Universiade in Taipeh 2017

Inline Speedskating Universiade 2017
Inline Speedskating bei der 29. Sommer Universiade 2017 in Taipei/Taiwan
Abschlussfeier der 29. Sommer-Universiade

Abschlussfeier der 29. Sommer-Universiade
Mit einer bunten Abschlussfeier ist die 29. Sommer-Universiade zu Ende gegangen. Für das junge deutsche Team verliefen die Wettkämpfe sehr erfolgreich. Mit insgesamt 24 Medaillen in 131 Wettbewerben übertraf die deutsche Studierenden-Nationalmannschaft die im Vorfeld geäußerten  Erwartungen deutlich.

Neben den sportlichen Erfolgen wurde jedoch von allen auch der Zusammenhalt im deutschen Team als bemerkenswert gut gelobt. So waren die Universiade-Tage  gefüllt mit tollen Begegnungen und Erlebnissen. Nicht nur bei den Wettkämpfen hatten die Nachwuchsathleten die Möglichkeit, sich mit internationalen Spitzensportlern zu messen und wichtige Erfahrungen auf ihrem weiteren sportlichen Weg zu sammeln, sondern auch abseits davon boten das Zusammenleben im Athletendorf, das gegenseitigen Anfeuern und die gemeinsamen Ausflüge vielfältige Gelegenheiten der Begegnung.

Zu Beginn ihres Universiade-Aufenthalts hatten zunächst alle Teilnehmenden vom Veranstalter eine Uhr, eine Smartwatch des weltbekannten taiwanesischen Computer-Unternehmens mit Sitz in Taipeh, als Gastgeschenk erhalten. Darüber haben wir uns alle sehr gefreut, aber auch amüsiert. Denn zu den Dingen, die man während des Aufenthalts in Taiwan unbedingt bleiben lassen sollte, heißt es in einem Reiseführer über die Insel: "Verschenken Sie keine Uhren oder Regenschirme. Im Chinesischen wecken Wörter, die gleich oder ähnlich klingen, abergläubische Assoziationen. Das Wort für "Uhr" klingt wie "Tod/Ende", das Wort für Regenschirm wie "verlassen/auseinander gehen".

Um Zeit ging es auch in zahlreichen Gesprächen, die wir als Seelsorger geführt haben. Trainer und Verantwortliche gestehen ehrlich ein, dass Zeit oft knapp ist, wenn einem der Sport das ganze Jahr über in Beschlag nimmt. Da kämen Familie und Freundschaften so manches Mal zu kurz.

Athleten berichten von der Schwierigkeit, Hochleistungssport und Studium unter einen Hut zu bringen. Da fehle oft die Zeit, das Eine mit dem Anderen zufriedenstellend zu verbinden. Darum stellen sich viele junge Sportlerinnen und Sportler die Frage, wie es mit ihren Lebensentwürfen weitergehen kann? Was ist mein zukünftiges Standbein, wenn mir nicht der ganz große Durchbruch in der sportlichen Karriere gelingt? Zudem sind sich alle bewusst, dass der Ruhm im Sport ziemlich schnell vergeht.

Eine nette Anekdote, die ein deutscher Leichtathletiktrainer während der Universiade auf dem Trainingsplatz erlebte, unterstreicht diese Erkenntnis. Er erzählte mir, dass er seine Sportler gefragt habe: "Kennt ihr den US-amerikanischen Trainer, der dort hinten an der Weitsprunggrube seine Springer auf den Wettkampf vorbereitet?" Die jungen Leuten hätten mit dem Kopf geschüttelt: "Den kennen wir nicht!" Er habe dann gesagt: "Das ist Carl Lewis!" "Wer ist Carl Lewis?", sei die Antwort gewesen. Die nächste Generation habe keine Ahnung davon gehabt, dass mit Carl Lewis einer der größten Leichtathleten der Sportgeschichte vor ihr stehe: Weltmeister und Goldmedaillengewinner über die 100m und 200m-Sprintstrecken und im Weitsprung in den Jahren 1983-1996.

Auf diesem Hintergrund stand das Thema "Zeit" dann auch im Mittelpunkt unseres Abendgebets im Religiösen Zentrum des Athletendorfes. "Meine Zeit steht in Gottes Händen", so ist sich der Psalmbeter des 31. Psalmes im Alten Testament sicher. Die Siege und Niederlagen unseres Lebens sind in Gottes Händen aufgehoben. Bei ihm bin ich geborgen, was immer geschieht. Schön, als dann eine junge Athletin zum Abschluss sagte: "Morgen steht mein Wettkampf an. Ich bin seit meiner Grundschulzeit nicht mehr im Gottesdienst gewesen. Aber heute ist es mir wichtig, mal was anderes zu hören und mit guten Gedanken einzuschlafen." Einen Augenblick zur Ruhe und Besinnung zu finden, das war schon was Besonderes in diesen gefüllten Tagen. Die gemeinsame Zeit in Taiwan verging so schnell.

Universiade in Taipeh mit 7000 Athleten aus 130 Nationen

7000 Athleten aus 130 Nationen kommen in diesen Tagen in Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan, zu den Weltspielen der Studierenden zusammen. Auch Jürgen Hünten, katholischer Hochschulseelsorger aus Düsseldorf, und ich sind wieder als Seelsorger und Ansprechpartner für die deutsche Studierendenmannschaft mit von der Partie. Die Universiade, die alle zwei Jahre stattfindet, ist nach den Olympischen Spielen die größte Multisport-Veranstaltung der Welt. Die Taiwanesen sind sehr stolz, 2017 der Gastgeber zu sein. Es ist das größte offizielle Ereignis, das Taiwan jemals ausgerichtet hat. Der Austragungsort birgt allerdings eine hohe politische Brisanz. Chinesische Athleten nehmen zwar an den Wettkämpfen teil, sie boykottierten aber z.B. die Eröffnungsfeier - aus politischen Gründen. Die Regierung in Peking setzt alles daran, dass Taiwan international nicht als vollwertiger Staat wahrgenommen wird.  

Die Konflikte werden bereits jeden Morgen beim Blick nach draußen aus dem Fenster unseres Zimmers im Athletendorf deutlich. Am Hochhaus direkt hinter der  weitläufigen "Dining-Hall", deren Türen  beinahe rund um die Uhr für die Mahlzeiten geöffnet sind,  hängt ein riesiges Transparent, auf dem in großen Lettern zu lesen ist: "Taiwan is not Chinese Taipei. Let Taiwan be Taiwan!" Hintergrund: Bei internationalen Wettkämpfen wie der Universiade darf das taiwanesische Team nicht unter dem Namen des eigenen Landes antreten. Stattdessen gibt es die Bezeichnung "Chinese Taipeh". Bei den Siegerehrungen wird darum auch nicht die rot-blaue Nationalflagge aufgezogen, sondern die hellblaue für Chinese Taipei.

Das Durchschnittsalter der deutschen Mannschaft liegt bei 23 Jahren. In 14 Sportarten gehen die jungen Sportlerinnen und Sportler an den Start. Für die allermeisten von ihnen bildet die Universiade-Teilnahme den Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere. Beeindruckend verlief die Eröffnungsfeier zu Beginn der Wettkämpfe. Wie auch bei den Olympischen Spielen üblich ziehen zu Universiade-Beginn dabei die teilnehmenden Mannschaften in das Stadion ein. Da folgten im weiten Rund der Tapei-Arena die Mannschaften aus dem Iran und Israel in alphabetischer Reihenfolge direkt aufeinander, um dem anschließenden Spektakel der Eröffnungszeremonie begeistert Seite an Seite sitzend zu folgen.

Bunt ist das auch tägliche Erscheinungsbild im Trubel des Athletendorfes. Da begegnen sich nordkoreanische und US-amerikanische Sportler. und erst wenn ich den Schriftzug auf der Sportbekleidung mancher Teilnehmer sehen, wird mir erst bewusst,  dass viele aus einem Land stammen, in dem zu Hause Krieg und Waffengewalt herrschen.

Ein israelischer Trainer, der seinen Sohn betreut, erzählt mir am Rande eines Wettkampfes, dass es seine erste Universiade-Teilnahme sei und die Größe der Veranstaltung ihn absolut begeistere. Solch ein freundliches und fröhliches internationales Miteinander habe er zuvor selten erlebt. Das bestätige ihm auch sein Sohn, der mit Sportlerinnen aus Malaysia ins Gespräch gekommen sei. Diese hätten sich gewundert, dass ein Israeli so sympathisch sein könne. Als er verwundert nachgefragt habe, hätten sie ihm ihre Reisepässe gezeigt: "Für alle Länder gültig, nur die Einreise nach Israel ist damit nicht erlaubt."

Wie gut, dass es den Sport gibt! Dieser Gedanke geht mir in diesen Tagen oft durch den Kopf. Und ich wünsche allen, die dabei sind, dass sie während der knapp 2 Wochen viele positive Eindrücke gewinnen können, die sie für das weitere Leben prägen.

Thomas Weber