Gedenken an die Terroropfer vom Berliner Breitscheidplatz

Zum Jahrestag des Anschlags wird ein Mahnmal enthüllt

Vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächstniskirche in Berlin stehen viele Menschen und gedenken der Opfer des Anschlags am Breitscheidplatz 2016. Am Boden liegen weiße Blumen.
Ein goldener Riss auf dem Boden vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erinnert zukünftig an den Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Das Mahnmal wurde zum Jahrestag des Anschlags enthüllt.

Berlin (epd). Die Namen der Toten auf den Stufen zur Kirche und ein langer goldener Riss im Boden als Zeichen von Trauer und Verlust: Am Jahrestag des islamistischen Anschlags vom Berliner Breitscheidplatz ist am mit Gedenkveranstaltungen an die Opfer erinnert worden. Vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurde am Anschlagsort das Gedenkzeichen für die zwölf Todesopfer eingeweiht, der symbolische Riss im Boden wurde erst am Morgen des Jahrestages unter Beteiligung von Angehörigen fertiggestellt.

An einer nichtöffentlichen Andacht für Hinterbliebene, Überlebende und Helfer in der Gedächtniskirche nahmen neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) auch weitere Minister der Bundesregierung und Vertreter der Berliner Landespolitik teil. Steinmeier sprach Angehörigen und Überlebenden Mitgefühl und Anteilnahme aus.

Dem Terror nicht nachgeben

„Wir können die Tiefe Ihres Leids nicht ermessen und Ihren Schmerz nur erahnen“, betonte Steinmeier und räumte zugleich Fehler im Umgang mit den Hinterbliebenen ein. Zur Wahrheit gehöre auch, „dass manche Unterstützung später kam und unbefriedigend blieb“. Dem Terror dürfe nicht nachgegeben werden, betonte der Bundespräsident: „Wir lassen uns nicht einschränken in unserer Art zu leben.“

„Heute ist ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag des Willens, das, was nicht gut gelaufen ist, besser zu machen“, sagte Merkel nach der Andacht. Die Kanzlerin hatte sich am 18. Dezember mit Hinterbliebenen und Verletzten des Anschlags getroffen. Zuvor war sie scharf dafür kritisiert worden, dass die Betroffenen mit ihrer Trauer und ihren Nöten weitgehend alleingelassen worden seien.

Licht des Friedens ist stärker als alle Gewalt

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, betonte in der Andacht, die Gewalttat werde „eingeschrieben bleiben“ in die Geschichte der Stadt. Völlig unbeteiligte Menschen seien Opfer des Attentats geworden, sagte der Bischof: „Sie haben ihr Leben verloren, andere ihre Gesundheit, einige sind dauerhaft auf Pflege angewiesen.“

Mit Blick auf das Friedenslicht von Bethlehem, das am 17. Dezember in der Gedächtniskirche angekommen war, erinnerte Dröge auch daran, dass der Frieden zerbrechlich ist. Das Friedenlicht aus Bethlehem habe bereits über 3.000 Kilometer zurückgelegt und viele Mauern und Grenzen überwunden. Dröge rief dazu auf, das Licht weiterzugeben, "als Zeichen dafür, das wir zusammenstehen, als Zeichen unserer Hoffnung, dass das Licht des Friedens stärker ist als alle Gewalt, dass Liebe stärker ist als der Hass, dass es nicht dunkel bleiben wird über denen, die Trauer tragen."

„Heute halten wir alle inne“

„Heute halten wir alle inne“, sagte der Regierende Bürgermeister Müller bei der Einweihung des Gedenkzeichens. Das Mahnmal sei auch ein Bekenntnis zu einem Zusammenleben in Frieden, Menschlichkeit und dem Glauben an eine Zukunft, ein Zeichen für Menschenwürde, Freiheit und Toleranz.

Bei einer Gedenkstunde im Berliner Abgeordnetenhaus betonte der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Kurt Beck, der Anschlag habe „alle freiheitlich orientierten Gesellschaften weltweit“ zum Ziel gehabt. Opfer solcher Gewalttaten müssten deutlich besser unterstützt werden, sagte der SPD-Politiker. „Was wir auf bittere Weise an Lehren gezogen haben“, müsse nun auch umgesetzt werden. Berlins Regierender Bürgermeister Müller bat Opfer und Hinterbliebene in der Gedenkstunde um Verzeihung für die schweren Versäumnisse und Fehler der Behörden, die den Anschlag nicht verhinderten.

Ökumenisches Friedensgebet

Der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz blieb am Jahrestag geschlossen. Zwei Minuten nach acht Uhr abends begann die größte Glocke der Gedächtniskirche zu läuten. Zu dieser Zeit fuhr am 19. Dezember 2016 der Attentäter auf dem Weihnachtsmarkt mit einem Lastwagen in die Menge. Mit dem zwölfminütigen Glockengeläut wurde ein weiteres eindringliches Zeichen der Erinnerung an die zwölf Todesopfer aus Deutschland, Polen, Tschechien, der Ukraine, Israel und Italien gesetzt.

Zu weiteren Gedenkveranstaltungen hatten unter anderem Schausteller der Berliner Weihnachtsmärkte eingeladen. Am Abend wurde mit einem ökumenischen Friedensgebet, einer Lichterkette und einer Friedenskundgebung auf dem Breitscheidplatz der Opfer gedacht. Bedrückte Stille lag über dem sonst lauten und lebendigen Touristenort im Zentrum des Berliner Westens, viele Menschen hielten Kerzen in den Händen, eine Frau sprach unter Tränen mit dem Regierenden Bürgermeister. Ein massives Polizeiaufgebot sicherte den Ort, am Rande kam es auch zu Protesten gegen Islamismus.

Am 19. Dezember 2016 hatte ein tunesischer Terrorist einen Lastwagen vorsätzlich in die Besuchermenge auf dem Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gelenkt. Bei dem islamistischen Anschlag starben zwölf Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.