Solidaritätsbesuch der EKD in Taybeh
Propst Joachim Lenz vor einem ausgebrannten Auto in Taybeh. Er traf sich mit Christ*innen im Westjordanland, die Bedrohung erfahren haben.
Das palästinensische Dorf Taybeh im Westjordanland gilt als das letzte vollständig christliche Dorf der Region. In den vergangenen Wochen kam es dort mehrfach zu Angriffen durch extremistische, israelische Siedler. Um den Menschen vor Ort die Unterstützung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu zeigen, hat der evangelische Propst in Jerusalem, Joachim Lenz, Taybeh besucht.
Solidarität zeigen und Geschichten erzählen
In einem Interview mit dem Domradio betonte Lenz, dass die EKD den Bewohner*innen von Taybeh deutlich machen wolle, dass sie nicht vergessen sind. „Wir wollen bei den Menschen sein und von ihnen erzählen. Die, die dort leben, fühlen sich doppelt bedroht: als Palästinenser und als Christen“, sagte der Propst.
Lenz besuchte das Dorf in Vertretung für den Auslandsbischof der EKD, Frank Kopania, dessen Besuch während seiner Antrittsreise im Heiligen Land vergangene Woche wegen gesperrter Straßen nicht stattfinden konnte.
Zerstörung und Angst im Alltag
Vor Ort fand Lenz deutliche Spuren der Gewalt: Die alte St.-Georgs-Kirche war durch einen Brandanschlag beschädigt worden, und das Auto des Journalisten Jeries Azar war mitsamt den Kindersitzen in Flammen aufgegangen. In den Gesichtern der Menschen vor Ort sah Lenz Verunsicherung und Angst. „Es waren Spuren in jeder Hinsicht“, berichtete er.

Besonders eindrücklich war für ihn der Anblick eines verkohlten Spielzeugautos – ein Überrest aus dem zerstörten Wagen der Familie Azar. „Der Eindruck von unfassbarem Hass, der da gewirkt hat, ist klar“, so Lenz.
Gespräche mit Betroffenen und kirchlicher Einsatz
Neben der Familie Azar sprach Lenz auch mit dem römisch-katholischen Pfarrer Bashar Fawadleh. Trotz der Bedrohungen leiste die Gemeinde weiterhin kirchliche, soziale und karitative Arbeit. Hoffnung gebe auch die praktische Solidarität der verschiedenen Kirchen: So erhielt der Journalist Azar ein Ersatzfahrzeug, das römisch-katholische und melkitische Gemeinden zur Verfügung stellten. „Da funktioniert Ökumene. Die Menschen helfen sich wirklich gegenseitig“, betonte Lenz.
Taybeh als Beispiel für die Gesamtsituation im Heiligen Land
Lenz machte deutlich, dass die Not der Menschen in Taybeh stellvertretend für die Lage vieler Palästinenser*innen im Westjordanland stehe. „Wir haben den Nahost-Konflikt hoffentlich in seiner Vielschichtigkeit im Blick. Zum großen Problem gehört auch das Leid der Menschen im Westjordanland.“ Das dürfe nicht vergessen werden.
Die Bevölkerung wünsche sich internationale Aufmerksamkeit und Schutz. Auch politische Unterstützung sei notwendig, etwa durch diplomatische Initiativen. Gleichzeitig zeige sich, wie sehr Besuche und Solidarität den Menschen vor Ort guttun würden.
Appell an die Kirchen in Deutschland
Propst Lenz rief dazu auf, den Menschen in Taybeh und im Westjordanland weiterhin zur Seite zu stehen – mit Gebet, finanzieller Unterstützung und öffentlicher Aufmerksamkeit. Es bleibe der Eindruck, dass es dort „eine unfassbare Not der Menschen gibt, die wir kaum wahrnehmen“, so Lenz. Zum anderen könne man erleben, dass die Kirchen ihre Mittel für die Menschen einsetzen. „Deswegen: weiter unterstützen, hingucken und mitbeten“, so der Probst.