Rüstungsexportbericht 2010 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)

Statement von Prälat Dr. Bernhard Felmberg, Evangelischer Vorsitzender

 


Bundespressekonferenz 13.12.2010, 12.30 Uhr


Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Vorredner hat sich bereits zur Problematik der schwachen Datenbasis für unseren aktuellen Rüstungsexportbericht geäußert. Aus dem VN-Waffenregister kennen wir die Zahlen der in 2009 von der Bundesregierung genehmigten Ausfuhranträge für kleine und leichte Waffen: sie bewegen sich in etwa auf dem hohen Niveau des Vorjahres. So wurde die Ausfuhr von 34.401 Kleinwaffen genehmigt. Davon gingen 8.363 an Staaten, die nicht der NATO oder der EU angehören bzw. diesen gleichgestellt sind. Wichtigste Abnehmerstaaten waren Saudi-Arabien, wohin 2.500 Sturmgewehre geliefert wurden, Indien, Ägypten, Chile, Serbien, Indonesien und Kuwait. Außerdem wurde der Export von 9.174 leichten Waffen gebilligt. Davon gingen 4.177 an sogenannte „Drittstaaten“. Die größten Abnehmer waren davon Südkorea, Singapur, Kuwait und Jordanien. Wir kennen die destabilisierende und entwicklungshemmende Wirkung dieser Waffen, sie gehören nicht in Konfliktregionen und nicht in Entwicklungsländer, wohin sie legal gelangen- wie wir der Empfängerliste leider entnehmen müssen - und illegal, wie unsere Projektpartner in der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit, etwa aus der DR Kongo oder dem Sudan immer wieder beklagen. Auch sie fordern uns auf, helft uns die Kleinwaffenplage einzudämmen!

Angesichts des hohen Niveaus deutscher Lieferungen von kleinen und leichten Waffen, von Munition und Fertigungsanlagen sollten derartige Exporte nur an Staaten genehmigt werden, die das VN-Aktionsprogramm zur Bekämpfung der (illegalen) Verbreitung dieser Waffen konstruktiv begleiten. Die GKKE erwartet von der Bundesregierung, bei der Genehmigung von Exporten dieser Kategorien die Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU zur Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern vom 8. Dezember 2008 in besonderem Maße zu beachten, um den verhängnisvollen Folgen der Verbreitung bewaffneter Gewalt entgegenzutreten.
Dass die Bundesregierung auch auf Parlamentarische Anfragen hin keine Angaben über den Umgang mit Lizenzen zum Nachbau deutscher Waffen, vor allem von kleinen und leichten Waffen, macht halten wir für nicht akzeptabel. Zumindest sollten die Genehmigungsbehörden präzise Auskünfte über den Sachstand und über die Endverbleibskontrolle geben können.

Außerdem regt die GKKE an, Exportgenehmigungen von kleinen und leichten Waffen mit der Auflage an das Empfängerland zu versehen, sich ebenfalls am VN-Waffenregister zu beteiligen. Das Gleiche hätte auch für die Vergabe von Lizenzen zu gelten. Relevante Abnehmer von kleinen und leichten Waffen aus deutscher Fertigung wie Ägypten oder Saudi-Arabien wirken derzeit nicht am Waffenregister mit. Sie gehören auch zu den Ländern, die dem VN-Aktionsprogramm distanziert, wenn nicht ablehnend gegenüberstehen.

Erfreulich sind die Fortschritte, die im letzten Jahr auf der Ebene der Vereinten Nationen bei der Ausarbeitung eines weltweiten Vertrags zur Kontrolle des Waffenhandels (Arms Trade Treaty, ATT) gemacht wurden. Das für 2012 angestrebte Vertragswerk soll die rechtlichen und sozio-ökonomischen Auswirkungen von Rüstungstransfers ebenso berücksichtigen wie Folgen für regionale Sicherheit und Stabilität. Hier geht es darum, „ein gerechtes System von Richtlinien und Beschränkungen für Waffenexporte zu entwickeln, das auf Zusammenarbeit von Empfänger- und Lieferländern basiert“, wie es bereits 1982 die Palme-Kommission formuliert hatte. Die GKKE begrüßt das bisherige Engagement der Bundesregierung für einen möglichst starken und umfassenden ATT und erwartet, dass sie auch in Zukunft ihr ganzes diplomatisches Geschick und ihr politisches Gewicht dafür in die Waagschale wirft.

In eigener Sache gibt es noch eine andere erfreuliche Entwicklung: Unsere GKKE-Fachgruppe Rüstungsexporte ist zum Träger des Göttinger Friedenspreises für das Jahr 2011 gewählt worden zusammen mit der ökumenischen Kampagne „Ohne Rüstung Leben“. Wir freuen uns über diese Auszeichnung und sehen uns als Kirchen in unserem friedenspolitischen Engagement in ökumenischer Verbundenheit bestätigt. Dieser Preis ehrt in besonderer Weise auch den Vorsitzenden der Fachgruppe Dr. Bernhard Moltmann von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Er ist Motor und Ideengeber des jährlichen Rüstungsexportberichtes und hat darüber hinaus zahlreiche Initiativen zum politischen Dialog, aber auch zur Kooperation mit Kampagnen und Aktionsbündnissen ergriffen.