Grußwort von Dr. Annekathrin Preidel

Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Dr. Annekathrin Preidel
Dr. Annekathrin Preidel, Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Empfang der Bayerischen Staatsregierung und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe
Schwestern und Brüder!

Herzlich willkommen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern! Herzlich willkommen in Würzburg!

Es ist mir eine große Ehre und Freude, Sie heute Abend hier in der Residenz begrüßen zu dürfen – am  Geburtstag Martin Luthers inmitten römisch-katholischer Ästhetik, genauer gesagt unter Giovanni Battista Tiepolos Deckenfresko, unter dem Sie gerade hindurchgegangen sind und das einen sehr klangvollen Titel trägt. Er lautet: „Allegorie von Himmel und Erde, Verherrlichung des Würzburger Fürstbischofs Carl Philipp von Greiffenclau mit den vier Erdteilen". Ja, liebe Gäste: So ist Bayern. Und so ist Franken. Sehr katholisch und sehr evangelisch. Sehr weltoffen. Und sehr regional, also gewissermaßen im allerbesten Sinn provinziell.

Tiepolos Fresko als Allegorie des Himmels und der Erde mit den vier Erdteilen ist irgendwie auch eine Allegorie der Kirche, ist doch die ELKB genauso wie die EKD Teil einer sehr viel größeren, weltweiten Kirche. Das  Regionale und das Globale gehören in der Kirche so zusammen, wie sie im Freistaat Bayern zusammengehören, wo Silvaner und Weißbier, Bocksbeutel und Bügelflasche, Weißwurst und Bratwurst, Drei im Weggla und Kloß mit Soß zwei Seiten der einen Medaille des Genusses sind und wo die Metapher von „Laptop und Lederhose“ für die unwiderstehliche Liaison von Bodenständigkeit und Innovation, von Regionalität und kosmopolitischer Vernetzung steht. Wohl habe ich unseren Landesbischof, der zugleich unser aller Ratsvorsitzender ist, schon oft mit Laptop und noch viel öfter vernetzt mit Iphone, auch schon im Fußballtrikot und im Dress der BR-Radltour und natürlich in Lutherrock und Talar erlebt. Allerdings habe ich ihn noch nie in Lederhosen gesehen! Und wäre schon heute und nicht erst morgen der 11.11. und damit der Beginn der Faschingszeit und dürfte ich hier an Stelle eines Grußworts eine Büttenrede halten, so würde ich ihn, wen sonst, als leibhaftige Allegorie von Himmel und Erde und den vier Erdteilen bezeichnen und vorschlagen das Fresko umzubenennen in „Allegorie von Himmel und Erde, Verherrlichung des ratsvorsitzenden Münchner Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm mit den vier Erdteilen". Aber es ist eben erst der 10. November und deswegen tue ich dies nicht!

Auch wenn wir unseren Landesbischof in Bayern manchmal vermissen, sind wir auch stolz und gewiss, dass er die eine oder andere richtungs- und zukunftsweisende Idee aus unserer evangelisch-lutherisch-bayerischen Denkwerkstatt auch in die EKD trägt. In dieser Denkwerkstatt dreht sich zurzeit alles um den Kirchenentwicklungsprozess „Profil und Konzentration“, liebevoll „PuK“ genannt – wie der Waldgeist aus William Shakespeares „Sommernachtstraum“. Puck ist der Hofnarr des Elfenkönigs Oberon und als solcher nicht der schlechteste Namensgeber für einen offenen und kreativen Zukunftsprozess, in dem sich unsere Kirche in großer geistiger und geistlicher Freiheit darauf besinnt, was geschehen muss, damit die Kirche auch morgen noch als Ort erlebt wird, an dem Menschen Antworten auf ihre existenziellen Fragen finden, als ein Ort, an dem sich Himmel und Erde berühren und als ein Ort, der einen Unterschied macht, an dem wir uns umhüllt wissen von der Liebe Gottes. Als Kirchenleitung der ELKB trauen wir ausdrücklich den kirchlichen Akteuren vor Ort zu, in einem guten Miteinander der Kirchengemeinden und der kirchlichen Berufsgruppen individuelle und innovative Lösungen zu finden, die Menschen einen einfachen Zugang zur Liebe Gottes und Erfahrungsräume des Ewigen im Jetzt eröffnen. PuK lehrt dabei auch, neu hinzuschauen auf das viele Gute, das in unserer Kirche immer schon am Gedeihen ist und dessen Wachstum mutig intensiviert werden könnte. Ich bin gespannt, welche Akzente dabei unsere Jugend setzen wird. Denn das Ergebnis der bayerischen Kirchenvorstandswahl Ende Oktober lässt sich ja durchaus im Sinne einer Veränderung der Altershierarchie interpretieren. Die Frage, woran junge Menschen glauben, wie sie zur Kirche stehen und wie sich diese Kirche ihrer Meinung nach weiterentwickeln soll, steht im Mittelpunkt dieser EKD-Synode. Und ich finde, dass sie ruhig noch stärker als bisher im Mittelpunkt von „Profil und Konzentration“ stehen kann. Entscheidend dabei ist, dass die Jugend selbst deutlich macht, wofür sie steht. Und so rufe ich euch, den Jugendsynodalen zu: Positioniert euch! Nichts ist schlimmer als alte Menschen, die meinen, für die Jugend sprechen zu können, ohne die Jugend zu Wort kommen lassen zu müssen! Deswegen freue ich mich über die Einladung gerade zu dieser Synode und nehme mir gerne die Zeit, um zu hören und zu lernen und vor allem mit den Jugendsynodalen ins Gespräch zu kommen.

Die größte Kunst auf dem Weg von „Profil und Konzentration“ wird aber übrigens wohl darin bestehen, den Mut des Weglassens nicht zu verlieren. Denn es ist ja eben auch ein Zeichen von Profil und Konzentration, sich auf das Wesentliche zu besinnen und das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und Letzteres getrost sein zu lassen. – Das Wesentliche dieses festlichen Abends besteht zweifellos darin, guter Dinge miteinander zu feiern unter einem Dach, das Himmel und Erde und Menschen verbindet. Unser Geburtstagskind Martin Luther, der ja bekanntlich ein Genussmensch war, hätte seine Freude! Lassen Sie sich also inspirieren von allem Guten, das Ihnen heute Abend getan wird! Lassen Sie sich inspirieren von den Menschen unserer Landeskirche! Genießen Sie Riesling, Silvaner und vieles Andere mehr! Genießen Sie diesen Abend und lauschen Sie jetzt dem großartigen Gesang von „Viva Voce“, der uns jetzt gleich daran erinnern wird, dass wir nicht zuletzt deshalb noch getroster und heiterer feiern dürfen, weil ein „Gentle Shepherd“ über uns wacht. Er, der gute Hirte,
ist der wirklich Wesentliche! Er allein zählt. Und er lässt niemanden verloren sein.

Herzlichen Dank!

Grußwort von Dr. Annekathrin Preidel

Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern