Glaubensbuch des EKD-Ratsvorsitzenden Huber in Berlin vorgestellt
Berlin (epd). In Berlin ist am Dienstag ein neues Buch des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber vorgestellt worden, in dem sich der Berliner Bischof mit Glaubensfragen und der Suche nach Orientierung auseinandersetzt. Huber ermuntert darin die modernen Sinnsucher, "wieder nach Gott zu fragen". Vernunft und christlicher Glauben schließen sich nach seiner Ansicht nicht aus. Der evangelische Glaube verknüpfe die Freiheit des einzelnen Menschen mit dem Wissen, in Gott geborgen zu sein.
Präsentiert wurde das Buch mit dem Titel "Der christliche Glaube - Eine evangelische Orientierung" von der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann. In dem Buch entwickelt Huber mit Bezug auf biblische Geschichten, Gebete und zentrale Texte des Protestantismus aktuelle Einsichten. Ausdrücklich wendet sich Huber dagegen, Vernunftwidriges im Namen Gottes zu rechtfertigen. Besonders Gewalttaten könnten nicht religiös legitimiert werden.
Der Ratsvorsitzende und Theologieprofessor wendet sich auch gegen die sogenannten Kreationisten, die naturwissenschaftliche Erklärungen für die Evolution ablehnen, sowie gegen die neuen Atheisten, die den Religionen einen eher schädlichen Einfluss auf menschliche Gesellschaften attestieren.
02. September 2008
Interview des EKD-Ratsvorsitzenden am 02. September mit dem Domradio Köln zu seinem Buch "Der christliche Glaube - Eine evangelische Orientierung":
(als Audio-Format [MP3-Datei] ca. 4 Minuten)
„Das Gemeinsame des christlichen Glaubens stark machen“
Bischof Huber im domradio-Interview zu seinem neuen Buch
Die Zahl der Menschen, die sich mit dem christlichen Glauben auseinander setzen, wächst. Viele suchen nach religiöser Orientierung, nach etwas, das ihnen im Leben Halt gibt. Aber wo ist das zu finden? Gefragt wird nach allem möglichen, denn Fragen gibt es viele - aber Antworten auch. Und die gibt der Berlin-Brandenburgische Bischof Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland, in seinem Buch über den "christlichen Glauben".
domradio: Herr Bischof, Sie wenden sich an die, „die religiöse Orientierung suchen und das Zweifeln nicht verlernt haben“: Muss ein Buch über den christlichen Glauben immer das Gegenteil dieses Glaubens, nämlich das Zweifeln, im Blick haben?
Huber: Ich halte das für ganz falsch, den Zweifel als das Gegenteil des Glaubens anzusehen. Aus dem neuen Testament kennen wir die Bitte: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Das ist eine Grundaussage des christlichen Glaubens. Es gibt niemanden, der über seine ganze Lebensgeschichte hin gleichfest im Glauben verwurzelt ist. Es gibt eigentlich niemanden, der nicht auch offene Fragen hätte, bei denen er weiterfragt. Insofern ist der Zweifel ein Teil des Glaubens und ein Stück auf dem Weg zum Glauben. Im Neuen Testament gibt es das wunderbare Wort: „Seid barmherzig mit den Zweiflern.“ Dieses Wort hat mich beim Schreiben dieses Buches geleitet.
domradio: Es geht Ihnen nicht nur um Glaube, sondern auch um Hoffnung und Liebe: Sind diese drei Teile denn gleich gewichtet?
Huber: In diesem Buch nicht, sondern das Buch hat den Titel „Der christliche Glaube“. Es hält sich aber an den Satz des Apostels Paulus: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe“. Diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen. Deswegen gibt es sozusagen einen Ausblick auf die Dimensionen der Hoffnung und der Liebe. Das zentrale Thema aber ist der Glaube an Gott, den Schöpfer, an Jesus Christus, an den Heiligen Geist.
domradio: Ihr Buch schreiben Sie in „evangelischer Perspektive“: Wie lässt sich diese Perspektive auf den Punkt bringen?
Huber: Evangelische Perspektive ist eine Perspektive, die sich am Evangelium ausrichtet. Das war die Erneuerung der Reformation, an die ich anknüpfe. Es geht um die Annahme der Gnade Gottes, das ist der Kern all dessen, was ich dazu entfalten versuche.
domradio: Zurückgewendet auf den christlichen Glauben insgesamt: Was ist das spezifisch „evangelische“ an Ihrer Argumentation?
Huber: Das starke Betonen der Freiheit eines Christenmenschen. Freiheit ist ja das große Thema des 21. Jahrhunderts. Nach dem Jahrhundert der Diktaturen sind wir in das Jahrhundert der Freiheit eingetreten, nach dem Jahrhundert der Weltkriege sind wir in das Jahrhundert der Verantwortung für Frieden und Zukunft eingetreten. Die evangelische Gestalt des christlichen Glaubens, die Freiheit und Verantwortung ins Zentrum rückt, die die Mündigkeit des Christen so wichtig nimmt, die hat in dieses Jahrhundert hinein wichtiges zu sagen.
domradio: Ist es trotzdem auch ein Buch, das die Ökumene im Blick hat?
Huber: Ja, die Ökumene spielt eine wichtige Rolle. Ich bin selber ganz und gar von der besonderen ökumenischen Situation in Deutschland geprägt, die ich zu bewahren und weiter zu entwickeln versuche. Am Evangelium sich zu orientieren heißt ja, das Gemeinsame des christlichen Glaubens über die Grenzen der Konfessionen hinaus stark und deutlich zu machen. Aber auf dieser Grundlage gibt es dann auch Themen, bei denen unterschiedliche Akzente zu setzen sind: Im Verständnis des kirchlichen Amts, in der Beteiligung von Frauen am kirchlichen Amt, in der Art und Weise, in der wir die Zusammengehörigkeit von Glauben und Vernunft beschreiben.