Ansprache zur Eröffnung des Johannisempfangs in der Französischen Friedrichstadtkirche zu Berlin
Prälat Dr. Bernhard Felmberg
Nach dem Täufer Johannes hat der Johannistag seinen Namen. Der Johannistag liegt zwar in diesem Jahr schon über eine Woche hinter uns, dennoch feiern wir mit Freude heute unseren Johannisempfang.
Johannes der Täufer, das war ein Prediger! Wie er da stand in der Wüste am Jordan. Mit einem Kleid aus Kamelhaaren angetan. Kein schicker Kamelhaarmantel. Nein, ein Fetzen Fell hing an ihm herunter. Notdürftig mit einem Gürtel zusammengehalten. Sein Speiseplan bestand aus Heuschrecken und wildem Honig. Das war es eben, was in der Wüste zu finden war für einen mittellosen Prediger, der sich fernab der Zivilisation bewegte.
Doch sein Erscheinungsbild war noch nicht das Spektakulärste am Täufer Johannes. Was er predigte war noch viel beeindruckender. Den Menschen, die zahlreich zu ihm kamen, prophezeite er den Zorn Gottes, wenn sie nicht Buße täten. Manche von ihnen beschimpfte er gar als „Otterngezücht und Schlangenbrut“. Ach ja! Das sollte einem Prediger heute einmal einfallen. Auch wenn vielleicht gerade in der Finanz- und Wirtschaftskrise manchmal die Versuchung groß ist, Ähnliches zu denken, so führen doch schon viel zartere Hinweise kirchlicher Würdenträger zu medialen Irritationen und Zurechtweisungen von Seiten der wirtschaftlich geprägten Welt.
Joahnnisempfang einerseits und „Otterngezücht“ andererseits. Ein Fest mit ausgewählten Speisen und gutem Wein einerseits und Kamelhaarfetzen und wildem Honig andererseits: Wie passt das zusammen?
Nun, die Sache ist gar nicht so widersprüchlich. Der Täufer war nicht nur ein mahnender Bußprediger. Er war mit Jesus von Nazareth verwandt. Mehr noch: Der Täufer war der erste Mensch, der verkündigte, wer in Jesus zu uns Menschen kommt. Etwas ganz Neues und Unerhörtes beginnt mit Johannes dem Täufer. Er ist derjenige, der dem Neuen den Weg bahnt. Der auf das Neue hinweist.
Viele von Ihnen kennen den Isenheimer Altar des Matthias Grünwald im Musée d´Unterlinden in Colmar. Und wer nicht, der kann kurz einen Ausschnitt auf unserem Ablaufheft erblicken.
Wie er da steht, der Täufer Unnachahmlich. Links neben dem Kreuz Jesu. Im knallroten Gewand. Zu seinen Füßen das Lämmchen Gottes mit Kreuzstab und Abendmahlskelch. Auf dem linken Unterarm die Heilige Schrift aufgeschlagen. - Und mit dem Zeigefinger der rechten Hand weist der Täufer auf den Gekreuzigten. Lang ist dieser Finger, sehr, sehr lang. Ein Finger, der die Aufmerksamkeit des Betrachters ganz vom Täufer abzieht. Ein Finger, der den Blick auf den gekreuzigten Jesus lenkt. Es ist deutlich: Hier dient einer als Wegweiser, der von sich sagt: „Ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen.“ Johannes der Täufer: ein Prediger also, der seine Worte, ja, überhaupt alles, was er tat, in den Dienst Jesu stellte.
Hätte er selbst das Kommen Jesu nicht geahnt, hätte er gar nicht erst probiert, die Menschen zur Umkehr zu bewegen. Doch weil er wusste, Jesus kommt, tat er es umso engagierter.
Von daher ist der Täufer Johannes auch ein Freudenbote. Denn für ihn stand außer Frage, dass es uns Menschen nicht besser gehen kann als in der Nachfolge Jesu. Jesus, das weiß Johannes, ist ein Freund des Lebens. Einer, der weiß, wie guter Wein zu schmecken hat. Der Musik liebt, Tanz und gutes Essen. Wer mit Jesus ist, hat Teil an den Freuden des Lebens. Der weiß aber auch, dass das Leben ganz anders sein kann.
Bei uns Christen verbindet sich die Freude am Leben mit einer neuen, ganz und gar nicht sauertöpfischen Ernsthaftigkeit. Lebensgenuss und Maßhalten kommen in der Jüngerschaft Jesu auf einzigartige Weise zusammen.
Darauf weist die Predigt der evangelischen Kirche hin – weltweit und jeden Sonntag aufs Neue. Darauf weist auch unser Johannisempfang hin.
Wie der Finger des Täufers will unser Empfang die Aufmerksamkeit auf die Lebendigkeit der Kirche Jesu Christi lenken und damit auf den lebendigen Christus selbst., Der konnte genauso feiern wie ernsthaft sein. Mehr noch: Unser heutiger Johannisempfang verkörpert diese Verbindung von Ernst und Genuss, von Feiern und Besinnung.
Zum einen nämlich hören wir heute Abend einen Vortrag des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland zu einem ernsten Thema, das uns tagtäglich beschäftigt und die kommenden Monate und Jahre wohl weiter beschäftigen wird.
Zum anderen ist der Johannisempfang das Sommerfest des Bevollmächtigten des Rates der EKD. Freudig wird es, heiter und entspannt, das wissen Sie und gerade weil es meine Premiere ist, erhoffe ich es.
Aber: . . . Es soll ja immer noch Menschen geben, die – gerade im Calvinjahr – uns Evangelischen nur das Schwere und Ernste zutrauen. Die, aber, liebe Gäste, wissen noch nichts davon, dass wir Ernst und Freude in unserem Glauben sehr entspannt zusammenbringen können. Das wollen wir heute Abend tun.
Seien Sie herzlich willkommen!