Synodenpräses Schwaetzer würdigt die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren

Bedauern über Versäumnisse in der kirchlichen Gleichstellungsgeschichte

Präses der EKD-Synode Irmgard Schwaetzer

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer.

Berlin/Hannover. Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, hat die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren als wichtigen Meilenstein bezeichnet. Die frühere FDP-Politikerin, die an der Spitze des Kirchenparlaments der EKD steht, würdigte anlässlich des Jahrestages das Engagement der Vorkämpfer für die Gleichstellung von Mann und Frau. „Den mutigen Frauen, die sich vor mehr als 100 Jahren für das Wahlrecht von Frauen eingesetzt haben, sind bis heute unzählige Frauen und später auch Männer gefolgt, die nicht hinnehmen wollten, wenn Menschen aufgrund ihres Geschlechts unterschiedliche Rechte haben“, hob sie hervor.

„Dieses Kapitel kirchlicher Gleichstellungsgeschichte kaum im Blick“

Zugleich bedauerte Schwaetzer Versäumnisse in der kirchlichen Gleichstellungsgeschichte: „Obwohl die Wahlrechtsfrage in der evangelischen Kirche nicht nur in der Kaiserzeit erregte Debatten und Wortmeldungen auslöste, sondern in einigen Landeskirchen noch bis in die 1960er Jahre diskutiert wurde, ist dieses Kapitel kirchlicher Gleichstellungsgeschichte im allgemeinen kirchlichen Bewusstsein kaum im Blick“, erklärte die Synodenpräses.

Dieses Kapitel der Kirchengeschichte werde nun vom Studienzentrum der EKD für Genderfragen und der Konferenz der Genderreferate und Gleichstellungsstellen in den Landeskirchen beleuchtet. Der zweite Ergänzungsband zum „Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der evangelischen Kirche in Deutschland“ befasse sich mit der Entwicklung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts in der evangelischen Kirche.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland gewürdigt. Dies sei eine „fundamentale politische Entscheidung, die zur Gleichberechtigung von Mann und Frau wesentlich und unabdingbar war“, sagte Merkel in ihrem Video-Podcast.

Mit einem Festakt ist am 12. November in Berlin an die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren erinnert worden. Politikerinnen wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Katarina Barley (beide SPD) forderten die Einführung einer Frauenquote im Bundestag. Dass die Hälfte der Bevölkerung weiblich sei, solle sich auch im Parlament widerspiegeln, sagte Giffey bei dem Festakt mit 350 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Ziel müsse die Parität von Frauen und Männern in den deutschen Parlamenten sein.

Gleiche Teilhabe noch keine Selbstverständlichkeit

Derzeit seien in keinem Parlament in Deutschland Frauen gleichberechtigt vertreten, sagte Giffey. Im Bundestag sei der Frauenanteil nach der vergangenen Wahl sogar um sechs Prozentpunkte auf 31 Prozent gesunken und habe damit den Stand von vor 20 Jahren. Sie betonte, gleiche Teilhabe von Frauen und Männern seien immer noch keine Selbstverständlichkeit und müssten immer wieder neu erkämpft werden. Dabei gehe es um gleichen Lohn für gleiche Arbeit, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und den Schutz vor Gewalt.

Am 12. November 1918 hatte die Revolutionsregierung aus SPD und USPD, der Rat der Volksbeauftragten, das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen im Deutschen Reich verkündet. Am 30. November 1918 trat das Reichswahlgesetz mit dem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen in Kraft. Frauen durften erstmals am 19. Januar 1919 an der Wahl der verfassunggebenden Nationalversammlung teilnehmen.

epd/ekd.de


Der Ergänzungsband mit dem Titel  „Frauenwahlrecht in der Kirche“ erscheint Anfang 2019 und kann im Studienzentrum für Genderfragen unter info@sfg.ekd.de vorbestellt werden.