD-Initiative #freiundgleich. Sie richten sich an Menschen in der Bildungs- und Jugendarbeit, Schule und Diakonie.
Teilnehmende sind herzlich willkommen! Anmeldungen werden bis zum 20. August erbeten.

Termine
1./2. September, Evangelische Akademie Hofgeismar
6./7. Oktober, Forsthaus Oberwaiz-Bayreuth

Anmeldung
Telefon: 0511 / 2796-407