Stellungnahme der EKD zum „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ der Rundfunkkommission der Länder vom November 2021

Frankfurt am Main, den 12. Januar 2022
 

  1. Die EKD begrüßt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Angebot für alle unterbreiten muss und niemanden in der Gesellschaft ausschließen soll. Damit wird ein der evangelischen Kirche wichtiges Anliegen der Teilhabe aller Menschen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder ihren wirtschaftlichen Verhältnissen erfüllt. Der Auftrag, ein Angebot für alle bereitzuhalten, schließt ein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf den analogen wie den digitalen Ausspielwegen sowohl eigene redaktionelle als auch in der inhaltlichen Verantwortung der Kirchen stehende Angebote zu Religion und Verkündigung bereithält.
     
  2. Die EKD befürwortet, dass Kultur- und Informationsangebote ebenso wie Bildungs-, Beratungs- und Unterhaltungsangebote den Besonderheiten eines gemeinwohlorientierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entsprechen haben – so wie dies bereits bisher staatsvertraglich verankert ist. Dies gilt für den Hörfunk und das Fernsehen ebenso wie für die Telemedienangebote. Unterhaltungsangebote vom Spielfilm über das Quiz bis zur Comedy bieten die Möglichkeit, komplizierte gesellschaftlich relevante Sachverhalte – religiöse Inhalte eingeschlossen – besser zu verstehen, politische Information und kulturelle Bildung zu vermitteln und auch einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte dabei die Chance mutig wahrnehmen, die Vielfalt der Genres – Kulturmagazine und Dokumentationen inbegriffen – auch zur Primetime im linearen Ausspielweg und prominent platziert in den Telemedienangeboten zu zeigen. Der durch Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts normierte ganzheitliche Programm- und Telemedienauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Sinne einer Angebotsvielfalt kann auch vom Gesetzgeber nicht in mehr oder weniger relevante Bestandteile gegliedert werden. Die EKD betont die Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Blick auf die Herausforderungen der Digitalisierung.
     
  3. Im Diskussionsentwurf werden den Aufsichtsgremien weitergehende und über das bisherige Aufgabenspektrum hinausgehende Pflichten zugewiesen. Sie sollen den Rundfunkanstalten Zielvorgaben zur Einhaltung des Auftrags setzen. Hierzu soll die Setzung inhaltlicher und formaler Qualitätsstandards sowie die Überprüfung von deren Einhaltung gehören. Dieser Regelungsvorschlag geht insbesondere bei der Setzung solcher Standards über die bisherigen Anforderungen an Gremienmitglieder hinaus und berührt das Zusammenspiel der Organe der Rundfunkanstalten in ihren jeweiligen Zuständigkeiten. Die EKD begrüßt das Vorhaben, programm- und angebotsstrategische Debatten in den Rundfunkanstalten mit den Aufsichtsgremien zu stärken. Die Kenntnisgabe derartiger Leitlinien an die Landtage soll eine über das finanzielle hinausgehende, sachlich-fachliche qualitätsorientierte Diskussion ermöglichen und darf nicht zu inhaltlichen Vorgaben von dort führen.

    Die EKD befürwortet, dass die Aufsichtsgremien für ihre Aufgaben auf wissenschaftliche Expertise und die Arbeit unabhängiger Institute zurückgreifen können – so wie den Gremien dies bisher bereits nicht verwehrt ist und von ihnen bereits praktiziert wird. Sie begrüßt, dass die Anstalten sich künftig in einem kontinuierlichen Dialog mit der Bevölkerung zu Qualität, Leistung und Fortentwicklung austauschen sollen, zumal diese Kategorien durchaus vorzeigbare Ergebnisse bieten. Ein solcher Dialog wird von vielen Anstalten bereits durch Publikumshearings, Dialogforen bei Programmpräsentationen und in Pilotprojekten zum Bürgergespräch gesucht. Die Kompetenzen der Aufsichtsgremien als staats- und gruppenferne unabhängige Sachwalter:innen der Allgemeinheit dürfen durch die gesetzliche Fixierung dieser Bemühungen aber nicht beschnitten werden.
     
  4. Die programminhaltlichen Selbstverpflichtungserklärungen von ARD und ZDF sind für den Prozess einer wirksamen Gremienberatung und nachfolgenden Angebotskontrolle eine sinnvolle Orientierung. Der Diskussionsentwurf sieht in § 31 2c darüber hinaus vor, dass die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) mit den Rundfunkanstalten und deren Aufsichtsgremien gemeinsame Maßstäbe zu einer besseren Überprüfbarkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung festsetzen soll. Hierzu ist anzumerken, dass die KEF eine klar definierte Rolle mit Berichtspflichten an die Länder hat. Die Überprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung fällt in die Kompetenz der Aufsichtsgremien der Anstalten, die sich dafür bei Bedarf auch beraten lassen können. Vorgaben zu Selbstverpflichtungen im finanziellen Bereich im Rahmen des hier vorliegenden Diskussionsentwurfs zum Auftrag der Rundfunkanstalten sieht die EKD kritisch, zumal die Kontrolle der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Anstalten durch die dazu vorhandenen Gremien gewissenhaft verfolgt. Die Finanzierung folgt verfassungsrechtlich aus dem Auftrag und kann aufgrund regionaler oder nationaler Besonderheiten in den Kostenstrukturen einzelner Angebote durchaus unterschiedlich ausfallen. 

    Der Gesetzgeber sollte sich bewusst sein, dass eine Stärkung der Kompetenzen der Gremien auch eine personelle Untersetzung ihrer Geschäftsstellen nach sich ziehen wird und eine Bereitschaft der Gremienvertreter:innen zu Weiterbildung und weiterer intensiver Befassung mit den Programminhalten einschließen muss. Der Diskussionsentwurf berührt auch die sogenannten Drei-Stufen-Tests, die aus europarechtlichen Vorgaben entspringen. Hierzu sei angemerkt, dass diese Tests in ihrer Ausgestaltung insgesamt sehr umfangreich und teilweise auch kostenintensiv sind. Der Gesetzgeber bleibt gebeten, hier eine adäquate Regelung zu finden.

  5. Auch der KiKA als öffentlicher-rechtlicher Kinderkanal soll dem Diskussionsentwurf zufolge eine Flexibilisierungsoption erhalten. Der EKD ist wichtig, dass dieses Fernsehprogramm als uneingeschränkt weiter beauftragt gilt. Kinder und Familien ohne Zugang zu Online-Medien müssen weiter von diesem Qualitätsangebot erreicht werden und von dort redaktionell-pädagogische Inhalte und Empfehlungen erhalten können. Zugleich soll mit der Flexibilisierungsoption der digitalen Weiterentwicklung Rechnung getragen werden. Sofern die federführende Anstalt den mitbestimmenden Gremien eine Überführung in ein reines Onlineangebot anzeigen sollte, werden die von der EKD bzw. den Landeskirchen entsandten Vertreter:innen als Sachwalter:innen der Allgemeinheit ein besonderes Augenmerk auf Aspekte wie Teilhabegerechtigkeit, Pädagogik und auch religiöse Wissensvermittlung haben.

     

    Dr. Dr. h.c. Volker Jung
    Kirchenpräsident und Mitglied des Rates
    der Evangelischen Kirche in Deutschland    
     



    Die vorliegende Stellungnahme wurde von Kirchenpräsident Dr. Dr. h. c. Volker Jung als Aufsichtsratsvorsitzender des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Pubilzistik (GEP) unterzeichnet.

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Stellungnahme der EKD zum Medienstaatsvertrag