Kirchenmusiker: Ohne "Geistliche Musik" im SWR fehlt ein Stück Kultur

Drei Fragen an den nordbadischen Landeskantor Johannes Michel

Mannheim (epd). Der Südwestrundfunk will in seinem Kultursender SWR2-Hörfunk die Sendung „Geistliche Musik“ am Samstagabend streichen. Proteste von Kirchen, Bischöfen und leitenden Kirchenmusikern hätten bislang nichts gefruchtet, bedauert der nordbadische Landeskantor Johannes Michel in Mannheim. Er hat jetzt eine Mail- und Postaktion von Musikliebhabern an den SWR initiiert. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläutert er die Gründe.

(Symbolbild) Orgel in einer Kirche

Symbolbild: Orgel in der Stephanuskirche in Wolfsburg

Herr Michel, was wird nach Ihrer Einschätzung die Folge der gestrichenen Sendung für geistliche Musik speziell für die Kirchenmusik sein?

Michel: Die geistliche Musik spielt, entgegen der Beteuerungen des Senders, im Programm des SWR ohne die beiden Plätze „Geistliche Musik“ am Samstag und der Bachkantate am Sonntagmorgen eine Randrolle. Die vereinzelten verbleibenden Beiträge folgen keiner Konzeption, sie haben keinen thematischen Zusammenhang oder Bezug zum Kirchenjahr oder dergleichen. Die Wertschätzung und Aufmerksamkeit für geistliche Musik wird schwinden. Dabei sind wir genauso wie andere Musikgenres auf Sponsoren, öffentliche Gelder, mediale Aufmerksamkeit angewiesen. Auch die Möglichkeit, besondere Programme, die im Sendegebiet aufgeführt werden, einmal überregional zu platzieren, wird drastisch schwinden.

Sehen Sie weitere Auswirkungen über den kirchenmusikalischen Bereich hinaus?

Michel: Es ist wieder einmal ein Schritt, mit dem wir unsere eigene Kultur selbst abschaffen und durch keine anderen Werte ersetzen. Die Funk- und Fernsehanstalten sind auf diesem Weg in die Kulturbarbarei große Vorreiter, auch der SWR mit der Abschaffung eines weltberühmten Orchesters oder der Verkleinerung eines der besten Chöre der Welt. Ich bin sehr dafür, neuen Kulturen offen zu begegnen, das heißt aber nicht, dass man die eigene ablegen muss. Das Schielen nach Einschaltquoten durch seichte Programme führt letztlich zu einer einer Oberflächlichkeit, die zum Werteverfall und zur Verrohung unserer Gesellschaft einen Beitrag leistet.

Wie könnte jetzt noch aus Ihrer Sicht eine Programmänderung verhindert werden?

Michel: Der Sender ist ja völlig frei in seiner Programmgestaltung. Die Senderverantwortlichen könnten das einfach beschließen. Und ich würde sagen, „Samstag - 19 Uhr - Geistliche Musik“ ist ein Volltreffer, besser geht es nicht, das kann man doch so lassen!

epd-Gespräch: Susanne Müller