FrauenFestTag: Reformation und Kirche im weiblichen Gewand

Programm zur Themenwoche "Familie, Lebensformen, und Gender" in der Weltausstellung Reformation

500 Frauen im Talar sollen am 12. August in Wittenberg zum FrauenFestTag zusammenkommen, dazu weitere Gäste aus aller Welt.  Ein Frauenmahl auf dem Wittenberger Markt ist einer der Höhepunkte Programms, das unter dem Motto Hier stehen wir den weiblichen Blick auf Reformation und Kirche aufzeigen soll.

Frauenmahl auf dem  Kirchentag 2017 in Berlin
Ein Frauenmahl wie auf dem Kirchentag in Berlin soll es auch zum FrauenFestTag in Wittenberg geben.

Eine Vielfalt an Perspektiven auf die Reformation und ihre Folgen – das will die "Weltausstellung Reformation" in Wittenberg noch bis September bieten. Eine dieser Perspektiven ist die weibliche: Am 12. August soll sie deutlich sichtbar werden. So wünschen es sich die Verantwortlichen, die zu einem „FrauenFestTag“ in die Lutherstadt einladen. Federführend für die Ausrichtung sind die Evangelischen Frauen in Deutschland. Durch gezielte Einladungen an Referentinnen und Partnerorganisationen soll der Tag eine internationale Dimension bekommen.

Frauenmahl an der großen Tafel auf dem Wittenberger Markt

Kern des Programms ist ein sogenanntes „Frauenmahl“ – ein Format, das im Rahmen der Reformationsdekade entstanden ist. Orientiert an der überlieferten Tischgemeinschaft im Hause Luther treffen sich Frauen zu einem festlichen Essen, sprechen über die Zukunft von Religion und Kirche und ihre Rolle dabei. „Wir haben hier seit 2012 schon mehrfach Frauenmahle gefeiert“, berichtet Pfarrerin Carola Ritter von den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland. So etwas auch auf der Weltausstellung zu tun, war der Ursprungsimpuls: Am 12. August um 15 Uhr wird auf dem Wittenberger Markt an die große Tafel geladen. Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann, die Fernseh-Köchin Sarah Wiener und die Reformationsbotschafterin des Rates der EKD, Margot Käßmann, sollen dort dabei sein und auch sprechen.

Überblick und Ausblick

Der Tag soll die wichtige Rolle von Frauen bei der Reformation und in der Entwicklung der Kirchen bewusst machen. Bei einem Besuch in Wittenberg 2015 hätten afrikanische Frauen unter den zahllosen Gedenktafeln zur Reformationszeit in der Stadt lediglich zwei entdeckt, die an Frauen erinnern, berichtet Ritter. Unter dem Motto „Hier stehen wir“ solle mit dem FrauenFestTag ein Überblick versucht werden. „Was haben wir Frauen aus der Reformationsdekade gelernt und wie gehen wir weiter?“ Diese Frage stellt sich etwa eine Podiumsdiskussion auf der Marktbühne unter dem Titel „Klar, vielfältig, selbstbestimmt? – Frauenleben heute“, die dem Frauenmahl unmittelbar vorausgeht.

Der Tag beginnt mit verschiedenen Bibelarbeiten im Cranachhof und den Torräumen der Weltausstellung. Eine Tanzperformance und der Kreativworkshop „Frauen am Brunnen – Ort der Begegnung“, zum Umgang mit Wasser, weiten das Spektrum ins Künstlerische, ein historischer Stadtspaziergang schlägt den Bogen zurück zur Geschichte des Ortes.

Auch für Männer interessant

Der Vortrag „Gender und Antigender“ taucht mitten hinein in die aktuelle Debatte um Geschlechteridentität und den damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Forderungen. Der Vortrag, Teil einer Tagung der Evangelischen Akademie, wird für die Teilnehmerinnen des Frauenfesttags geöffnet. Und auch sonst sind Überlappungen erwünscht – etwa zum Programm der Themenwoche „Familien, Lebensformen und Gender“, in die der Frauenfesttag eingebunden ist.

Nicht nur Frauen, auch Männer sollen sich interessieren, wie Carola Ritter betont. So war bei der Online-Befragung des Christinnenrates „Reformation ist überall“ neben den „Frauenperspektiven“ auch ihre Meinung gefragt. Wie sieht eine frauengerechte Kirche aus? Statements dazu wurden acht Monate lang gesammelt. Das Ergebnis wird von Margot Käßmann an der Thesentür der Schlosskirche präsentiert.

500 Frauen im Talar

Ein sichtbares Zeichen setzen wollen die Organisatorinnen des Frauenfesttages mit der Aktion „500+“ auf dem Schlossplatz. Ordinierte Frauen sind eingeladen, nach dem Mittagsgebet dorthin zu kommen und sich im Talar zu einem Gruppenfoto zusammenzustellen. „Die Ordination ist eine späte Frucht der Reformation – das wollen wir zeigen“, sagt Carola Ritter und verweist zugleich auf die „sensible Thematik“ angesichts deutlicher Gegenbewegungen etwa in afrikanischen Partnerkirchen oder in Lettland, die Frauenordination abzulehnen oder wieder abzuschaffen. Angesprochen seien nicht allein Pfarrerinnen, sagt Ritter, betont das deutlich breitere Spektrum der Ordinierten und verweist etwa auf die Diakoninnen im Rheinland, Gemeindepädagoginnen in ostdeutschen Landeskirchen oder ordinierte Frauen im Ehrenamt. Die Initiative geht von 50 Pfarrerinnen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland aus. „Und wir hoffen, dass wir mindestens 500 Frauen zusammenbekommen.“

Gäste aus Schweden und Südafrika

Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Stadtkirche schließt der FrauenFestTag. Er soll sich thematisch um das Magnifikat und damit um Maria als eine exemplarische Frauenfigur drehen.

Die Veranstalterinnen hoffen auf breite Resonanz. Man habe sowohl über die deutschlandweiten Netzwerke der Frauenarbeit als auch über den Lutherischen Weltbund zum Besuch in Wittenberg eingeladen und erwarte Gruppen und Einzelbesucherinnen aus den Landeskirchen wie aus den Partnerkirchen in aller Welt, sagt Carola Ritter. „Wir haben ein eigenes Anmelde-Procedere entwickelt, um einen Überblick zu haben“, sagt Ritter,  zwei Monate vor der Veranstaltung lägen schon rund 400 Anmeldungen aus Deutschland, Schweden, der Schweiz, den Niederlanden, Slowakei, Italien Lettland und Südafrika vor.

Jörg Echtler (ekd.de)


Wer zum FrauenFestTag am 12. August nach Wittenberg kommen möchte und insbesondere am Frauenfestmahl und der Fotoaktion „500+“ teilnehmen will, wird gebeten sich per E-Mail anzumelden: frauenfesttag@ekmd.de. Um das Programm besuchen zu können, empfehlen die Veranstalterinnen außerdem Eintrittskarten für die Weltausstellung Reformation zu erwerben: https://r2017.org/shop/
Weitere Informationen zum Programm gibt es auf den Internetseiten der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland. Dort kann man auch einen Newsletter abonnieren.

Einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten der Initiative Frauenmahl bietet die Broschüre „essen.reden.reformieren“. Sie ist zum Preis von 5 Euro beim Studienzentrum für Genderfragen der EKD bestellbar: info@sfg.ekd.de