Taufe im Schwimmbad - "Jahr der Taufe" der Evangelischen Kirche auf große Resonanz gestoßen

Bielefeld/Hannover (epd). So einen Andrang haben die Kirchengemeinden lange nicht mehr erlebt. Als die evangelische Kirche im Raum Hagen (Nordrhein-Westfalen) zu einem Tauffest unter freiem Himmel ins örtliche Freilichtmuseum einlud, mussten viele Interessenten sogar vertröstet werden. Getauft wurden 120 Kinder und Erwachsene, gefeiert haben rund 1.400 Angehörige. Zentrale Tauffeste an ungewöhnlichen Orten gehören zur Erfolgsbilanz des jetzt zu Ende gehenden "Jahr der Taufe" der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Eines der bundesweit größten Tauffeste wurde an der Hamburger Elbe im Beisein von 3.000 Menschen gefeiert. Mehr als 240 Kinder empfingen an rund 40 "Taufstationen" die kirchliche Segenshandlung. Auch in der kleineren Lippischen Landeskirche kamen Familien von fast 100 Täuflingen zu einer Open-Air-Tauffeier in einer Schlossanlage in Lemgo zusammen.

Tauffeiern fanden bundesweit auch in Schwimmbädern, Klöstern und Parks statt. Fast alle Landeskirchen füllten das Themenjahr mit eigenen Kampagnen. In den evangelischen Kirchen Nordrhein-Westfalens stand das Jahr unter dem Motto "gottesgeschenk".

Eine abschließende Bilanz liegt zwar noch nicht vor. Klar ist aber schon jetzt, dass eines der wichtigsten Ziele erreicht ist: "Es wurden Menschen angesprochen, die wir mit unseren traditionellen Formen bislang weniger erreichen", ist der hannoversche Oberkirchenrat Thorsten Latzel vom EKD-Projektbüro überzeugt, der das Themenjahr mit vorbereitet hat. Viele Familien fühlten sich durch das Freilichtereignis von dem Druck befreit, Erwartungen für die Festgestaltung erfüllen zu müssen, berichtet auch die damals für das Tauffest Hagen zuständige Pfarrerin Stefanie Elkmann.

Dass gerade Alleinerziehende und sogenannte Patchworkfamilien ihre Kinder auf diesen Feiern taufen ließen, ist für den westfälischen Präses Alfred Buß besonders erfreulich. Denn alleinerziehende evangelische Mütter taufen ihre Kinder deutlich seltener als der Durchschnitt aller evangelischen Eltern. Die Taufe sei häufig mit dem Ideal einer "vollständigen" und "intakten" Familie verbunden, erklärte er. Eine Taufe dürfe jedoch weder aus Scham noch aus finanziellen Gründen scheitern.

"Die, die sich bisher nicht trauten, als Kleinstfamilie zu feiern oder die es sich schlicht nicht leisten können, haben sich einladen lassen und sind gekommen", bilanzierte vor wenigen Wochen auch der rheinische Präses und EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider.

Der Kirche ist mit dem "Jahr der Taufe" gelungen, eines ihrer Kernthemen in die Öffentlichkeit zu bringen. In Zeitungen, im Teletext oder im Internet sei die Taufe ein häufig diskutiertes Thema gewesen, sagt Latzel. Zu den Angeboten des Themenjahres gehörten nicht nur große Tauffeste, sondern auch Taufererinnerungsgottesdienste, Glaubenskurse und Taufunterweisungen. Das "Jahr der Taufe und der Freiheit" war eines der Themenjahre der Lutherdekade, die auf das 500-Jahr-Jubiläum der Reformation im Jahr 2017 hinweist. Das kommende Themenjahr widmet sich unter dem Motto "Reformation und Musik" der Kirchenmusik.

Zusammen mit dem Abendmahl gehört die Taufe zu den wichtigsten Ritualen in der Kirche. Sie ist praktisch die Eintrittskarte in den Glauben. "Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser", schrieb bereits der Reformator Martin Luther (1483-1546) im Jahr 1529 in seinem "Kleinen Katechismus". Sie sei "das Wasser in Gottes Gebot gefasst und mit Gottes Wort verbunden". Wer getauft sei, gehöre zu Gott, erläutert der westfälische Präses Buß. Jesus selbst machte sich nach den Überlieferungen der Bibel von Galiläa aus auf den Weg, um sich von dem Wüstenprediger Johannes dem Täufer in das Wasser des Jordans tauchen zu lassen.

Die anfängliche Sorge mancher Gemeinde, zentrale Tauffeste der Kirchen führten zu einer "Eventisierung" der Taufe, hält Latzel für unbegründet. "Die Feste sind eine Wiederentdeckung von urchristlichen oder altkirchlichen Formen", ist der Oberkirchenrat überzeugt. Schließlich sei auch in der Bibel oftmals die Rede davon, dass jemand sein ganzes Haus taufen lasse. "Das ist eine tiefe Gemeinschaftserfahrung, von der man später auch positiv erzählen kann."

Die Anstrengungen, Taufe attraktiver zu machen, werden nach einhelliger Meinung in der Kirche weitergehen, auch wenn das Themenjahr offiziell beendet ist. "Das war keine 'Einjahresfliege'", ist Latzel überzeugt.

www.gottesgeschenk.info; www.geistreich.de

21. Dezember 2011