Daseinsvorsorge

Stellungnahme zum Grünbuch "Dienstleistungen von allgemeinem Interesse"

Das Kommissariat der deutschen Bischöfe, der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union sowie die kirchlichen Wohlfahrtsverbände, der Deutsche Caritasverband und das Diakonische Werk der EKD, begrüßen es, dass die Europäische Kommission mit dem Grünbuch zu "Dienstleistungen von allgemeinem Interesse" den notwendigen Meinungsbildungsprozess in den Mitgliedstaaten und damit bei allen Akteuren der Daseinsvorsorge eingeleitet hat. Ein erheblicher Teil der sozialen Dienste in Deutschland wird durch die freie Wohlfahrtspflege und insbesondere durch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände geleistet. Deshalb wird zu einigen der im Grünbuch aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung bezogen:

  1. Die kirchliche Wohlfahrtspflege ist gemeinwohlorientiert und Religionsausübung

    Die diakonische und karitative Tätigkeit ist durch die religiöse Dimension geprägt. Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände verstehen diese Tätigkeit deshalb als Religionsausübung unter dem Schutz von Art. 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 10 der Europäischen Grundrechte-Charta. Zugleich wird das diakonische und karitative Handeln der Kirchen durch das grundgesetzlich garantierte und von der Europäischen Union respektierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen geschützt (Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV; Art. 6 Abs. 3 EU-Vertrag iVm Erklärung Nr. 11 zum Vertrag von Amsterdam, sowie in Art. I 51 des Entwurfs für einen Verfassungsvertrag). Die karitative Tätigkeit der Kirchen und ihrer Einrichtungen ist praktizierte Nächstenliebe und christlicher Dienst aus dem Glauben an den mitleidenden und mitsorgenden Gott, der sich in Jesus Christus dem Menschen zugewandt hat. Jesus Christus hat seine Botschaft der Nächstenliebe vorgelebt und zur Nachfolge aufgerufen.

    Caritas und Diakonie erfüllen einen wesentlichen Auftrag der Kirche in der Welt. Sie leisten ihre Dienste dem Hilfsbedürftigen unabhängig von seinem religiösen Bekenntnis, seiner Nationalität und seiner politischen Einstellung. Ihre Grundlage finden Caritas und Diakonie im Wort Jesu Christi: "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40)." Der besondere Charakter kirchlicher Wohlfahrtsverbände zeigt sich u.a. in der Übernahme von Diensten, die der Markt nicht sicherstellen würde. Angebote der Sterbebegleitung, Hilfen bei "Trauerarbeit" und die seelsorgerliche Unterstützung von Selbsthilfe- und Freiwilligengruppen verdeutlichen die sinnstiftende Funktion konfessioneller Arbeit und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der Sozialkultur. Dies gilt für soziale Dienste, die z.B. in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen innerhalb des deutschen Sozialschutz-Systems vielen Personen Hilfe leisten.

    Zu dem Auftrag der Kirchen gehört es auch, anwaltschaftlich insbesondere für diejenigen tätig zu sein, denen es nicht gelingt, ihre eigenen Interessen angemessen zu vertreten. Die sozialanwaltliche Rolle umfasst ein weites Themenspektrum, das politische Interessenvertretung und praktische Hilfsangebote unter anderem für Flüchtlinge und Migranten, Langzeitarbeitslose und Kinder in der Dritten Welt einschließt .

    Die Kirchen nehmen ihren Auftrag auf sozialem Gebiet durch zahlreiche diakonische und karitative Einrichtungen wahr, die ganz unterschiedliche Strukturen haben und häufig von Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften getragen werden. Entscheidend ist dabei nicht die Rechtsform; es kommt darauf an, dass die fragliche Einrichtung der Kirche "in bestimmter Weise zugeordnet ist" (BVerfGE 46, 73).

    Die christliche Motivation prägt auch die Einrichtungen der Kirchen und ihrer Werke sowie die in ihnen geleistete Arbeit. Sie wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Alltag sozialer Arbeit verwirklicht. Die karitative wie diakonische Arbeit wird letztlich nach ihrem geistlichen Profil beurteilt, entsprechend dem jeweiligen Leitbild, das die kirchlichen Wohlfahrtsverbände ihrem Wirken gegeben haben (vgl. hierzu das Leitbild des Deutschen Caritasverbandes vom 06.05.1997, das Leitbild des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 15.10.1997 sowie Grundlagentexte der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland, insbesondere das Wort "Caritas als Lebensvollzug der Kirche und als verbandliches Engagement in Kirche und Gesellschaft" von 1999 und "Herz und Mund und Tat und Leben" – Grundlagen, Aufgaben und Zukunftsperspektiven der Diakonie von 1998). Danach ist wesentliches Ziel die Teilhabe aller am Leben in der Gemeinschaft und damit auch die Verhinderung von Armut und Ausgrenzung. Der Mensch wird nicht ausschließlich in seiner persönlichen Situation gesehen, sondern in seinen sozialen Zusammenhängen gewürdigt.

  2. Das Grünbuch der Europäischen Kommission hebt die Vielseitigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hervor, wird aber den sozialen Dienstleistungen nicht gerecht

    Die Europäische Kommission erkennt die besondere Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse an und betont deren Vielseitigkeit (Randziffer 10). Benannt werden so unterschiedliche Bereiche wie Energie, Post, Verkehr und Telekommunikation einerseits und Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen andererseits. Der Schwerpunkt des Grünbuchs liegt auf den netzgebundenen Dienstleistungen. Es fehlt jedoch eine differenzierte Betrachtung, die den Besonderheiten der sozialen Dienste, gerade auch der der Kirchen und ihrer Einrichtungen Rechnung trägt. Hier wäre eine weitere Klärung wünschenswert, die für spezifische Entwicklungen gemäß den unterschiedlichen Traditionen in den Mitgliedstaaten Raum lässt.

    Der Ansatz der Europäischen Kommission, im Grünbuch die Bedeutung der lokalen Ebene für die Funktionsfähigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse herauszustellen (Randziffern 10, 73), ist zu begrüßen.

    Die Organisation der Dienste in den Mitgliedstaaten ist Ausprägung der unterschiedlichen kulturellen Traditionen und deshalb unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ausgestaltet (siehe auch Randziffern 37 ff.). Sie ist Ausdruck der nationalen Identität (siehe auch Randziffern 10 ff.).

  3. Die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse müssen nach dem Subsidiaritätsprinzip auf der lokalen Ebene erbracht werden (Fragen 2 – 4)

    Zu Recht stellt die Europäische Kommission heraus, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im sozialen Bereich auf der unteren staatlichen Ebene angesiedelt werden müssen (Randziffern 31, 37 ff.).

    Grundlage für die Argumentation ist dabei das Subsidiaritätsprinzip (Randziffern 28 ff.). Im EG-Vertrag ist der Subsidiaritätsgrundsatz in Art. 5 verankert und hat die Funktion einer Kompetenzausübungsregelung. Die Gemeinschaft darf im Bereich der nicht-ausschließlichen Kompetenzen nur tätig werden, "sofern und soweit die Ziele einer Maßnahme nicht auf der kleineren Ebene ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können." Demgegenüber verwendet die europäische Kommission das Subsidiaritätsprinzip bei ihren Überlegungen im Grünbuch in einem umfassenden Sinne für die Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, um im Ergebnis zusätzliche Kompetenzen der Gemeinschaft zu begründen (Randziffern 37 ff.).

    Auch die katholische Soziallehre und die evangelische Sozialethik, die die Entwicklung des Subsidiaritätsgedankens entscheidend geprägt haben, verfolgen einen umfassenden Ansatz. Danach ist das Subsidiaritätsprinzip bereits bei der Entscheidung über die Zuordnung von Kompetenzen zu berücksichtigen und erstreckt sich darüber hinaus auf deren Ausübung. Daher ist der größeren Gemeinschaft nicht gestattet, das an sich ziehen, was die kleinere zu leisten vermag. Das Subsidiaritätsprinzip enthält ein Kompetenzanmaßungsverbot der größeren Einheit und ein Gebot der notwendigen Unterstützung der kleineren Einheit, wo ihre Eigenkräfte zur Aufgabenbewältigung nicht ausreichen.

    Bei den Überlegungen zur Kompetenzverteilung im Bereich der Dienste von allgemeinem Interesse sollte berücksichtigt werden, dass die sozialen Dienste in den Mitgliedstaaten von unterschiedlichen Traditionen geprägt sind. Dabei werden die Dienste häufig auf der lokalen Ebene verankert und leben nicht unerheblich von dem freiwilligen Engagement der Menschen. Ohne den Einsatz zahlreicher ehrenamtlicher Kräfte im lokalen Bereich wäre die soziale Arbeit nicht denkbar. Die vielfältigen Aufgaben des Wohlfahrtsstaates könnten bereits jetzt nicht mehr bewältigt werden. In der Vielzahl der Träger und in den pluralen Strukturen der sozialen Dienste realisieren sich demokratische Beteiligung und Mitverantwortung für das Gemeinwesen als horizontale Aspekte der Subsidiarität.

    In Deutschland werden Aufgaben der "Daseinsvorsorge" – insbesondere solche der Gesundheits-, Jugend-, Familien-, Alten- und Behindertenpflege sowie im Bildungsbereich – seit jeher und ursprünglich sogar ausschließlich durch die Kirchen beziehungsweise ihre karitativen und diakonischen Werke und Einrichtungen wahrgenommen. Die Gewährleistung von Armenfürsorge und Wohlfahrt, der Gesundheitspflege und Erziehung hat mittlerweile in einem langen historischen Prozess der Staat übernommen. Das spiegelt im Grundgesetz die Verankerung des Sozialstaatsprinzips in Art. 20 wider. Gleichwohl beansprucht der Staat bei der Durchführung der Aufgaben kein Monopol; vielmehr respektiert er die historisch gewachsene Zuständigkeit von Dritten, eben z.B. den Kirchen und die Vielfalt der Leistungserbringer. Das Zusammenwirken von staatlicher und kirchlicher Wohlfahrtspflege bei der Realisierung des Sozialstaats findet in zahlreichen Normen der deutschen Sozialgesetzgebung einen positivrechtlichen Ausdruck: § 10 BSHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 17 Abs. 3 SGB I, § 4 SBG VIII, § 76 SGB VIII, § 11 Abs. 2 SGB XI. Die karitative Tätigkeit der Kirchen und ihrer Werke ist Religionsausübung unter dem Schutz des grundgesetzlich garantierten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen, das vom Staat anerkannt und öffentlich gefördert wird. Die Rechtstellung der Kirchen in der Verfassung und damit auch ihr Selbstbestimmungsrecht gehören in Deutschland zur Verfassungsidentität und sind damit gemäß Artikel 6 Abs. 3 EU-Vertrag vor Regelungsmaßnahmen durch die Gemeinschaft geschützt. Darüber hinaus verpflichtet die Erklärung Nr. 11 zum Vertrag vom Amsterdam, die nach den Plänen des Europäischen Konvents in Artikel I 51 in den künftigen Verfassungsvertrag der Europäischen Union inkorporiert werden soll, die Europäische Union, die verschiedenen staatskirchenrechtlichen Traditionen in den Mitgliedstaaten zu respektieren und nicht zu beeinträchtigen.

  4. Die Union sollte keine Kompetenzen zur Regelung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erhalten (Fragen 1, 3, 5)

    Im Bereich der Dienste von allgemeinem Interesse sollten keine zusätzlichen Befugnisse der Gemeinschaft geschaffen werden. Insbesondere sollte ein künftiger Verfassungsvertrag nicht die primärrechtliche Grundlage, in der die Bedeutung der Dienste von allgemeinem Interesse hervorgehoben wird (derzeit Art. 16 EG-Vertrag), um eine Grundsatzkompetenz erweitern (vgl. Art. III-6 S. 2 des Entwurfs für einen Verfassungsvertrag). Bei den Überlegungen, weitere Kompetenzen zu begründen, ist nach einem umfassenden Ansatz des Subsidiaritätsprinzips zu berücksichtigen, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, insbesondere auf sozialem Gebiet, von den unterschiedlichen Traditionen in den Mitgliedstaaten geprägt, auf der lokalen Ebene angesiedelt sind und von gesellschaftlichen Kräften getragen werden.

    Mit Artikel 16 EG-Vertrag in der bisherigen Form, Artikel 34 und Artikel 36 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Artikel 86 Abs. 2 EG-Vertrag findet sich bereits ein normativer Rahmen im acquis communautaire. Es entspricht den kirchlichen Anliegen, wenn die Union in Art. 34 der Charta der Grundrechte ein Recht auf soziale Sicherheit und Zugang zu den sozialen Diensten und in Art. 36 der Charta der Grundrechte ein Recht auf Zugang zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse deklariert. In diesen beiden Artikeln ist jedoch klargestellt, dass sich die inhaltliche Ausgestaltung der Rechte nach den mitgliedstaatlichen Normen richtet. Damit wird wiederum deutlich, dass nach dem Willen der Union die Mitgliedstaaten für Struktur und Ausgestaltung der Dienstleistungen verantwortlich sind. Dies sollte bei allen europäischen Maßnahmen im Bereich der Daseinvorsorge berücksichtigt werden.

  5. Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des Gemeinschaftsrechts können nicht undifferenziert auf die Wohlfahrtspflege angewandt werden

    Die Unterscheidung zwischen Leistungen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Charakters ist nach den Aussagen der Europäischen Kommission im Grünbuch wesentlich für die Frage, ob Dienstleistungen den Bestimmungen des EG-Vertrages, wie zum Beispiel den Wettbewerbsregeln, unterfallen (Randziffern 43 ff.). Diese Unterscheidung ist auch für die kirchliche Wohlfahrtspflege in Deutschland von großer Bedeutung, weil davon unter anderem abhängt, inwieweit die sozialen Dienste der Kirchen sowie ihrer Einrichtungen und Werke bzw. Verbände der Beihilfenkontrolle durch die Europäische Kommission unterliegen.

    Von den anderen netzgebundenen Leistungen der Daseinsvorsorge, wie beispielsweise im Bereich der Telekommunikation, der Strom- und Gaswirtschaft sowie der Post, unterscheiden sich die sozialen Dienste durch ihre Vielfalt, ihren unmittelbaren Bezug zum Menschen sowie durch die Tatsache, dass die Nutzer im Pflege- und Sozialbereich häufig besonders verwundbar sind und dem Anbieter nicht gleichberechtigt und damit in einer idealen Wettbewerbssituation, sondern in einer Schwächeposition und mitunter sogar in einem existentiellen Ausgeliefertsein gegenüberstehen. Zugleich ist die Funktionsfähigkeit der sozialen Dienstleistungen unerlässlich für die Sozialsysteme in den Mitgliedstaaten. Daher ist es essentiell, dass die Qualität der sozialen Dienstleistungen in Europa gesichert wird und dass die Menschen in Europa Zugang zu diesen Leistungen erhalten. Es ist fraglich, ob eine allein am Wettbewerb und an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte Sichtweise der Vielfalt und dem besonderen Charakter der Leistungen gerecht werden kann.

    Im Gegensatz zur üblichen Wettbewerbssituation, die vom Streben nach privater Gewinn- und Profitmaximierung geprägt ist, geht es sozialen Dienstleistern primär darum, gesamtgesellschaftlich Solidarität zu verwirklichen. Das gilt selbst dann, wenn verschiedene Anbieter miteinander konkurrieren und Gewinne erwirtschaftet werden. Die sozialen Dienste sind regelmäßig in gemeinnützige Strukturen eingebettet, die – zumindest in Deutschland – verlangen, dass erwirtschaftete Gewinne nicht frei auf dem Kapitalmarkt angelegt werden dürfen, sondern unmittelbar in den sozialen Zweck der Organisation investiert werden müssen. Die gemeinnützigen Einrichtungen in Deutschland unterliegen einer staatlichen Qualitäts- und Vergütungskontrolle. Insofern unterscheidet sich die soziale Daseinsvorsorge grundsätzlich von der üblichen Wettbewerbssituation. Diese Besonderheiten müssen bei einer Anwendung der Regelungsinstrumentarien des europäischen Wettbewerbsrechts berücksichtigt werden.

    Wenn die Europäische Gemeinschaft in Artikel 16 des EG-Vertrages die besondere Bedeutung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anerkennt, darf das Europäische Wettbewerbsrecht nicht so angewandt werden, dass die Regeln die Funktionsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen in den Mitgliedstaaten gefährden. Das gilt insbesondere für den sozialen Bereich: Wenn es einerseits zu den Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft gehört, ein hohes Maß an sozialem Schutz zu erreichen (Art. 2 EG-Vertrag), wenn in der Präambel des Unionsvertrages die Bedeutung der sozialen Grundrechte hervorgehoben wird und diese in Art. 33 ff. der Europäischen Grundrechtscharta auf Unionsebene garantiert werden, wäre es widersprüchlich und deshalb systemwidrig, wenn andererseits die Regeln des europäischen Wettbewerbsrechts so auszulegen wären, dass wichtige Bereiche des Sozialstaats, die in Deutschland dezentral von der kirchlichen Wohlfahrtspflege und den freien Trägern übernommen werden, nicht mehr funktionsfähig sind. Außerdem ist fraglich, inwieweit eine Abgrenzung durch einen Gemeinschaftsrechtsakt bei der Vielzahl der Sachbereiche und bei den zahlreichen nationalen Besonderheiten überhaupt zu erreichen und praktikabel ist.

Berlin, den 13. September 2003