Ratsbericht 2019 - Schriftlicher Teil

6. Tagung der 12. Synode der EKD 2019 in Dresden

2. Nachhaltigkeit / Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

2.1 Rüstungspolitik: Kündigung des INF-Vertrags

Der 1987 von den USA und der Sowjetunion unterzeichnete INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces- bzw. nukleare Mittelstreckensysteme-Vertrag), der die Stationierung von landgestützten nuklearen Waffen mit der Reichweite von 500-5500 km verbot, wurde am 1.2.2019 von den USA gekündigt. Einen Tag später kündigte auch Russland den Vertrag. Aufgrund der sechsmonatigen Kündigungsfrist endete der Vertrag Anfang August 2019. Der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms, hat in einer Pressemeldung am 1.2.2019 „die Ankündigung der US-Regierung, sich aus dem INF-Vertrag […] zurückzuziehen […] bedauert und die USA und Russland aufgefordert, sich an den Vertrag zu halten und möglichst rasch an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um ein neues atomares Wettrüsten zu verhindern.“ Wie sich die Kündigung des Vertrages in Europa auswirken wird, wird festzustellen sein. Zu befürchten ist ein erneutes atomares Aufrüsten. Aus friedensethischer Perspektive ist festzuhalten, dass Atomwaffen aufgrund ihres großen, nicht spezifisch begrenzbaren Zerstörungspotentials als Massenvernichtungswaffen einzuordnen sind. Massenvernichtungswaffen aber sollten, wenn irgend möglich, völkerrechtlich geächtet und vernichtet werden. Die Zahl der Staaten jedoch, die über atomare Waffen verfügen, hat sich seit 1987 deutlich erweitert, neben den USA und Russland, Frankreich und Großbritannien gehören inzwischen auch China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel dazu. Angesichts dessen müssten aus friedensethischer und friedenspolitischer Sicht dringend multilaterale Abkommen zur Abrüstung oder zumindest Begrenzung von atomaren Waffen, insbesondere atomaren Mittelstreckenwaffen erarbeitet und eingehalten werden. Deutschland bleibt, insbesondere durch die Stationierung von US-Atomwaffen am Standort Büchel, von atomarer Bedrohung direkt betroffen.

2.2 Bericht zur Weltkonferenz von „Religions for Peace“ in Lindau, 20.-23.8.2019

Das 1970 gegründete globale interreligiöse Netzwerk „Religions for Peace“ mit Sitz in New York hat seine 10. Weltversammlung in Deutschland abgehalten. Bei der vom Bund und dem Land Bayern geförderten Versammlung kamen vom 20.-23.8.2019 etwa 800 Delegierte aus aller Welt sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen und aus der Zivilgesellschaft nach Lindau am Bodensee. Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier hielt die Eröffnungsansprache. Für die EKD hat der Ratsvorsitzende ein Grußwort gesprochen. Bischöfin Petra Bosse-Huber, Bischof Markus Dröge und Bischof Dr. Martin Hein waren weitere evangelische Vertreter der deutschen Delegation bei der Vollversammlung zum Thema „Caring for our Common Future – Advancing Shared Well-Being“. Im Rahmen der Versammlung wurde Frau Azza Karam als neue Generalsekretärin gewählt. Die ehemalige Ratsvorsitzende und Reformationsbotschafterin Dr. Margot Käßmann wurde als eine von etwa 60 Co-PräsidentInnen gewählt. Religions for Peace International ist bemüht, die Verbindungen zwischen Religionsgemeinschaften, Regierungen und zwischenstaatlichen Organisationen zu vertiefen. Friedensarbeit und Konfliktprävention, Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung sowie der Schutz der Erde waren zentrale Themen der viertägigen Versammlung.

2.3 „Globale digitale Friedensaustellung von GPENreformation“

Im Rahmen der „Peace Education Period“ befasst sich das „Global Pedagogical Network – Joining in Reformation“ (GPENreformation) in den Jahren 2018 bis 2021 mit Friedensbildung. Deshalb wurden im September 2018 Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen aus aller Welt dazu aufgerufen herauszufinden, wie sie zu einer Gemeinschaft von Friedensstifterinnen und Friedensstiftern und ihre evangelischen Schulen zu „Friedensgärten“ werden können. An der damit verbundenen Mitmachaktion beteiligten sich 15 Schulgruppen aus neun Ländern und vier Kontinenten. Ihre Ergebnisse wurden im Rahmen einer „Digital Peace Exhibition“ (vgl. www.gpenreformation.net) veröffentlicht, in der Kinder und Jugendliche in Texten, Gedichten und Videos beschreiben, was Frieden für sie bedeutet. Für die besondere inhaltliche Tiefe und die kreative Darstellung zeichnete der internationale GPENreformation-Rat Schulen aus Brasilien, Deutschland, Ruanda und dem Kongo aus.

2.4 Maßnahmen und Formate zur Menschenrechtsinitiative „#freiundgleich

Die Initiative wurde aus Anlass des 70. Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in 2018 gestartet. Ihr Fokus liegt auf der Menschenrechtsbildung besonders für junge Menschen. Dadurch unterstützt sie die Arbeit von Kirchen und Gemeinden. Zahlreiche Aktionen gehören zur Initiative: Die mobile Ausstellung Menschen.Rechte.Leben tourte seit April 2019 in zwei Exemplaren durch Deutschland; auf dem Kirchentag in Dortmund wurden bereits die eigens entwickelten #freiundgleich-Planspiele erprobt; mehrere Theaterworkshops wurden durchgeführt – auch auf den KonfiCamps in Wittenberg. Es fanden verschiedene Publikumsveranstaltungen statt– darunter eine Modenschau. In Kooperation mit dem Deutschen Theater wurde ein aufwendiges, trinationales Jugendtheaterprojekt zu 30 Jahren Mauerfall aufgeführt. Seit September wurde ein „Bildungsrucksack“ mit vielfältigen Materialien für kirchliche und außerkirchliche Bildungsarbeit bereitgestellt. Die Website www.freiundgleich.info informiert regelmäßig über Aktionen und Materialien und gibt Anregungen zur Menschenrechtsarbeit vor Ort. Durch alle bisherigen Veranstaltungen und Workshops konnte eine breite Wirkung erzielt werden und die EKD sich im Bereich Menschenrechtsbildung und der Verteidigung von Menschenrechten deutlich und über kirchliche Kontexte hinaus positionieren.

Die Publikationen zum Tag der Menschenrechte (2018: „Menschenrechte in der Textilindustrie“ und 2019: „Digitalisierung“) erfahren durch die Einbindung in #freiundgleich eine deutlich höhere Aufmerksamkeit.

2.5 Religionsfreiheit und Einsatz für bedrängte Christen

Zum 2. Sonntag der Passionszeit, Reminiszere, ruft die EKD ihre Gliedkirchen zur Fürbitte für bedrängte und verfolgte Christen auf. Die dazugehörige Publikation mit Gottesdienstmaterialien und Hintergrundinformationen nimmt jedes Jahr eine andere Region in den Fokus; das aktuelle Heft behandelt die Situation von Christinnen und Christen in Syrien. Die Nachfrage nach solchen Materialien für Gemeinden steigt ebenso wie das Interesse am Thema Religionsfreiheit insgesamt und dem damit verbundenen Engagement der EKD.

2.6 Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit

Wie dringend und drängend die Forderungen nach Klimagerechtigkeit sind, zeigte der 3. Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit. Er führte in drei Monaten (9.9 - 9.12.2018) über 1.883 Kilometer von Bonn ins polnische Katowice - den Ort der 24. Weltklimakonferenz (COP 24). Erstmals führte ein Pilgerweg gezielt durch alle großen deutschen Braunkohlereviere (Rheinland, Lausitz, mitteldeutsches Revier) und anschließend durch polnische Steinkohlegebiete. Dass diese Routenführung äußerst sinnvoll war, zeigten nicht nur die Protesterlebnisse der Pilgernden im Hambacher Forst, sondern auch die Begegnungen und die buchstäblich „dicke Luft“ in Polen, wo 80 Prozent der Energiegewinnung noch auf Kohle beruhen.

In Berlin wurden Forderungen an die vier Vorsitzenden der Kohlekommission und an die Bundesregierung, vertreten durch Staatssekretär Dr. Ulrich Nussbaum vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, übergeben. Im Antwortschreiben hieß es: „Mit dem 3. Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit haben Sie großes Engagement und Durchhaltevermögen bewiesen. (…) Für den persönlichen Austausch mit den Klimapilgerinnen und Klimapilgern in diesem Rahmen bin ich dankbar und nehme die dabei übergebenen Forderungen und Fürsprachen ernst. (…) Als Bundesregierung sollten wir uns den Optimismus und das Engagement der Klimapilgerinnen und Klimapilger zu eigen machen, nicht umsonst lautet deren Motto: Geht doch!“ Um die Rolle Deutschlands bei den Klimaverhandlungen ging es bei einer Gesprächsrunde mit Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin Brot für die Welt, und Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Füllkrug-Weitzel forderte deutlich mehr Engagement der Industrienationen, vor allem für Schäden durch Klimawandel.

Dass es sich gelohnt hat, die gemeinsamen, ökumenischen, innerdeutschen und deutsch-polnischen Herausforderungen des Weges anzunehmen, zeigt auch das Medienecho in Deutschland und Polen.

Im Hintergrund sorgte ein breites ökumenisches Netzwerk aus 40 Organisationen, Initiativen und Unternehmen für finanzielle und tatkräftige Unterstützung. Ganz besonders ist hier auch die Unterstützung durch den Polnischen Ökumenischen Rat hervorzuheben.

Besondere Kraft schöpften und spendeten die Klimapilgerinnen und -pilger in morgendlichen Andachten und Gebeten und bei besonderen Gottesdiensten wie z.B.in der Soester Wiesenkirche mit Präses Annette Kurschus und natürlich bei den großen Gottesdiensten zum Start in Bonn mit Präses Manfred Rekowski und zur Übergabe des Staffelstabes an die polnische Seite in Berlin mit Bischof Markus Dröge. Seinen feierlichen Abschluss nahm der Pilgerweg mit einem großen ökumenischen Gottesdienst in der Christkönigskathedrale in Katowice mit Erzbischof Wiktor Skworc, und dem schwedischen Alterzbischof und Europapräsidenten des ÖRK Anders Wejryd. Der Abschlussbericht liegt der Synode auch als Publikation vor (https://www.klimapilgern.de/abschlussdokumentation/).

Der 4. Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit startete am 16.6.2019 in Münster und führte über den Evangelischen Kirchentag in Dortmund weiter nach Bonn, wo Vertretern des Bundesumweltministeriums eine Resolution des Evangelischen Kirchentags zur Klimagerechtigkeit übergeben wurde. Der Kirchentag hatte die von den Klimapilgern eingebrachte Resolution „Die Ziele des Pariser Klimaabkommens konsequent umsetzen“ am 21. Juni in Dortmund mit großer Mehrheit verabschiedet, in der von der Politik unter anderem ein strenges Klimaschutzgesetz zur Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles, eine Bepreisung aller Treibhausgasemissionen sowie die Aufstockung der internationalen Klimaschutz- und Entschädigungsfinanzierung. Die Kirchen werden aufgerufen, ihre Gemeinden zu Orten des Aufbruchs zu machen, in denen Klimaschutz und Nachhaltigkeit praktisch umgesetzt werden sollen. Hierzu gibt es Materialien für Andachten und Gottesdienste (https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/materialien_nachhaltigkeit_2019.pdf).

Im Rahmen des Auftaktes für die Aktionswoche für den Klimaschutz fand am 20.09.2019 um 11.00 Uhr eine Andacht in der Kapelle der EKD statt, die Frau Dr. Ruth Gütter vorbereitet hat. Die EKD hat die Aktionen des Netzwerks „Fridays für Furture“ in ihrer Aussage begrüßt, die menschgemachten Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Wie in vielen Landeskirchen und Bistümern ist es auch den EKD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglicht worden, sich an der zentralen Veranstaltung in Hannover zu beteiligen. Mit einem Banner „Churches for Future“ brach eine Gruppe der EKD vom Küchengarten aus zum Sternmarsch Richtung Friederikenplatz auf.

2.7 Rezeption und Resonanz auf: EKD-Text 130: „‘Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben‘ – Die Agenda 2030 als Herausforderung für die Kirchen“

Der Text wird sowohl im kirchlichen als auch im politischen Kontext gut rezipiert. Er wurde z.B. bei kirchlichen Konferenzen und Tagungen sowie auf der internationalen theologischen Konferenz in Wuppertal intensiv diskutiert. In vielen Rückmeldungen aus den Landeskirchen wird der Text als sehr ermutigend für das eigene Engagement und als hilfreich für den Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen wahrgenommen. Auch zwei Minister (des BMZ und BMU) äußerten sich in einem Schreiben an den Ratsvorsitzenden und den Kammervorsitzenden der Kammer für nachhaltige Entwicklung sehr positiv zu dem Text und brachten ihre Dankbarkeit für das Engagement der EKD bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zum Ausdruck. Der Text wurde auf Wunsch des Ministers beim Tag der offenen Tür des BMZ öffentlich präsentiert.

Die erste Druckauflage des deutschen Textes von 3000 Exemplaren war bereits nach vier Monaten vergriffen, ebenso die englische Übersetzung in Höhe von 700 Exemplaren. Es wurden 1600 Exemplare der deutschen Fassung nachgedruckt, von denen bisher ca. 1200 abgerufen wurden.

2.8 Rezeption und Resonanz auf: EKD-Text 133: „Nutztier und Mitgeschöpf! Tierwohl, Ernährungsethik und Nachhaltigkeit aus evangelischer Sicht“

Der EKD Text 133 „Nutztier und Mitgeschöpf! Tierwohl, Ernährungsethik und Nachhaltigkeit aus evangelischer Sicht“ wurde im Mai 2019 einstimmig vom Rat der EKD verabschiedet und im Rahmen einer Pressekonferenz am 26.9.2019 im Haus der EKD in Berlin veröffentlicht. Er behandelt nicht nur theologisch-ethische Grundsatzfragen zum Verhältnis von Mensch und Tier, sondern auch aktuelle Fragen des Tierwohls in der Tierhaltung, Tiertransporten und Tierschlachtung, sowie Fragen der Ernährungsethik und hier besonders die bedenklichen Folgen des gegenwärtig hohen Fleischkonsums für die Umwelt und die Welternährung. Er benennt die gemeinsame Verantwortung von Politik, Landwirtschaft und Zivilgesellschaft für eine Transformation der Landwirtschaft und der Ernährung in Richtung Nachhaltigkeit. Der Text soll im Januar 2020 in zeitlicher Nähe zur Grünen Woche im Rahmen des „Gendarmenmarkt im Dialog“ mit Vertretern und Vertreterinnen aus Politik, Gesellschaft und Landwirtschaft diskutiert werden.

Aufgrund des großen Interesses an diesem aktuellen und breit diskutierten Thema wurden 6000 Exemplare gedruckt. Auch eine englische Übersetzung ist in Arbeit und soll im Dezember 2019 vorgelegt werden.

2.9 Nachhaltigkeitsforum der EKD zum Thema Nachhaltige Ernährung, 9.-10.9.2019

Vom 9.-10.9.2019 fand in Bad Boll das zweite Nachhaltigkeitsforum der EKD zum Thema „Nachhaltige Ernährung. Beiträge von Kirche und Diakonie zur Ernährungswende“ statt. Teilaspekte waren u.a. nachhaltige Landwirtschaft im weltweiten Kontext, Nachhaltigkeit und Kirchenland, Nachhaltigkeit in den Kantinen, ökofaire Beschaffung, Ernährungs-und Tierethik. An ihm waren ca. 50 Teilnehmende aus Kirche und Zivilgesellschaft beteiligt. Auch die Expertise von NGOs wurde einbezogen.

2.10 Internationale Konferenz in Wuppertal zu ökologischer Theologie und Ethik der Nachhaltigkeit 16.-19.6.2019

Welche Rolle spielen die Kirchen bei der ökologischen Krise? Was kann das ökumenische Gespräch vom Dialog mit moderner Wissenschaft lernen? Wie können Kirchen den internationalen Diskurs über Nachhaltigkeit in den UN und auf der politischen Ebene kritisch begleiten und für sich als Herausforderung nutzen?  Diesen Fragen war eine internationale Konferenz gewidmet, die unter dem Titel „Öko-Theologie und Ethik der Nachhaltigkeit“ vom 16. bis 19.6.2019 in Wuppertal stattfand. Über 50 Theologen und Theologinnen und Repräsentantinnen und Repräsentanten von Kirchen, theologischen Hochschulen und kirchlichen Netzwerken aus 22 Ländern, fast allen Kontinenten und verschiedenen Konfessionen und Religionen kamen zusammen, um ihre Ansätze zu präsentieren und Erfahrungen auszutauschen. Die Konferenz im Tagungszentrum „Auf dem Heiligen Berg“ in Wuppertal wurde gemeinsam veranstaltet vom Ökumenischen Weltrat der Kirchen, der EKD, dem Evangelischen Missionswerk, der Vereinten Evangelischen Mission und Brot für die Welt. Die internationale Konferenz in Wuppertal formulierte einen „Wuppertaler Aufruf“, die kommende Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe möge eine ökumenische Dekade zum Thema „Transformation Towards Ecological Sustainability – Kairos for Creation“ bis 2030 ausrufen, um Kirchen, Regierungen und Bevölkerungen dazu zu befähigen, die dringend notwendige Wende zu einem Lebens- und Wirtschaftsmodell einzuleiten, welches die sozialen Bedürfnisse aller Menschen, der gegenwärtigen wie der künftigen, befriedigt und gleichzeitig die ökologischen Grenzen nicht überschreitet. Die Kirchen müssten dazu – so der Wuppertaler Aufruf - ihren eigenen Beitrag leisten, indem sie dem Thema Ökologie und Nachhaltigkeit in ihrer spirituellen und ethischen Praxis sowie ihrer theologischen Ausbildung weit mehr Priorität zukommen lassen als bisher.

Der Wuppertaler Aufruf „Kairos for Creation“ wurde von den einladenden und teilnehmenden Organisationen breit rezipiert und bereits in sieben verschiedene Sprachen übersetzt. Der fachlich zuständige Ausschuss des ÖRK hat sich den Aufruf zu eigen gemacht und wird ihn in die Programmplanung der nächsten ÖRK Vollversammlung einspeisen.

2.11 Gottesdienstsammlung zu den Nachhaltigkeitszielen

„Nachhaltig durch das Kirchenjahr- Materialien für Andachten und Gottesdienste zu den nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 “unter diesem Titel wurden im Juli 2019 über 20 Gottesdienst- und Andachtsentwürfe in digitaler Form und als Printversion veröffentlicht. Mit den Gottesdienstmaterialien sollen die Nachhaltigkeitsziele in den Kirchengemeinden bekannter gemacht und die Quellen des christlichen Glaubens für ein Engagement in Richtung Nachhaltigkeit erschlossen werden. Die Texte lassen sich sowohl einer Zeit des Kirchenjahres bzw. einem weltlichen Gedenktag als auch einem der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs) zuordnen. Sie wurden von Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Landeskirchen und der EKD, aus Gemeinde- und Sonderpfarrämtern, aus der Ökumene und der Diakonie sowie aus kirchlichen Initiativen verfasst. Die ersten Druckauflagen waren in kurzer Zeit vergriffen. Insgesamt wurden in den ersten 3 Wochen ca. 800 Exemplare bestellt.

2.12 Rezeption und Resonanz auf: EKD-Text 113: „Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“

Autor des Leitfadens ist der Arbeitskreis Kirchlicher Investoren (AKI), dem inzwischen 45 Mitgliedsorganisationen und 6 internationale Partnerorganisationen angehören. 2019 hat der AKI den „EKD-Leitfaden“ – unter dieser Bezeichnung ist er in der Finanzwelt bekannt und hochgeachtet –, zum vierten Mal aktualisiert und erweitert. So heißt es in der Begründung für die Verleihung des „Vordenker-Awards“ 2019 eines Magazins für institutionelle Geldanlage an die Geschäftsführerin des AKI: „Der von ihr geleitete Arbeitskreis hat einen Leitfaden erstellt, der bundesweit und inzwischen auch international große Resonanz erfährt. Auch wenn der Leitfaden von einem christlichen Gedanken ausgeht, bietet er weit darüber hinaus Orientierung, wie mit zunehmenden gesellschaftlichen Anforderungen an die Kapitalanlage verantwortungsvoll umzugehen ist.“ Zahlreiche Institutionen, darunter das Land Baden-Württemberg und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen beziehen sich in ihren Richtlinien für die Kapitalanlage auf den EKD-Leitfaden. Aber seine Bedeutung reicht über die Finanzwelt hinaus: Nachhaltigkeit wird im AKI ganz konkret und glaubwürdig umgesetzt. Das gilt sowohl in Bezug auf die Sustainable Development Goals, als auch auf kirchliche Klima- und Menschenrechtsstrategien. Mit seinen Aktivitäten liefert der AKI seit über zehn Jahren schon „Best Practice“-Beispiele für Nachhaltigkeit in Kirche und Diakonie.

2.13 Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Deutschlands in Namibia

Auch in der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Deutschlands in Namibia und der Versöhnung mit den Herero und Nama konnten nach der Rückgabe der Gebeine im Sommer 2018 weitere konkrete Schritte zur Versöhnung gegangen werden. Neben fortlaufenden Kontakten mit den Partnerkirchen der EKD in Namibia, wurden die beiden im Sommer 2019 entsandten deutschen Pfarrer nach Namibia während eines neuntägigen Ausreisekurses insbesondere für das Thema Kolonialgeschichte durch das Auswärtige Amt und die EKD sensibilisiert. Ebenso hat es im Frühjahr 2019 eine erste Kontaktaufnahme mit dem Generalsekretär des Council of Churches in Namibia gegeben. Bei einem Folgegespräch im Sommer wurde das Thema der Beteiligung der Nama und Herero an der weiteren Aufarbeitung der Kolonialgeschichte thematisiert. Nach dem Jahrestreffen des Church Councils of Namibia im Herbst ist für Frühjahr 2020 verabredet, konkrete Absprachen zu Formen der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Deutschlands in Namibia zu entwickeln. Bei der Partnerkonsultation mit den EKD-Partnerkirchen im südlichen Afrika und in Südamerika, die unmittelbar vor der EKD-Synode stattfand, war das Thema ebenfalls auf der Agenda. Dabei ging es auch um die Gestaltung eines Süd-Süd-Erfahrungsaustausches zum Umgang mit Kolonialerfahrungen und deren Aufarbeitung.

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