Kurschus: Dem Hass entgegentreten ist tägliche Aufgabe

Gedenkgottesdienst für die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau

Annette Kurschus

Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen

Hanau (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat bei dem Gedenkgottesdienst für die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau zum Widerstand gegen Rassismus aufgerufen. Es werde nie den Augenblick geben, in dem wir sagen können: „Jetzt sind wir fertig damit“, sagte Kurschus. Dem entgegenzutreten bleibe eine tägliche Aufgabe, betonte sie laut Predigtmanuskript in der Marienkirche bei dem Gedenkgottesdienst am Sonntag anlässlich des Anschlags vor drei Jahren.

Die Menschen sollten nicht erst dann handeln, „wenn sich der Rassismus besonders aufdringlich und spektakulär aufbläst“, sagte Kurschus. Es gehe viel früher los, in ganz kleinen Alltagssituationen. „Da braucht es oft gar nicht so viel Mut, aber eben doch Mut, um eine verächtliche Bemerkung zu kontern oder einer populistischen Parole zu widersprechen.“ Jedes Widersprechen habe Wirkung. „Da helfen zum Beispiel möglichst viele Begegnungen, möglichst viel Menschenliebe.“

Die westfälische Präses predigte zum biblischen Lied von der Macht der Liebe (1. Korinther 13, 1-13). Die Liebe höre niemals auf, betonte sie. Den 19. Februar 2020 bezeichnete Kurschus als „Zeitenwende“. Für die Familien der Getöteten und für die ganze Stadt Hanau habe sich seither etwas Grundlegendes verändert.

Gleichwohl sei es dem Mörder nicht gelungen, die „Liebe zu zerschießen“ - im Gegenteil. „Sie ist vielleicht sogar stärker, auf jeden Fall bewusster und öffentlicher geworden.“ Sie habe aber ihre Leichtigkeit verloren, beklagte Kurschus, sie sei durchsetzt von Trauer und Schmerz.

Die Ratsvorsitzende dankte den Angehörigen der Ermordeten und ihren Unterstützerinnen auch für die vielen Gespräche, Begegnungen, Initiativen und Projekte, „die das Zusammenleben gerechter machen“. Sie hätten zudem mit „Geduld und Zorn und Beharrlichkeit“ die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erreicht, „der bis heute nach der Wahrheit sucht“. Auch diese Beharrlichkeit sei ein Ausdruck von tatkräftiger Liebe.

An dem Gottesdienst unter der Überschrift „Klage Hoffnung“ nahmen auch die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann, der Hanauer Dekan Martin Lückhoff, die hessische Landtagsvizepräsidentin Heike Hofmann (SPD), der Hanauer Imam Mustafa Macit Bozkurt und die Schwester des ermordeten Hamza Kurtovic, Ajla Kurtovic, teil.

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst.