Kleiner Internet-Leitfaden für Kirchengemeinden

(1996, unveröffentlicht)

1. Der Internet-Anschluss

Um Informationen im Internet bereitstellen zu können, braucht man zunächst selbst einen Internet-Anschluß. Diesen bekommt man entweder über die Universitäten oder über die Online-Dienste CompuServe und America Online (AOL) sowie die kommerziellen "Internet Service Provider", die eine direkte Anbindung an das Internet anbieten. Für einen Internet-Anschluß muß man als Privatperson mit 30,- bis 60,- DM im Monat (plus Telefonkosten zum nächstgelegenen Einwahlpunkt) rechnen. Die aktuellen Tarife, die sich rasch ändern, entnimmt man am besten Computerzeitschriften, die regelmäßig über Preisveränderungen im Online-Bereich informieren. Die Gebühren für das Ablegen von Informationen auf den Rechnern der Service Provider oder Online-Dienste differieren erheblich, doch sollte man keinesfalls mehr als 100,- DM im Monat dafür ausgeben.

Die Informationen, die den Benutzern des Internet zur Verfügung gestellt werden sollen, können auf dem heimischen PC oder Mac in der HTML-Sprache, der Programmiersprache des World Wide Web, mit jedem beliebigen Texteditor oder Textverarbeitungsprogramm aufbereitet und dann über das Modem und die Telefonleitung mit FTP (File Transfer Protocol) in das entsprechende Verzeichnis auf den Rechner des Service Providers oder Online-Dienstes transferiert werden.


2. Worauf man bei einer Präsenz im Internet achten sollte

Wie bei jeder Publikation im kirchlichen Bereich, sei es nun der Gemeindebrief, eine Zeitschrift oder Zeitung, eine Presseerklärung oder ein Rundfunkbeitrag, gilt es, die Eigenarten des jeweiligen Medium zu beachten. So auch beim Internet:

  1. Die Informationen, die bereitgestellt werden sollen, müssen klar strukturiert sein. Ein wildes Sammelsurium von Texten, Bilder und Tabellen, die unstrukturiert nebeneinander stehen, verwirren den Leser eher als das sie ihm helfen, etwas über Ihre Gemeinde zu erfahren. Eine wohlüberlegte Strukturierung der Informationen ist unerläßlich, bevor man sich ins World Wide Web begibt.

  2. Das Internet lebt - wie andere Medien auch - von der Aktualität: Wenn an Pfingsten immer noch die Silversterpredigt des Pfarrers auf der Startseite vorhanden ist, ist das Angebot tot. Kein Mensch ruft noch einmal diese Seite auf. Wer ein Internet Engagement plant, sollte sich vorher überlegen, ob er es schafft, die Daten auch in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren.

  3. Das Internet ist ein sehr kommunikatives Medium: Einige Benutzer im Internet wollen sicher den Kontakt zu Ihnen aufnehmen und erwarten dann auch eine Antwort. Wenn Sie ein Kommunkationsangebot machen ("Schreiben Sie uns...") muß auch sichergestellt sein, daß die eingehenden elektronischen Briefe auch beantwortet werden.

  4. Ihr Angebot wird im Internet nur gefunden, wenn die Menschen, die es erreichen soll, auch wissen, daß es dieses Angebot im Internet gibt. Die Mitteilung und Verbreitung Ihrer Internet-Adresse über die herkömmlichen Kommunkationswege der Öffentlichkeitsarbeit ist darum unverzichtbar. Außerdem sollten Sie dafür sorgen, daß auf möglichst vielen anderen Servern (z. B. regionalen oder lokalen Informationssystemen) Verweise auf Ihr Angebot geschaltet werden und Ihre Daten auch bei den großen Such-Maschinen im Internet registriert werden.

  5. Die meisten Benutzer im Internet sind zur Zeit überwiegend junge Menschen zwischen 15 und 35 Jahren. Achten Sie darauf, daß Sie die Informationen interessant und das Design der Seiten möglichst ansprechend gestalten. Langweile Seiten gibt es im Internet genug. Nur wenn sich die kirchlichen Angebote inhaltlich und gestalterisch von der Masse der Informationen positiv abheben, haben die Angebote eine Chance, von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

  6. Weil viele einzelne Informationsseiten von den Nutzern zu Hause ausgedruckt werden und viele Angebote im Internet von zweifelhafter Qualität oder Herkunft sind, ist es wichtig, auf jeder Seite das eigene Logo (oder den Namen der Institution, Gemeinde oder Dienststelle), die Postanschrift, Telefon- und Faxnummer sowie eine E-Mail-Adresse anzugeben.

3. Konsequenzen

Zu übereilten Entscheidungen besteht gegenwärtig kein Anlaß: Erst wenige Menschen verfügen über einen Internet-Zugang. Planen Sie lieber ihr Internet Engagement sorgfältig, bevor der Start in diesen öffentlichen Kommunikationsraum mißlingt: Sammeln sie erst einige Erfahrungen als Nutzer dieses Mediums, vergleichen Sie die Preise der verschiedenen Provider, sprechen Sie sich mit anderen Kirchengemeinden und den kirchlichen Koordinationsstellen ab. Auch wenn das Internet heute noch kein Massenmedium ist, so ist es doch jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich Medium vertraut zu machen und Erfahrungen zu sammeln, um in der Zukunft eine qualifiziertes kirchliches Angebot im Internet präsentieren zu können.

Für die Präsenz einer Gemeinde im Internet gelten die gleichen Standards wie für einen guten Gemeindebrief: Die Inhalte müssen aktuell, interessant, zielgruppenspezifisch und mit der Gemeinde identifizierbar sein. Design und Layout sollten nicht nur dem Stand der Technik entsprechen sondern auch ansprechend und einladend wirken. Im Unterschied zum Gemeindebrief - und das sind die Chancen und Herausforderungen dieses neuen Mediums - können die interaktiven Möglichkeiten des Internet dazu genutzt werden, auch mit Menschen direkt in Kontakt zu kommen, die nicht regelmäßig die Veranstaltungen einer Gemeinde frequentieren: über E-Mail und und Diskussionsforen, in denen Gemeinde zur Kommunikation einlädt. Der Klick mit der Maus auf einen E-Mail-Button fällt vielen Menschen leichter als der Gang zum sonntäglichen Gottesdienst oder zu einem Seelsorgegespräch mit dem Pfarrer oder Pastor. Beides kann das Internet nicht ersetzen, aber die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme ist sicher geringer.

Autor: Dr. Matthias Schnell