Augsburg feiert am Jahrestag der „Confessio Augustana“ die Reformation

Buch „Confessio und Apologia“ von Philipp Melanchthon
Die vom Humanisten und Reformator Philipp Melanchthon verfaßte „Confessio Augustana“(Augsburger Glaubensbekenntnis) verlas Melanchthon vor 475 Jahren auf dem Reichstag in Augsburg am 25.Juni 1530.

Augsburg (epd). Die Augsburger sind standhaft geblieben – trotz des Regens: Eine gute halbe Stunde lang mussten die Besucher beim Freiluftgottesdienst auf dem Augsburger Rathausplatz im Nieselregen ausharren. Weggegangen ist deshalb keiner der etwa 3.000 Gäste. Stattdessen malten sie später, als der Regen aufgehört hatte, die Füße ihrer Sitznachbarn mit Kreide auf den Platz – als sichtbares Zeichen protestantischer Standhaftigkeit.

„Standhaft. Mutig. Frei“ – so lautete das Motto des evangelischen Festgottesdienstes zum Jahrestag des „Augsburger Bekenntnisses“. Die „Confessio Augustana“ wurde 1530 beim Reichstag erstmals in Augsburg verlesen. Auch damals harrten die Bürger standhaft vor dem Kapitelsaal der Bischöflichen Residenz aus, allerdings in sengender Hitze. Drinnen wurde derweil die erste große lutherische Bekenntnisschrift verlesen. Wegen der Schwüle soll ein Bediensteter die Fenster geöffnet haben. So bekamen die Neugierigen im Hof gleich mit, was in der „Confessio“ stand, und die neue Lehre Martin Luthers konnte sich schnell verbreiten.

Zentrale Bekenntnisschrift der lutherischen Kirchen weltweit

Bis heute ist die „Confessio Augustana“ die zentrale Bekenntnisschrift der lutherischen Kirchen weltweit. Mittlerweile jedoch trenne sie die christlichen Konfessionen nicht mehr sondern verbinde sie eher, sagt Heinrich Bedford-Strohm: „Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass eine Welt, die gekennzeichnet ist von Konflikten und Spaltungen genau dieses Zeugnis der Christen jetzt braucht“, betonte Bayerns evangelischer Landesbischof in seiner Predigt beim Augsburger Gottesdienst.

Die Christen, die sich damals der Reformation anschlossen, seien „standhaft, mutig und frei“ für ihren Glauben eingestanden, erläuterte Bedford-Strohm. Sich daran zu erinnern bedeute: „Wir werden uns nie damit abfinden, dass Menschen deswegen verfolgt oder sogar umgebracht werden, weil sie einfach nur ihrem Gewissen folgen und ihren Glauben leben wollen.“

„Wir wollen hier Flagge zeigen“

Den eigenen Glauben mutig nach außen tragen: Das war das Thema des gesamten Wochenendes in Augsburg. Der Festgottesdienst war dabei der Höhepunkt der zentralen Augsburger Feier zum 500-jährigen Reformationsjubiläum. Die hatte am 24. Juni mit einem regionalen Kirchentag begonnen. Beim „Fest der Freiheit“ präsentierten sich an 70 Ständen alle evangelischen Gemeinden und Einrichtungen des Dekanats in der Augsburger Innenstadt.

„Wir wollen hier Flagge zeigen“, sagte Kirchenvorsteher Horst Müller, der am Stand der Heilig-Kreuz-Gemeinde eine große Holzsäge in der Hand hielt. Passanten waren eingeladen, sich von einem Baumstamm „eine Scheibe abzuschneiden“. So stand es auf dem Plakat hinter ihm. „Das bedeutet: Jeder kann bei uns etwas Gutes mitnehmen. Glaube, Gemeinschaft – was immer Sie brauchen“, erklärte Müller.

Die eigene Botschaft heraustragen auf die Plätze

Es war ein buntes, lebhaftes Fest, das sich an diesem Nachmittag von der Kirche St. Anna bis zum Rathausplatz zog. Auf drei Bühnen spielten Musikgruppen, Posaunenchöre stimmten an verschiedenen Orten Lieder an. An den Ständen gab es Spiele, Informationen, Gespräche. Man wolle die eigene Arbeit präsentieren, sagte Augsburgs Stadtdekanin Susanne Kasch zur Eröffnung: „Wir möchten aber auch mit kritischen Zeitgenossen über Religion und Glaube ins Gespräch kommen.“

Bei Andreas Lucke funktionierte das. „Die Leute kommen auf einen zu und suchen das Gespräch“, berichtete der Diakon, der für die evangelische Jugend in Augsburg arbeitet. Lucke stand vor einer Stellwand mit Fotos von Passanten. Jeder von ihnen hatte auf eine Sprechblase aus Papier geschrieben, was Reformation für ihn bedeutet. Kirche müsse öfter so auf die Menschen zugehen, sagte Lucke: „Wir haben schöne Gotteshäuser und wunderbare Einrichtungen, aber wir sind selten dort präsent, wo die Menschen sich treffen – in der Fußgängerzone oder auf öffentlichen Plätzen.“

Die eigene Botschaft heraustragen auf die Plätze – das hat immerhin auch an jenem 25. Juni 1530 funktioniert, als die Hitze die Botschaft der „Confessio“ hinaustrug zu den Bürgern.