Eindrückliche und erschütternde Zeitzeugnisse
80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs
Evangelisches Archiv Baden und Württemberg macht hunderte „Kriegschroniken” württembergischer Kirchengemeinden online zugänglich

Die Stuttgarter Leonardskirche 1945.
Stuttgart. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945. Das Evangelische Archiv Baden und Württemberg (EABW) hat dazu aus seinem Bestand hunderte historische Kriegschroniken württembergischer Kirchengemeinden online zugänglich gemacht – einzigartige Zeitzeugnisse zur Kriegs- und Nachkriegszeit im deutschen Südwesten. Zahlreiche württembergische Pfarrer dokumentierten in diesen Texten die letzten Tage des NS-Regimes in den Gemeinden sowie das Geschehen der Nachkriegszeit.
Das neue kostenfreie Online-Angebot des EABW richtet sich nicht nur an zeitgeschichtlich Interessierte, sondern auch an Personen, die in ihren Kirchengemeinden und Heimatorten entsprechende Bildungs- und Gedenkveranstaltungen rund um den 80. Jahrestag des Kriegsendes planen. Insgesamt erlauben die „Kriegschroniken” für zahlreiche Orte im evangelischen Württemberg detaillierte Einblicke in geschichtliche Ereignisse und persönliche Erfahrungen vor, während und nach dem Kriegsendejahr 1945. Sie stellen daher einen besonderen Quellenschatz für die lokale und regionale Geschichtsschreibung dar, können aber auch für Unterrichtszwecke und in der Erinnerungsarbeit gewinnbringend eingesetzt werden.
Im April 1947 hatte die württembergische Kirchenleitung angeordnet, flächendeckend für jede evangelische Gemeinde im Gebiet der Landeskirche die Zeit des Nationalsozialismus, des Kriegs und der Besatzung in sogenannten „Kriegschroniken” genau zu dokumentieren. Die häufig von den Ortspfarrern erstellten Kriegs(ende)berichte lieferten in der Folge oft eindrückliche, zum Teil erschütternde Zeitzeugnisse: In ihren subjektiven Aufzeichnungen ging es etwa um das Ausmaß der Kriegszerstörungen, um das Kampfgeschehen und die militärische Einnahme der Städte und Dörfer, den Einmarsch US-amerikanischer und französischer Truppen, das Verhalten der Besatzungssoldaten, um Beschlagnahmungen, Plünderungen und Vergewaltigungen, aber auch um Rettung und Bewahrung. Dabei spielen immer auch die Sichtweisen und Haltungen der jeweiligen Berichterstatter einer Rolle, so dass die „Kriegschroniken”, wie alle Zeitzeugenberichte, perspektivisch gefärbt sind. Bis zum Abschluss der Aktion im Jahr 1957 kamen auf diese Weise rund 250 „Kriegschroniken” zusammen. Der Umfang der einzelnen Kriegs(ende)berichte reicht von einer Seite bis 260 Seiten in unterschiedlicher Qualität.
Service und Information
Die mit mehr als 7.000 Einzelaufnahmen vollständig digitalisierten „Kriegschroniken“ evangelischer Kirchengemeinden Württembergs stehen ab sofort im Online-Angebot des EABW zur kostenfreien Nutzung bereit. Mit Hilfe einer intuitiven Kartenansicht können dort alle Digitalisate der „Kriegschroniken“ schnell aufgefunden, eingesehen und bei Bedarf heruntergeladen werden.