Landeskirche prüft Vorfälle um „Nazi-Glocke“

Kirchengemeinde Schweringen will keine Anzeige wegen entferntem Hakenkreuz erstatten

Beschädigte 'Nazi-Glocke' in Nienburg Schweringen
Unbekannte haben das Hakenkreuz und Teile der Inschrift von der Glocke entfernt.

Schweringen/Nienburg (epd). Nach der heimlichen Entfernung des Hakenkreuzes von einer Kirchenglocke in Schweringen bei Nienburg hat die hannoversche Landeskirche eine rechtliche Prüfung des Vorfalls angekündigt. Es müsse jetzt geprüft werden, ob es sich um eine strafbare Sachbeschädigung handele, sagte der Leiter der Rechtsabteilung im Landeskirchenamt, Rainer Mainusch. Am 3. April war bekanntgeworden, dass Unbekannte das Nazi-Symbol sowie einen aus der NS-Zeit stammenden Schriftzug in der Woche vor Ostern vermutlich mit einer Flex entfernt hatten. Der Umgang mit der Glocke hatte in den vergangenen Wochen für heftigen Streit in der Kirchengemeinde gesorgt.

Der Kapellenvorstand in Schweringen habe als Eigentümer der Glocke mehrheitlich deutlich gemacht, dass er keinen Strafantrag stellen werde, sagte Mainusch weiter. Es bleibe aber abzuwarten, ob die zuständige Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejahe und von sich aus Ermittlungen einleite. Die  Polizei in Nienburg bestätigte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes, dass bis 4. April keine Anzeige in der Sache eingegangen ist.

Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht beendet

 „Natürlich ist es zunächst einmal zu begrüßen, wenn es ein Hakenkreuz weniger gibt", so Mainusch. Allerdings habe die eigenmächtige Entfernung des Hakenkreuzes und des Schriftzugs aus Sicht der Landeskirche den Aufarbeitungsprozess in Schweringen „eher erschwert als vorangebracht“. Die notwendige Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und ihren Folgen lasse sich „nicht mit einer Flex bewältigen“.

In der Gemeinde war der Streit um die Glocke mit dem Hakenkreuz zuletzt eskaliert. Pastor Jann-Axel Hellwege hatte eine Entscheidung des Kirchenvorstands angefochten, der die Glocke behalten und weiter nutzen wollte. Auch der „Runde Tisch gegen Rassismus und rechte Gewalt in Stadt und Landkreis Nienburg“ forderte die Gemeinde in Schweringen auf, ihre mit Nazi-Symbolen versehene Glocke abzuhängen.

Die Glocke von 1934 war im Herbst stillgelegt worden. Zuvor war bekanntgeworden, dass sie ein 35 mal 35 Zentimeter großes Hakenkreuz mit einer nationalistischen Inschrift trägt. Nach Querelen um eine ebenfalls mit Nazi-Symbolen ausgestattete Glocke im pfälzischen Herxheim am Berg hatte die hannoversche Landeskirche in ihren Gemeinden eine Umfrage gestartet, wo es noch entsprechende Glocken gibt.

Außer in Schweringen wurde dabei eine weitere „Nazi-Glocke“ in Faßberg bei Celle entdeckt. Diese soll demnächst durch eine neue Glocke ersetzt werden. Bundesweit tauchten neben den beiden Glocken in Niedersachsen fünf „Nazi-Glocken“ in evangelischen Kirchen in der Pfalz auf, dazu zwei in Berlin und eine in Saarland.