Xenotransplantation

4. Psychologische Aspekte

Die Frage, wie Menschen seelisch auf genveränderte tierische Implantate reagieren würden, kann vorläufig nur beantwortet werden, indem von Erfahrungen mit der Verpflanzung menschlicher Organe ausgegangen wird, und Äußerungen von Menschen einbezogen werden, die sie entweder vom eigenen Gefühl oder von hypothetischen Erwägungen her tun. Repräsentative empirische Erhebungen zum Thema gibt es noch nicht. Und auch wenn es sie geben wird, werden sie das Spektrum der schon heute vorhandenen psychischen Wahrnehmungen nur nach prozentualen Anteilen näher gewichten können. Notwendig sind entsprechende Studien u.a. bei den Betroffenen und ihren Angehörigen, der Ärzteschaft und den Pflegekräften sowie den Forschenden. Die psychischen Reaktionen auf die Einpflanzung xenogener Herzklappen, die bereits seit längerer Zeit praktiziert wird, können nur sehr eingeschränkt als Gradmesser für zu erwartende psychische Reaktionen auf die Implantation von genmanipulierten Tierherzen, -nieren etc. angesehen werden.

Menschen, denen ein fremdes Organ implantiert werden sollte und dann auch eingepflanzt worden ist, durchleben nach manchen Berichten einen Prozeß innerer Ambivalenz. Der Gedanke an die Einpflanzung eines fremden Organs konfrontiert die Menschen auch mit der Schwere oder gar Todesnähe ihres Zustandes. Die so ausgelöste Erschütterung und Angst, aber auch Hoffnung auf Weiterleben und Genesung bedürfen längerer Zeiträume für eine innere Klärung. Eine positive Einstellung des Patienten / der Patientin zu dem Transplantat ist für das langfristige Überleben günstig.

Ängste und Bedenken gegenüber einem Tierorgan könnten verschiedene Fragen nach sich ziehen: Wird ein Mensch seelisch dadurch belastet sein, daß das Organ von einem Schwein stammt? Wird dieser Mensch sich selbst deshalb als minderwertig gegenüber anderen Menschen empfinden? Welchen Einfluß hat die Transplantation eines tierischen Organs auf das Identitätsgefühl des kranken Menschen? Fragestellungen dieser Art stellen sich vor allem dann, wenn es um die Implantation großer, lebensnotwendiger Organe wie Herz, Niere u.ä. geht. Sie sind in unserem Leibgefühl eng verbunden mit psychosomatischen Prozessen.

Den Einwänden werden zustimmende Gefühle, Einschätzungen und Erfahrungen gegenüberstehen. Bei wenigen Menschen könnte die Übernahme eines Tierorgans sogar zum Erleben einer Verbundenheit mit der Welt der Tiere werden. Überwiegend werden die Menschen unserer Zeit das eigene Weiterleben dem Weiterleben eines Tieres vorziehen.

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