Kurschus fordert Bemühungen um Waffenstillstand

Annette Kurschus

Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der EKD und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen mit den Samentüten der Aktion "Hoffnung Säen" in den Farben der ukrainischen Flagge in der Hand.

Bielefeld (epd). Nach mehr als einem Jahr Krieg in der Ukraine sollte nach Ansicht der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, die Frage eines Waffenstillstands „ins Zentrum aller Überlegungen“ gestellt werden. „Der Krieg ist inzwischen zu einem Stellungskrieg geworden, der Hunderttausende Menschen tötet und immer größere Flächen Land irreparabel zerstört“, sagte sie am Montag vor der Landessynode der westfälischen Kirche in Bielefeld. Ein Ende sei derzeit nicht abzusehen. „Aus christlicher Sicht dürfen wir aber das Ende nicht aus den Augen verlieren.“

Die Zeit sei reif, „moralisch-gesinnungsethische und völkerrechtliche Maximalforderungen hintanzustellen“, sagte die 60-jährige Theologin. „Die Zeit ist auch reif, nach den Bedingungen, den Kompromissen und den Kosten eines Waffenstillstands zu fragen und diese Frage ins Zentrum aller Überlegungen zu stellen.“ Es gelte, nach Kompromissen zu suchen und dabei unangenehme Fragen zu diskutieren: „Was ist uns die Freiheit wert? Konkret heißt das: Welche Sicherheitsgarantien sind wir bereit zu leisten?“

Diese Fragen müssten zeitnah politisch geklärt werden, damit es möglichst bald zu einem Waffenstillstand kommen könne, sagte Kurschus in ihrem Bericht vor dem Kirchenparlament. Ein Schweigen der Waffen sei die Voraussetzung für Verhandlungen und „nur Verhandlungen führen zum Frieden“. Sie plädiere dafür, politischen Willen, politische Initiativen und Kräfte „klug und beherzt“ für einen Waffenstillstand einzusetzen, „statt dies als Verrat oder Mangel an Solidarität zu diffamieren“.

Dass Deutschland die Ukraine zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg militärisch unterstützt, hält die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen zwar weiterhin für ethisch vertretbar. „Wir müssen jedoch endlich beginnen, anders zu fragen“, sagte sie. Der Umgang mit dem Krieg bleibe eine „ethische Zumutung“, in der mühsam mit Argumenten und dem eigenen Gewissen gerungen werden müsse: „Ich weigere mich, Jesus einseitig für oder gegen Waffenlieferungen, für oder gegen Pazifismus in Anspruch zu nehmen.“