Telefonseelsorge: Deutlich mehr Beratung via Mail und Chat

Themen sind Einsamkeit, Krankheit und Depressionen

Mann hinter Fensterscheibe mit Tropfen

Ein Mann hinter einer verregneten Fensterscheibe

Berlin (epd). Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Arbeit der Telefonseelsorge in Deutschland. Auffällig sei die deutliche Steigerung der Beratungskontakte per Mail und Chat, unter den Beratungsthemen sei „Einsamkeit der Spitzenreiter“, heißt es in einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Auswertung der Jahresstatistik 2020: „Auch beim Thema Suizidalität gab es - entgegen bisheriger Erkenntnisse - eine Steigerung.“ Insgesamt habe es gegenüber 2019 erkennbare Verschiebungen gegeben, die sich mit der Pandemie-Situation erklären ließen.

Die Steigerung bei den eingegangenen Anrufen liegt den Angaben zufolge bei fünf Prozent, bei den tatsächlich geführten Beratungsgesprächen am Telefon sogar bei rund zehn Prozent. Weitaus höher sei die Zunahme bei den Mailkontakten mit rund 28 Prozent. Spitzenreiter sei das Chat-Angebot, das eine Steigerung von mehr als 70 Prozent erfuhr.

Die Steigerung bei den Online-Angeboten sei auch deshalb interessant, „weil wir hier überwiegend die Jüngeren erreichen“, erläuterte der Diplom-Theologe Ludger Storch, Leiter der Telefonseelsorge Bochum und zugleich Vorsitzender der Arbeitsgruppe Statistik: „Dass die 15- bis 39-Jährigen 2020 vermehrt Unterstützung gesucht haben, deckt sich mit zuletzt immer wieder von Psychologinnen und Psychologen zu hörenden Aussagen, dass gerade die Jüngeren verstärkt unter den Restriktionen durch die Pandemie leiden.“

Spitzenreiter unter den von den Anrufenden angesprochenen Themen bleibe am Telefon die Einsamkeit, gefolgt von den Themen Krankheit und Depressionen, hieß es weiter: „Bei Mail und Chat stehen die Themen Depressionen und Ängste an vorderster Stelle.“ Dass die Einsamkeit am Telefon den größten Raum einnimmt, sei nicht verwunderlich, sagte Storch: „Über die Hälfte unserer Telefon-Kontakte ist 50 Jahre und älter, umfasst also einen großen Teil derjenigen, die sich durch die Pandemie in ihren Sozialkontakten besonders einschränken mussten.“ Im Vergleich zu 2019 habe sich das Thema um rund 27 Prozent gesteigert.

„Die deutlichste Veränderung gegenüber unseren Erkenntnissen im Jahresverlauf 2020 haben wir bei der Endauswertung zum Thema Suizidalität erlebt“, berichtete Storch: „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass es keine signifikant höhere Zahl von Gesprächen mit Menschen gab, die von Suizidgedanken gequält werden oder durch die Suizidalität eines Menschen im eigenen Umfeld betroffen sind. Aus den endgültigen Zahlen ergibt sich aber, dass solche Gespräche um 17 Prozent zugenommen haben.“ Die Telefonseelsorge sei damit 2020 für suizidgefährdete Menschen oder Menschen, die mit dem Thema in ihrem Umfeld konfrontiert sind, eine wichtige Anlaufstelle für Entlastung und Beistand gewesen. „Damit erfüllen wir eine unserer Hauptaufgaben“, sagte Storch. Man könne allerdings keinerlei statistische Aussagen zur Höhe der Suizidrate machen.

Mit mehr als 7.500 geschulten Ehrenamtlichen in 104 Städten oder Regionen ist die Telefonseelsorge deutschlandweit tätig. Als eine der ersten Suizidpräventionseinrichtungen wurde sie 1956 in der alten Bundesrepublik gegründet. Um möglichst vielen Menschen den Zugang zu ermöglichen, stehen die Mitarbeitenden rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung. Träger der Telefonseelsorge sind die beiden christlichen Kirchen in Deutschland.


Info

Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, oder jemanden kennen, der suizidgefährdet ist, suchen Sie Hilfe. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/1110111 und 0800/1110222. Auch ein Kontakt per Chat und E-Mail ist möglich: www.telefonseelsorge.de

Mit der kostenlosen App „KrisenKompass“ bietet die TelefonSeelsorge seit 2020 Hilfe bei depressiven Gefühlen und Suizidgedanken für Betroffene und Angehörige..

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Ein offenes Ohr rund um die Uhr – das bietet die christliche Telefonseelsorge. Man kann anonym und kostenfrei anrufen, per Chat seine Sorgen teilen oder auch das persönliche Gespräch suchen. Mehr Infos gibt es auf der Website der Telefonseelsorge.