Felmberg wird als neuer EKD-Bevollmächtigter eingeführt

Berlin (epd). Bernhard Felmberg (43) wird am Mittwoch mit einem Gottesdienst in Berlin als neuer evangelischer Bevollmächtigter beim Bund und der Europäischen Union eingeführt. Der promovierte Theologe ist Nachfolger von Prälat Stephan Reimers, der am 30. Januar 65 Jahre alt wird und damit in den Ruhestand tritt.

Als "evangelischer Botschafter" wird Felmberg für die Evangelsiche Kirche in Deutschland die Kontakte zum Parlament, zur Bundesregierung und zu den Parteien, sowie zu den europäischen Institutionen wahrnehmen. Nach den Bischöfen Hermann Kunst, Heinz-Georg Binder und Hartmut Löwe sowie Prälat Reimers ist der Theologe der fünfte EKD-Bevollmächtigte seit Schaffung des Amtes 1949. An der Nahtstelle von Kirche und Politik ist es seine Aufgabe, die Politik über kirchliche Positionen zu unterrichten. In der Gegenrichtung vermittelt er politische Entwicklungen in die kirchlichen Leitungsgremien.

Nach einem Theologiestudium in Berlin und Erlangen und dem Vikariat in Berlin arbeitete Felmberg zunächst als wissenschaftlicher Assistent an der Kirchlichen Hochschule Berlin und an der Humboldt-Universität. 1997 promovierte er über die Ablasstheorie Kardinal Cajetans. Von 2000 bis 2002 war er Bundesgeschäftsführer des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU. Seit 2002 leitet er als Oberkonsistorialrat die Abteilung für Theologische Aus-, Fort- und Weiterbildung im Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. 1999 wurde er deren Beauftragter für die kirchliche Sportarbeit.

27. Januar 2009


Kommunikativ und kompetent

Prälat Felmberg vermittelt künftig die evangelischen Positionen beim Bund und der EU

Von Rainer Clos (epd)

Berlin (epd). Es ist eine steile Karriere, die Bernhard Felmberg bisher zurückgelegt hat. Am Mittwoch wird der 43jährige Theologe neuer Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beim Bund und der Europäischen Union. Vom Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, wo er als Oberkonsistorialrat für die Theologenausbildung zuständig war, zieht er um an den Berliner Gendarmenmarkt, wo die EKD-Verbindungsstelle seit 1999 ihren Sitz hat.

Dass der EKD-Bevollmächtigte kirchenpolitisch eine Schlüsselposition einnimmt, zeigt sich daran, dass er regelmäßig an den Beratungen des Rates der EKD teilnimmt. Auf Vertrauen muss er auch bei seinen Gesprächspartnern in der Politik setzen. Denn neben der Rolle des Diplomaten ist der Bevollmächtigte auch als diskreter Beichtvater und Seelsorger für Politiker aus allen Parteien gefragt. Zunächst werde er intensiv zuhören müssen, um dieses Vertrauen zu gewinnen, weiß Felmberg. Dass es unter dem neuen Prälaten einen Kuschelkurs geben werde, ist kaum zu erwarten, zumal Felmberg ein Freund klarer Aussagen ist. Um eine gemeinsame evangelisch-katholische Haltung zu strittigen Fragen wird er sich bemühen, aber nicht um jeden Preis.

Begabung zur Kommunikation und Erfahrung in der Kirche als auch im politischen Metier gehören zum Gepäck, das der hoch gewachsene, stets fröhlich wirkende Berliner für sein neues Amt mitbringt. Felmberg ist 1965 in Berlin geboren und aufgewachsen in einem Pfarrhaus in Berlin-Wilmersdorf. Er studierte evangelische Theologie in Berlin und in Erlangen. Nach dem Studium absolvierte er das Vikariat und promovierte an der Humboldt-Universität über die Ablasstheorie Kardinal Cajetans.

In der Landeskirche wurde Felmberg im Jahr 2000 zum Pfarrer im Ehrenamt ordiniert. Bis heute organisiert er mit einem Team Kindergottesdienste in der evangelischen Grunewaldgemeinde. Da keine Pfarrstelle in Aussicht war, widmete er sich der wissenschaftlichen Theologie, war wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Kirchengeschichte und begann eine Habilitation. Die wissenschaftliche Laufbahn gab er 2002 auf und wechselte als Bundesgeschäftführer zum Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU.

Nach zwei Jahren in der Berliner Parteizentrale der CDU, in denen er sich gut vernetzte, wurde Felmberg 2002 zum Oberkonsistorialrat berufen. Seit 2002 ist er Abteilungsleiter für Theologische Aus-, Fort- und Weiterbildung. An dieser Schaltstelle war Felmberg maßgeblich daran beteiligt, in Wittenberg ein Predigerseminar zu etablieren, das Landeskirchengrenzen übergreift.

Seine große Leidenschaft gilt seit der Jugend, in der er beim Wilmersdorfer SC kickte, dem Sport. Im Abitur hatte er Leistungskurs Sport und war natürlich ein Hertha-Fan. Als ehrenamtlicher Sportpfarrer seiner Landeskirche knüpfte er Kontakte zu Amateuren und Profis und führte Regie bei der kirchlichen Begleitung großer Sportevents. Mit Hartnäckigkeit setzte er sich für die Kapelle im Berliner Olympiastadion ein, die zur Fußball-WM 2006 eröffnet wurde. Dort taufte er 2006 den kleinen Alexander, der während des WM-Halbfinales geboren wurde. Auch als Bevollmächtigter, so hofft Felmberg, wird er hin und wieder predigen in der Stadion-Kapelle, an der ein Bibelwort mahnt: "Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?"

27. Januar 2009


Diskret auf die Füße treten

Als EKD-Bevollmächtigter in Berlin prägte Reimers die "sozial-anwaltschaftliche" Rolle der Kirche

Berlin (epd). Bei Parteitagen sitzen sie manchmal in der ersten Reihe zwischen den Ehrengästen, werden aber in der Öffentlichkeit selten erkannt: die Beauftragten der beiden großen Kirchen am Regierungssitz. Diskret und leise erledigen die Bevollmächtigten, so der offizielle Titel, ihre Arbeit. Auf evangelischer Seite steht nach gut neun Jahren ein Wechsel im Amt an: Auf Prälat Stephan Reimers, der am 30. Januar 65 Jahre alt wird und in Ruhestand geht, folgt Bernhard Felmberg. Die feierliche Amtsübergabe begeht die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am 28. Januar in Berlin.

Immer wieder werden die Bevollmächtigten als "Cheflobbyisten" der Kirchen bezeichnet. Wie die Lobbyisten bestimmter Branchen oder großer Konzerne erledigen auch das katholische Büro und die Dienststelle der EKD ihre Aufgaben meist hinter den Kulissen. Ohne Aufsehen zu erregen, werden Gespräche mit Abgeordneten, Referenten und Ministeriumsmitarbeitern gesucht. Manchmal wird auch ein Minister direkt angerufen. Denn es gilt, auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen. Dafür muss auch Parteifreunden mitunter auf die Füße getreten werden.

Dennoch hört Reimers den Titel "Cheflobbyist der Kirche" ungern. Im Handwerk gibt es zwar Parallelen zur Schar der Lobbyisten, inhaltlich unterscheidet sich die Arbeit der Bevollmächtigten jedoch stark. "Das Eintreten für Anliegen von Minderheiten oder für das Gemeinwohl machen mehr als 90 Prozent unseres Engagements aus", sagt der EKD-Vertreter. Die Dienststelle verstehe sich überwiegend als "sozial-anwaltschaftliche Institution".

Schon im November 1949 beschloss der Rat der EKD, am Sitz der Bundesregierung, damals in Bonn, und bei der DDR-Regierung in Berlin Bevollmächtigte zu ernennen. Die Arbeit ging und geht in zwei Richtungen: Der Bevollmächtigte soll zum einen die Interessen der Kirchen vertreten und dafür sorgen, dass diese Positionen in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Zum anderen informiert der Bevollmächtigte regelmäßig den Rat der EKD über die politische Lage.

Zuweilen geht es tatsächlich um Themen, die die Institution Kirche selbst betreffen, etwa wenn durch die neue Abgeltungssteuer die Kirchensteuer zu sinken droht. Oder wenn im Antidiskriminierungsgesetz festgelegt werden soll, dass Kirchen ihre Mitarbeiter nicht mehr nach Konfession aussuchen dürfen. In beiden Fällen haben die Kirchen die geplanten Regelungen verhindert.

Viel häufiger arbeitet das kleine Team von Reimers jedoch an anderen Themen: Ob Zuwanderung, Asyl, Stammzellforschung, Patientenverfügungen oder Personenstandsrecht - die Palette ist groß. "Tu deinen Mund auf für die Stummen und die Sache aller, die verlassen sind", lautet das biblische Motto für die evangelische Dienststelle. Der Unterschied zu den anderen Lobbyisten in Berlin wird darin offensichtlich.

Zumal sich der Vertreter eines Automobil-Konzerns wohl kaum als Seelsorger für Politiker verstehen dürfte. Die beiden Bevollmächtigten der Kirchen veranstalten jedoch regelmäßig Gottesdienste und Gesprächskreise und bieten etwa bei plötzlichen Karriereabbrüchen den Betroffenen Hilfe an.

Hin und wieder verlassen Reimers und sein katholisches Pendant, Prälat Karl Jüsten, den Weg der Diskretion. Beide sind auch Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung, die jährlich einen Rüstungsexportbericht vorlegt. Darin klopfen sie öffentlich die Rüstungspolitik der Bundesregierung auf die empfindlichen Stellen ab.

Der Zusammenarbeit mit dem katholischen Büro misst Reimers ohnehin hohe Bedeutung zu. Die Themen seien selten von Lehrunterschieden der Kirchen berührt. Gemeinsam "haben wir mehr Durchschlagskraft", gibt der Prälat zu. Daher gibt es auch das beliebte Mittel des "Doppelkopfbriefes". Darin legen die beiden Bevollmächtigten gemeinsam ihre Position schriftlich dar und versenden den Brief mit den zwei Briefköpfen an Abgeordnete, meist auch an die Presse.

Eine natürliche Nähe zu den Christdemokraten haben die Kirchen-Beauftragten nicht. Bei bioethischen Fragen läuft die Meinungsbildung quer zu Parteigrenzen, in der Zuwanderungspolitik finden sich die Kirchen oft näher bei den Grünen als bei Union und SPD. So kann es passieren, dass ein durchaus kirchennaher CDU-Abgeordneter bei einem der Empfänge, die die beiden Kirchen jährlich in Berlin ausrichten, leise schimpft: "Die Kirchen müssen sich doch fragen, ob sie in der Ausländerpolitik ihre Mitglieder eigentlich noch hinter sich haben."

27. Januar 2009


Das aktuelle Stichwort: EKD-Bevollmächtigter

Berlin (epd). Das Amt des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der die Kirche am Sitz von Parlament und Regierung vertritt, ist fast so alt wie die Bundesrepublik. Ende November 1949 beschloss der Rat der damals noch gesamtdeutschen EKD je einen Bevollmächtigten am Sitz der Bundesrepublik und der DDR zu ernennen. Dem einzigen Bevollmächtigten in Ost-Berlin, Propst Heinrich Grüber, wurde 1958 von der DDR-Regierung das Agrément (Einverständnis) entzogen, der Bestellung eines Nachfolgers nicht zugestimmt.

Ein wesentliches Motiv für die Einrichtung der Verbindungsstelle in Bonn war es, regelmäßige Kontakte zu den Verfassungsorganen der Bundesrepublik zu unterhalten. So gehört zum Auftrag des Bevollmächtigten die "ständige Fühlungnahme mit den leitenden Stellen der Bundesregierung, dem Bundestag und den evangelischen Abgeordneten". Als Seelsorger steht er den evangelischen Christen in Parlament und Regierung sowie in den Bundesdienststellen zur Verfügung.

Der Bevollmächtigte unterrichtet die politischen Instanzen kontinuierlich über kirchliche Positionen und Entscheidungen. Zudem vertritt er die EKD bei Anhörungen des Bundestages und beobachtet die Gesetzgebungsvorhaben. Dabei hat sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Katholischen Büro entwickelt. Zu den Aufgaben des Bevollmächtigten gehören auch die Vertragsverhandlungen mit der Bundesregierung, die auf katholischer Seite dem Apostolischen Nuntius obliegen. Bei den Sitzungen des Rates der EKD informiert er regelmäßig mit einem Bericht zur politischen Lage.

Im Zuge der europäischen Integration wurde das Mandat des Bevollmächtigten auch auf die Organe der Europäischen Union ausgedehnt, 1990 wurde eine Außenstelle in Brüssel eingerichtet. Bernhard Felmberg, der am 1. Februar sein Amt antritt, ist der fünfte EKD-Bevollmächtigte. Seine Vorgänger waren die Bischöfe Hermann Kunst (1949-1977), Heinz-Georg Binder (1977-1992) und Hartmut Löwe (1993-1999) sowie Prälat Stephan Reimers (1999-2009).

27. Januar 2009