Kirchen enttäuscht über Aufhebung von Suizidhilfe-Verbot

Gemeinsame Erklärung von Bedford-Strohm und Marx zu § 217 StGB

Kruzifix eines Altenheimbewohners (Symbolbild)

„Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen“, schreiben Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Marx in ihrer gemeinsamen Erklärung zur Aufhebung des Verbotes der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung.

Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen haben sich enttäuscht über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe geäußert. Sie hätten „mit großer Sorge“ zur Kenntnis genommen, dass das Gericht das Verbot der organisierten Beihilfe zum Suizid aufgehoben hat, teilten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit. Das Urteil stelle „einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar“, ergänzten sie.

Die Karlsruher Richter hatten am Mittwoch das Gesetz zum „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ gekippt. Es sei verfassungswidrig, weil es das allgemeine Persönlichkeitsrecht einschränke, urteilte das Verfassungsgericht. Dieses Recht umfasse auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben und das Recht, sich dabei Hilfe von Dritten zu suchen, hieß es zur Begründung. Der seit 2015 geltende Strafrechtsparagraf 217 hatte die auf Wiederholung angelegte Suizidassistenz unter Strafe gestellt, um damit der Tätigkeit von Sterbehilfe-Vereinen einen Riegel vorzuschieben.

„Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen“, erklärten die Kirchenvertreter. Je selbstverständlicher und zugänglicher Optionen der Hilfe zur Selbsttötung würden, desto größer sei die Gefahr, dass sich Menschen unter Druck gesetzt sehen, von einer derartigen Möglichkeit Gebrauch zu machen.

„An der Weise des Umgangs mit Krankheit und Tod entscheiden sich grundlegende Fragen unseres Menschseins und des ethischen Fundaments unserer Gesellschaft“, warnten Bedford-Strohm und Marx. Die beiden großen Kirchen hatten sich 2015 für das nun vom höchsten deutschen Gericht gekippte Gesetz ausgesprochen. Sie hätten die Regelung als „maßvoll“ empfunden und sie überzeuge nach wie vor, heißt es in ihrer Erklärung.