Neues jüdisches Religionszentrum in Potsdam eröffnet

Bedford-Strohm: Mit der Eröffnung des Europäischen Zentrums Jüdischer Gelehrsamkeit ist an der Universität Potsdam etwas europaweit einmaliges gelungen.“

Ein neues Religionszentrum an der Universität und klare Ansagen gegen Antisemitismus: Am Neuen Palais im Potsdamer Park Sanssouci hat ein neues Kapitel jüdischen Lebens in Deutschland begonnen.

Neue Synagoge in Potsdam

Potsdam hat eine neue Synagoge. Es ist das erste jüdische Gotteshaus in Brandenburgs Landeshauptstadt nach der Schoah. Am 18. August 2021 wurde es gemeinsam mit den neuen Räumen der Rabbinerausbildung und der Jüdischen Theologie der Potsdamer Universität feierlich eroeffnet.

Potsdam (epd). Mit dem feierlichen Einzug der Torarollen in die Synagoge ist das neue „Europäische Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit“ in Potsdam eröffnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte das akademische Religionszentrum der Universität als Ausbildungsstätte, die weit über die Grenzen ausstrahle, und als „Geschenk für unser ganzes Land“. Er sei zutiefst dankbar dafür, dass in Deutschland wieder Rabbinerinnen und Rabbiner ausgebildet werden, sagte Steinmeier am Mittwoch bei dem Festakt am Neuen Palais im Park Sanssouci.

Der Bundespräsident rief zugleich dazu auf, Antisemitismus entschieden zu bekämpfen. Dass sich antisemitischer Hass in Deutschland wieder offen zeige, „schmerzt mich und macht mich zornig“, sagte Steinmeier. Dass zudem in der Corona-Pandemie „krude antisemitische Verschwörungstheorien neue hässliche Urständ“ feierten, sei unerträglich. Jeder Einzelne und die gesamte Gesellschaft seien gefordert deutlich zu machen, dass Antisemitismus nicht geduldet werde.

Es sorge ihn sehr, dass jüdisches Leben, das seit 1.700 Jahren in Deutschland präsent sei, noch immer nicht selbstverständlich sei und jüdische Einrichtungen weiter geschützt werden müssten, sagte Steinmeier. Nur wenn sich Jüdinnen und Juden in Deutschland vollkommen sicher fühlen, könne das Land „ganz bei sich“ sein.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte, der Tag der Eröffnung des neuen Zentrums sei „ein guter Tag für die jüdische Gemeinschaft und das ganze Land“. Das Einbringen der Torarollen in die neue Synagoge sei ein „wichtiges Zeichen unseres Glaubens an die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland“. Jüdisches Leben in Europa stehe zugleich vor großen Herausforderungen. Es sei nötig, sich gegen Demagogen, Gewalt und Politiker, die Einschränkungen anstrebten, zur Wehr zu setzen, betonte Schuster: „Wir lassen uns nicht entmutigen.“

Brandenburg sei stolz auf das neue Religionszentrum, betonte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Auch 76 Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen Terror-Regimes sei die Eröffnung jüdischer Einrichtungen und Synagogen auf deutschem Boden noch alles andere als selbstverständlich. An dem Festakt mit rund 250 geladenen Gästen nahmen auch der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, und der katholische Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt teil.

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte das neue akademische Zentrum. „Dieser Tag gibt Grund zur großen Freude“, schrieb Bedford-Strohm in einem Grußwort: „Denn mit der Eröffnung des Europäischen Zentrums Jüdischer Gelehrsamkeit ist an der Universität Potsdam etwas europaweit einmaliges gelungen.“

Die kleine moderne Synagoge ist das erste jüdische Gotteshaus in Potsdam nach der Schoah. Für das jüdische Religionszentrum an der Universität wurden das historische Hofgärtnerhaus des Neuen Palais und dessen Orangerie saniert und zum Teil modern umgebaut.

Cover der EKD-Broschüre Antisemitismus

Antisemitismus - Vorurteile, Ausgrenzungen, Projektionen und was wir dagegen tun können