Bibelmuseum in Frankfurt wird mit erweiteter Ausstellung wiedereröffnet

Papyrusfetzen und Computer

Von Jens Bayer-Gimm (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Der Wind säuselt, wird immer lauter, brüllt wie ein Orkan. Die Kinder in dem Holzboot müssen die Segel reffen. Nass kann keines dabei werden: Das Getöse des Sturms sind Trommelschläge, das Boot steht auf festem Grund im Bibelhaus, einem "Erlebnismuseum" in Frankfurt. "Die Kinder bekommen ein Verständnis davon, dass Angst durch Vertrauen überwunden werden kann", sagt Geschäftsführerin Silvia Meier. So wie der originalgetreue Nachbau eines Fischerkahns vom See Genezareth zur Zeit Jesu lassen die Exponate die Erzählungen der Bibel nachempfinden.

Das Mitmach-Museum am Frankfurter Museumsufer wird an diesem Samstag mit einer erweiterten Ausstellungsfläche wiedereröffnet. "Wir wollen die Struktur klarer herausarbeiten", erklärt Meier. Anfassen und ausprobieren ist erwünscht. Das Museum will die in der Bibel beschriebene Alltagswelt anschaulich machen und dadurch verdeutlichen, "dass die Bibel für uns heute Orientierung bietet", erläutert Meier.

Der "rote Faden" durch die Stationen vom Nomadenzelt in der Wüste bis zur Stadt Jerusalem von heute ist die Entstehung und Verbreitung der Bibel selbst. Neu präsentiert wird den Besuchern die Station von der schriftlichen Entstehung und Verbreitung des Buches. Besucher können es den Übersetzern nachmachen und Namen in die Alphabete der biblischen Sprachen übertragen. Auf einer nachgebauten Gutenberg-Presse kann gedruckt, auf Bildschirmen Bibel-Software aufgerufen werden.

Die Erweiterung soll bis nächstes Jahr fortgesetzt werden. Nach den Plänen wird die Lebenswelt an den Hauptschauplätzen Jesu, Kapernaum am See Genezareth und Jerusalem, ausführlicher vorgestellt. Wer an einer bereits bestehenden Station einen "Wassereimer" in einem nachgebauten Brunnen hochzieht und sich einen Wasserkrug auf den Kopf setzen lässt, den Frauen mehrere Kilometer weit trugen, bekommt eine Ahnung von deren harter Arbeit. Die Darstellung Jerusalems wird einen Bogen von Jesus bis zum Leben dreier junger Stadtbewohner von heute, die dem Judentum, Islam und Christentum angehören, schlagen.

Die beliebten Stationen des Mitmach-Museums bleiben bestehen: Empfangen werden die Gäste in einem mit orientalischen Teppichen und Kissen ausgelegten Nomadenzelt. Von der Decke baumelt ein Wassersack aus Ziegenhaut, an den Wänden hängen Schmuckbänder für Kamele und mit Münzen verzierte Gesichtsschleier. Die Besucher können versuchen, Getreide mit einer steinernen Handmühle zu mahlen. "Das mussten Frauen in biblischer Zeit vier bis fünf Stunden lang am Tag machen, um den Tagesbedarf an Mehl für eine Familie zu decken", erklärt Meier.

Da werde plausibel, dass die biblischen Erzählungen zunächst mündlich überliefert wurden. Die ersten Zeugnisse der schriftlichen Überlieferung sind in der "Schatzkammer" des Museums ausgestellt. Dort sind zumeist Faksimile berühmter Papyrusrollen zu sehen, etwa der 2.000 Jahre alten Jesaja-Rolle von Qumran oder der ältesten Papyrusfetzen mit Sätzen des Neuen Testaments. Die Besucher können selbst auf Papyrusblättern Wörter der griechischen oder koptischen Sprache abschreiben.

In den ersten fünf Jahren des Bestehens haben fast 130.000 Besucher das Bibelhaus besichtigt. Am 17. August soll das mit einem Gottesdienst in der Alten Nikolaikirche am Römerberg gefeiert werden, in dem der hessen-nassauische Kirchenpräsident Peter Steinacker die Predigt hält. Doch die Ausstellungsmacher richten schon den Blick nach vorn.

Von Februar bis Mai 2009 wird die älteste Handschrift des Neuen Testaments in deutscher Sprache, die zwischen 1430 und 1530 mit prächtigen Bildern ausgestattete Ottheinrich-Bibel, gezeigt. Das Bibelhaus ist einer von fünf Ausstellungsorten, bevor die Rarität wieder im Magazin eingelagert wird. Nach Frankfurt wandert die kostbare Schrift in acht Bänden zum Deutschen Historischen Museum nach Berlin.


25. Juli 2008