Kirchen kritisieren Bundesregierung für gestiegene Waffenlieferungen

Alternativer Rüstungsexportbericht vorgelegt

Angesichts gestiegener Rüstungslieferungen auch in Krisenregionen sehen die beiden großen Kirchen die Gefahr, dass Waffenexporte zu einem wichtigen Pfeiler der deutschen Außenpolitik werden. Es sei "ein gefährlicher Trugschluss" zu glauben, dass Lieferungen von Kriegsgerät zur Stabilisierung beitragen könnten, kritisierte am Montag in Berlin der Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beim Bund, Prälat Bernhard Felmberg.

Zusammen mit seinem katholischen Amtskollegen Karl Jüsten stellte er den diesjährigen Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) vor. In dem 112-seitigen Papier kommentieren die beiden großen Kirchen den Mitte November von der Bundesregierung vorgelegten Rüstungsexportbericht 2011.

Demnach hat sich die Zahl von Waffenlieferungen in Staaten mit einer bedenklichen Menschenrechtssituation innerhalb eines Jahres von 48 auf 64 erhöht. 9,3 Prozent aller Einzelausfuhrgenehmigungen haben nach Interpretation der Bundesregierung Entwicklungsländer betroffen (2010: 7,7 Prozent). Lege man allerdings die international gültige OECD-Ländereinstufung zugrunde, erreiche dieser Anteil sogar 21,2 Prozent.

Mit 42 Prozent entfalle mittlerweile fast die Hälfte aller Ausfuhrgenehmigungen auf Staaten außerhalb von NATO und EU. "Aus der Ausnahme scheint eine Regel geworden zu sein", sagte der katholische GKKE-Vorsitzende Jüsten. Auch das Ausfuhrvolumen in diese Drittstaaten sei 2011 um rund 70 Prozent auf knapp 2,3 Milliarden Euro gestiegen. Hauptabnehmer waren die Vereinigten Arabischen Emirate, Singapur, Irak und Algerien.

Eine Politik, die mit der Aufrüstung autoritärer Staaten etwa im arabischen Raum "Stabilitätsanker" schaffen wolle, greife zu kurz und übersehe die Probleme, die von Waffenlieferungen ausgehen können, fügte sein evangelischer Kollege Felmberg hinzu: "Nichtdemokratische Staaten können Kriegswaffen für interne Repression einsetzen." Auch seien Entwicklungen in autoritären Regimen kaum vorhersehbar.

Als bedauerlich werteten die Kirchen, dass ungeachtet aller Kritik der Vorjahre die Bundesregierung weiter das Geschäftsrisiko von Rüstungsexporteuren auf die Schultern der Steuerzahler verlege. Der Anstieg der Hermes-Kreditbürgschaften sei im vergangenen Jahr angesichts von U-Boot-Lieferungen an die Türkei "extrem hoch" ausgefallen.

Deutschland stand nach Angaben des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI im vergangenem Jahr mit neun Prozent an dritter Stelle der weltweit größten Rüstungsexporteure. Die USA hatten einen Marktanteil von 30 Prozent, Russland von 24, Frankreich von acht und Großbritannien von vier Prozent. Nach Berechnungen des Bonner Internationalen Konversionszentrum (BICC) beliefen sich die Einzelausfuhrgenehmigungen für deutsche Rüstungsexporte auf 5,4 Milliarden Euro. 2010 hatten sie noch knapp 4,8 Milliarden Euro betragen.

In der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) haben sich die beiden großen Kirchen zusammengeschlossen, um in Fragen der Nord-Süd-Politik öffentlich Stellung zu nehmen. Der alternative Rüstungsexportbericht wurde in Zusammenarbeit mit dem BICC erarbeitet.

www.gkke.de

10. Dezember 2012