Göring-Eckardt an Spitze der EKD-Synode gewählt

Grünen-Politikerin setzt sich gegen Günther Beckstein durch

Würzburg (epd). Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt übernimmt als Präses die Leitung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Bei der konstituierenden Sitzung des Kirchenparlaments setzte sich die 42-jährige Vizepräsidentin des Bundestages am Samstag in Würzburg mit 72 zu 50 Stimmen gegen den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) durch. Es gab 3 Enthaltungen.

Die Synode ist das höchste gesetzgebende Gremium der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Kirchenparlament repräsentiert rund 25 Millionen evangelische Christen.

Göring-Eckardt, seit 2003 Mitglied im Kirchenparlament, hatte in ihrer Vorstellung vor den Synodalen betont, sie sehe ihre politische Überzeugung eng verbunden mit christlichem Antrieb. Sie werde die Positionen der evangelischen Kirche auch in der Öffentlichkeit deutlich hörbar vertreten. Ein Präses könne auch ein "Lautsprecher" sein, sagte die 42-Jährige. Ein besonderes Anliegen sei ihr die Frage, wie es nach der Überwindung der aktuellen Wirtschaftskrise weitergehen soll: "Mit welchen Werten gehen wir in ein neues Leben?"

Beckstein, der der EKD-Synode erstmals angehört, sagte in seiner Vorstellung, anders als in der Politik gehe es bei der Leitung der EKD-Synode darum, Konsens zu suchen. Diese Konsensfindung sollte nicht lauwarm, sondern an die christlichen Werte gebunden sein. Der 65 Jahre alte CSU-Politiker erinnerte an seine 13 Jahre Erfahrung als Mitglied der bayerischen Landessynode.

In den vergangenen sechs Jahren stand die SPD-Politikerin Barbara Rinke der EKD-Synode vor. Die Oberbürgermeisterin aus dem thüringischen Nordhausen trat zum Start in die neue Wahlperiode nicht mehr als Präses-Kandidatin an.

Im Oktober entscheidet die in Würzburg neu konstituierte EKD-Synode über die Zusammensetzung des 15-köpfigen Rates des EKD, dem der Synodenpräses qua Amt angehören wird. Dann wird auch über die Nachfolge des Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber entschieden, der in diesem Jahr altersbedingt zudem als Berliner Landesbischof aus dem Amt scheidet.

02. Mai 2009


Öffentliche Protestantin leitet EKD-Synode

Göring-Eckardt setzt sich in Präses-Wahl gegen Beckstein durch

Von Thomas Schiller (epd)

Würzburg (epd). Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt wird in den kommenden sechs Jahren die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) leiten. Am Samstag setzte sich die Grünen-Politikerin bei der konstituierenden Sitzung des Kirchenparlaments gegen Günther Beckstein (65), den früheren bayerischen Ministerpräsidenten durch.

Die 42-jährige Thüringerin wird zum Kreis der "öffentlichen Protestanten" gezählt, deren Namen sowohl für gesellschaftliches Engagement als auch für ein klares Bekenntnis zu ihrem Glauben stehen und die das Bild der evangelischen Kirche mit prägen. In ihrer Altersgruppe sind das noch nicht viele. Sie gehöre "der ersten gesamtdeutschen Generation an", sagte sie bei ihrer Vorstellung vor der Synode in Würzburg.

Ihre politische Karriere hat Göring-Eckardt in den Jahren nach der deutschen Einheit gemacht. Sie brach nach der Wende ihr Theologiestudium in Leipzig ab, um in die Politik zu gehen. Sie engagierte sich in den DDR-Bürgerbewegungen "Demokratie jetzt" und Bündnis 90, arbeitete im Thüringer Landtag und in Bonn und zog 1998 mit eigenem Mandat in den Bundestag ein. Sie wurde Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und von 2002 bis 2005 gemeinsam mit Krista Sager Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Seit 2005 ist Göring-Eckardt Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.

Neben ihrer politischen Karriere blieb die Mutter von zwei Kindern stets kirchlich engagiert. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag sitzt sie im Präsidium und wird den Kirchentag 2011 in Dresden leiten. Doch sie kennt nicht nur Spitzengremien, sondern auch die Gemeinde: Ihr Mann ist Pfarrer in Ingersleben bei Erfurt, zu ihren Aufgaben als Pfarrfrau gehöre "das Osterbrot-Backen und ähnliche praktische Dinge", berichtete sie der Synode mit Schmunzeln. Als Präses lägen ihr die Gerechtigkeitsfrage und die Bewahrung der Schöpfung am Herzen: "Auch wenn wir diese Wirtschaftskrise überstanden haben, die Klimakrise bleibt", sagte die Grünen-Politikerin.

Während Gegenkandidat Beckstein bei der Vorstellung versuchte, vor der Synode pointiert und mit einem Schuss Selbstironie sein öffentliches Bild vom konservativen Hardliner zu korrigieren, präsentierte sich Göring-Eckardt eher leise. Wenn es nötig sei, könne sie aber auch laut werden, sagte sie. Sie liebe ihre Kirche mit so viel Leidenschaft, "dass zu den guten Dingen auch solche kommen, die wir besser machen können".

Markante Töne waren unter Vorgängerin Barbara Rinke in den vergangenen sechs Jahren kaum zu vernehmen. Angesichts der Stärke des Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, der in dieser Zeit den EKD-Reformprozess vorantrieb und der evangelischen Kirche ein öffentliches Gesicht gab, sahen viele Synodale die Rolle des Kirchenparlaments als unterrepräsentiert an. Nun hat die Synode wieder eine bundesweit bekannte Persönlichkeit in das Präsesamt gewählt, dass in der Vergangenheit Politiker wie Jürgen Schmude und Gustav Heinemann innehatten.

Ob die Wahl Göring-Eckardts an die Spitze der Synode eine Auswirkung auf den künftigen EKD-Ratsvorsitz hat, wurde auf den Gängen des Würzburger Kongresszentrums intensiv diskutiert: Frau oder Mann, Ost oder West, links oder rechts? Proporzfragen sind im deutschen Protestantismus stets ein Thema. Im Oktober wird in Ulm die Nachfolge von Wolfgang Huber entschieden.

02. Mai 2009


Von Gustav Heinemann zu Katrin Göring-Eckardt

Die Präsides der EKD-Synode - (Hintergrund)

Würzburg (epd). Die am Samstag in Würzburg gewählte Katrin Göring-Eckardt ist die achte Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die 42-Jährige übernimmt das Ehrenamt von Barbara Rinke, der Oberbürgermeisterin im thüringischen Nordhausen. Die SPD-Politikerin hatte die Synode eine Wahlperiode, also sechs Jahre lang, geleitet.

Von Göring-Eckardts insgesamt sieben Vorgängern errang GUSTAV HEINEMANN (1899-1976) als späterer Bundespräsident die größte Prominenz. Der frühere Bundesinnen- und Justizminister wurde 1969 in das höchste Staatsamt gewählt. Von 1949 bis 1955 war Heinemann, der in der Zeit der NS-Diktatur der oppositionellen Bekennenden Kirche angehört hatte, Präses der damals noch gesamtdeutschen EKD-Synode.

Auf Heinemann folgte der Agrar- und Wirtschaftswissenschaftler CONSTANTIN VON DIETZE (1891-1973), der die Synode bis 1961 leitete. Auch von Dietze hatte der Bekennenden Kirche angehört und war deshalb von den Nationalsozialisten inhaftiert worden.

Dietzes Nachfolger war der Jurist HANS PUTTFARCKEN (1902-1971). Der ehemalige Richter und spätere Ministerialrat im hessischen Justizministerium trat 1970 vom Präsesamt zurück. Der Grund waren Differenzen nach dem Ausscheiden der ostdeutschen Mitgliedskirchen aus der EKD und der Gründung des DDR-Kirchenbundes.

Zum Nachfolger Puttfarckens wurde der Tübinger Rechtswissenschaftler LUDWIG RAISER gewählt. Der 1980 gestorbene Hochschullehrer war unter anderem Rektor der Universitäten Göttingen und Tübingen und Präsident der Westdeutschen und der Europäischen Rektorenkonferenz. Der engagierte Christ setzte sich besonders für eine Struktur- und Verfassungsreform der EKD ein.

Nach Raiser übernahm 1973 CORNELIUS VON HEYL das Präsesamt. Der 1933 in Worms geborene Jurist arbeitete als Kirchenbeamter bei der EKD, als Rechtsanwalt sowie im rheinland-pfälzischen Sozialministerium. Von Heyl stand bis 1985 an der Spitze des höchsten Entscheidungsgremiums der deutschen Protestanten.

Mit JÜRGEN SCHMUDE wählte die Synode 1985 einen früheren Spitzenpolitiker zum Präses. Mit Geschick, Akribie und Humor leitete der ehemalige Bildungs- und Justizminister die Synode länger als jeder seiner Vorgänger, nämlich über drei Amtsperioden. Das wichtigste Ereignis in diesen 18 Jahren war der Wiederbeitritt der ostdeutschen Landeskirchen zur EKD und die Konstituierung der gesamtdeutschen Synode im Jahr 1991. Der neu konstituierten 10. EKD-Synode gehört der 72-Jährige nicht mehr an. Am Rande der evangelischen Synodentagungen in Würzburg wurde Schmude für seine Verdienste mit dem Karl-Barth-Preis der Union Evangelischer Kirchen in der EKD ausgezeichnet.

BARBARA RINKE war schon in der DDR kirchlich engagiert, trat 1990 in die SPD ein und wurde 1994 Oberbürgermeisterin in Nordhausen. Die 62-Jährige war bereits in zwei EKD-Synoden Vizes-Präses, bevor sie 2003 an die Spitze des Kirchenparlaments gewählt wurde. Von 1997 bis 1999 war Rinke Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

KATRIN GÖRING-ECKARDT ist seit 2005 Bundestagsvizepräsidentin, zuvor war sie Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag. Göring-Eckardt wurde geboren im thüringischen Friedrichroda und studierte evangelische Theologie. Während der Wendezeit in der DDR kam sie über die Bürgerbewegungen "Demokratie jetzt" und "Bündnis 90" in die Politik. Seit 1998 gehört sie dem Bundestag an. Berufenes Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist Göring-Eckardt seit 2003. Sie soll als Präsidentin den evangelischen Kirchentag 2011 in Dresden leiten.

02. Mai 2009