Ökumene-Experte: Weltkirchenrat hat in 75 Jahren viel erreicht

Kai Funkschmidt

Kai Funkschmidt, Wissenschaftlicher Referent im Konfessionskundlichen Institut Bensheim (Foto vom 05.11.2017). Der vor 75 Jahren gegruendete Weltkirchenrat hat nach Ansicht des Oekumene-Experten Kai Funkschmidt viel zum Abbau der Spannungen zwischen den Kirchen beigetragen. 

Bensheim (epd). Der vor 75 Jahren gegründete Weltkirchenrat hat nach Ansicht des Ökumene-Experten Kai Funkschmidt viel zum Abbau der Spannungen zwischen den Kirchen beigetragen. „Die ökumenische Bewegung hat große Erfolge vorzuweisen“, sagte der Wissenschaftliche Referent für Anglikanismus und Weltökumene am Konfessionskundlichen Institut im südhessischen Bensheim dem Evangelischen Pressedienst (epd). An der kirchlichen Basis sei vieles vorhanden, „was wir heute für selbstverständlich nehmen, aber was vor 50 Jahren undenkbar gewesen wäre“.

Am 23. August 1948 schlossen sich Christen aus aller Welt zum Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) zusammen. Heute sei der Einfluss des ÖRK auf die ökumenische Bewegung aus seiner Sicht allerdings längst nicht mehr so stark wie etwa noch vor rund 40 Jahren, bilanzierte Funkschmidt: „Damals ging es dem ÖRK besser als heute, war er wichtiger, hat vieles bewirkt“. Der Weltkirchenrat sei damals insgesamt mehr wahrgenommen worden.

Im 20. Jahrhundert „lag es in der Luft, dass die Kirchen sich annähern“, fügte der evangelische Pfarrer hinzu: „Wir haben mit dieser großen Hoffnung gelebt, es geht jetzt wirklich voran“, erklärte der 1963 geborene Funkschmidt etwa mit Blick auf das Anfang der 1980er Jahre von einer ÖRK-Kommission vorgelegte „Lima-Dokument“, das Hoffnung auf ein gemeinsames Abendmahl weckte, aber in der ökumenischen Bewegung heute in den Hintergrund getreten ist.

„Wir haben uns Hoffnungen gemacht, die nicht immer ausreichend an der Wirklichkeit abgeglichen waren“, räumte Funkschmidt ein. Diese Enttäuschung sei dann oftmals „in Desinteresse am ÖRK umgeschlagen“. Aber es habe auch konkrete Aufbrüche gegeben, etwa die ökumenischen Zentren in vielen Landeskirchen, wo etwa Katholiken und Protestanten sich eine Kirche teilen. Das Anti-Rassismus-Programm des ÖRK gilt heute unter Historikern als wichtiger Beitrag zum Ende der Apartheid in Südafrika.

Als Zukunftsthemen des ÖRK benannte Funkschmidt die Bereiche Ökologie und Klimagerechtigkeit, „weil das alle Kirchen, alle Menschen betreffen wird“. Er vermute auch, dass der Konflikt mit der islamischen Welt eher zunimmt. Die Frage sei, was der ÖRK als christliche Vereinigung zu aktuellen Themen beisteuern könne, „was genuin christlich ist und nicht nur eine Wiederholung dessen, was in der politischen Sphäre ohnehin diskutiert wird.“

Das sei seines Erachtens eine Überlebensfrage des ÖRK: „Hat der Weltkirchenrat zur Klimafrage etwas zu sagen, was nicht ohnehin in den politischen Gremien besprochen wird. Ich bin da nicht so sicher.“ Äußerungen des ÖRK zu wirtschaftsethischen oder wirtschaftspolitischen Fragen mangele es zudem oft an Sachverstand. Daher müsse sich der Rat auf seine Kernkompetenz besinnen, führte Funkschmidt weiter aus. Er müsse sich nicht zu allem äußern. Er rate den Verantwortlichen daher: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“

Das 1947 gegründete Konfessionskundliche Institut an der hessischen Bergstraße ist das ökumenewissenschaftliche Arbeitswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ziel ist nach eigenen Angaben die ökumenische Verständigung wie auch die Konturierung des evangelischen Profils.

epd-Gespräch: Stephan Cezanne