Talk-Show „Anne Will“: Schlagabtausch über Widerspruchslösung bei Organspenden

Früherer EKD-Ratsvorsitzender Wolfgang Huber äußert Bedenken gegen aktuellen Gesetzentwurf

OP-Besteck im Vordergrund vor operierenden Ärzten

In Deutschland gibt es viel zu wenig Spenderorgane für Transplantationen.

Berlin (epd). Die niedrige Zahl von Organspendern in Deutschland lässt sich nach Auffassung von SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach nur mit der Einführung der Widerspruchslösung deutlich reduzieren. Lauterbach machte sich in der ARD-Talkshow „Anne Will“ am 9. September erneut für die Initiative von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stark, der bei Organspenden die sogenannte doppelte Widerspruchslösung erreichen will. Die 17 europäischen Länder, die höhere Spenderzahlen aufweisen als Deutschland, setzten allesamt auf dieses Modell, betonte Lauterbach. Bedenken gegen diesen Schritt äußerte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber.

Diskussion um die doppelte Widerspruchslösung

Bei der doppelten Widerspruchslösung kann sich jeder Bürger ausdrücklich dagegen aussprechen, dass ihm nach seinem Tod Organe entnommen werden. Liegt keine Erklärung vor, haben die Angehörigen – als doppelte Schranke – die Möglichkeit, einer Organentnahme bei dem Verstorbenen zu widersprechen. Ist auch dies nicht der Fall, wird das Schweigen als Zustimmung zur Organentnahme gewertet. Nach geltendem Recht dürfen Organe nur entnommen werden, wenn die Zustimmung dazu ausdrücklich dokumentiert wurde.

Auch der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen sprach sich bei „Anne Will“ für die Widerspruchslösung aus. „Ich bin ein großer Fan davon“, erklärte er in der Sendung. Eine solche Regelung würde den Mehrheitswillen der Bevölkerung ausdrücken. In Erhebungen erklären laut Hirschhausen 85 Prozent der Befragten, Organspenden für eine richtige und gute Sache. Allerdings hätten nur 36 Prozent der Bürger einen Organspendeausweis.

 Geringe Spendenbereitschaft als Ausdruck mangelnden Vertrauens

Altbischof Huber bezeichnete es hingegen als „oberflächlich“ zu glauben, mit einer neuen rechtlichen Regelung werde es gelingen, die Zahl der Menschen, die auf ein rettendes Organ warten, zu reduzieren. Nach seiner Auffassung ist die geringe Spendenbereitschaft vor allem Ausdruck mangelnden Vertrauens in das Transplantationssystem in Deutschland.

Der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach verwies darauf, dass die Bundesregierung mit der Einführung von strengeren Kontrollen im Jahr 2013 auf Skandale in der Transplantationsmedizin reagiert und somit zur Vertrauensbildung beigetragen habe. Der aktuelle Gesetzentwurf des Gesundheitsministers ziele nun darauf ab, die Transplantationsmedizin an den Krankenhäusern strukturell und finanziell zu stärken.