Bischof Hein: Zwischen Hirntod und Tod ist genau zu unterscheiden

Frankfurt a.M./Kassel (epd). Im Ethikrat besteht nach Darstellung des evangelischen Bischofs Martin Hein Einigkeit, dass der Hirntod eines Menschen die notwendige Bedingung für eine Organentnahme ist. Allerdings gebe es unterschiedliche Auffassungen in der Frage, ob das unumkehrbare Erlöschen aller Hirnfunktionen ein sicheres Todeszeichen sei, sagte Hein in einem epd-Gespräch. Der evangelische Theologe war im November in das unabhängige Sachverständigengremium berufen worden. In der am Dienstag veröffentlichten Ethikrats-Stellungnahme zu "Hirntod und Entscheidung zur Organentnahme" unterstützt er eine Minderheitenmeinung, die den Hirntod als unumkehrbaren Beginn eines Sterbeprozesses bewertet. 

Für die Mehrheit der Ethikratsmitglieder ist der Hirntod ein sicheres Todeszeichen. Die sieben Vertreter der Minderheitsposition wollten deutlich machen, dass zwischen Hirndtod und Tod genau zu unterscheiden sei, sagte Hein. Es gehe um Leben als Zusammenspiel des ganzen Organismus. "Selbst nach Feststellung des Hirntods verfügt der menschliche Organismus mit Hilfe der Intensivmedizin über vielfältige Funktionen. Man kann sagen: In gewisser Hinsicht 'lebt' er." Der Theologe verwies auf Fälle, wonach bei Hirntoten Schwangerschaften erfolgreich verlaufen seien.

"Die Organentnahme erfolgt in der Phase zwischen irreversiblem Hirntod und dem 'eigentlichen' Tod, der ohne intensivmedizinische Unterstützung und Organentnahme längst eingetreten wäre. Das ist der entscheidende Differenzpunkt." Im Hinblick auf Organtransplantation müsse man sich deshalb bewusst machen, "dass die Entnahme von Organen - vereinfacht gesagt - aus einem 'lebenden' Körper erfolgt", argumentiert der kurhessische Bischof. Es handele sich aber um keine Tötung, sofern der Eingriff dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspreche. Aufgrund dieser Willensäußerung griffen Ärzte "in die allerletzte Sterbephase ein".

Hinter unterschiedlichen Standpunkten der evangelischen und katholischen Vertreter im Ethikrat lassen sich keine Bruchlinien "konfessioneller Art" vermuten, wie Hein sagte. "Es geht um divergierende, jeweils gut begründete Einschätzungen."

24. Februar 2015