Zivildienständerungsgesetz

Gemeinsame Stellungnahme des Bevollmächtigten des Rates der EKD und des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Gesetze

Zu Artikel 1, Änderung des Zivildienstgesetzes

In Anbetracht dessen, dass nicht mehr alle Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst oder einem der Ersatzdienste herangezogen werden können, begrüßen wir eine Reihe von Lockerungen, die für die Zivildienstpflichtigen mehr Sicherheit für ihre Lebensplanung bringen. Dies gilt u. a. für die Veränderung der Altersgrenzen für die Heranziehung, die Erweiterung der Befreiungstatbestände (§ 10 ZDG), grundsätzlich für die breitere Berücksichtigung von Ausbildungsgängen einschließlich der Berufsausbildung bei der Zurückstellung auf Grund besonderer Härte (§ 11 ZDG) und für die Angleichung der Dauer des Zivildienstes mit dem Wehrdienst für Wehrpflichtige.

Im Folgenden gehen wir auf die Teile des Entwurfs ein, für die wir Anregungen haben.

  1. Zu § 11 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3b ZDG neu, Zurückstellung vom Zivildienst

    Wir befürchten, dass die Ermittlung des Teils der Studienzeit, zu dem die Ausbildung durch eine Einberufung noch unterbrochen werden darf, Schwierigkeiten im Einzelfall bereiten kann. Zum einen könnte der Begriff Einberufungszeitpunkt klärungsbedürftig sein, zum anderen lässt der Gesetzestext nicht erkennen, von welcher Dauer des Studiums bzw. der sonstigen Ausbildung im Einzelfall auszugehen ist. Hinzu kommt, dass die Wehr- bzw. Zivildienstpflichtigen die unterschiedliche Länge der Studiengänge nicht zu vertreten haben.

    Wir würden es begrüßen, wenn der Beginn der Laufzeit klarer gefasst würde, in Frage käme auch der Dienstbeginn bzw. Diensteintritt. Weiter regen wir an, dass für alle (gemeint sind wohl alle weiterführenden) Ausbildungsgänge über Schule und Berufsausbildung hinaus, eine Frist von gleicher Dauer festgelegt wird, nach deren Ablauf zurückgestellt wird.

  2. Zu § 36a ZDG Staatsbürgerlicher Unterricht

    Der staatsbürgerliche Unterricht gehört zu einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften des ZDG, die heute bereits vorsehen, dass der Zivildienstleistende aus staatlicher Sicht Gelegenheit zum Lernen haben soll. Nach den Empfehlungen der Kommission "Impulse für die Zivilgesellschaft" soll der Zivildienst noch weiter als Lerndienst ausgebaut werden.

    Dies ist ein altes Anliegen der Kirchen und wird von ihnen begrüßt. Der Gesetzentwurf sieht dazu eine Neuregelung noch nicht vor. Wir halten den staatsbürgerlichen Unterricht für eine wichtige Komponente eines Lerndienstes und lehnen eine Streichung der Vorschrift ab, solange ein Ersatz dafür rechtlich noch nicht vorgesehen ist und die Mittel für eine Integration in den Einführungsdienst nicht gewährleistet sind.

  3. 3. Zu § 81 Abs. 4 ZDG

    Wir bitten zu überprüfen, ob es noch Kriegsdienstverweigerer gibt, die sich bis 2001 für 7 Jahre verpflichtet haben und die auf Grund des Wegfalls der Vorschrift nach Erfüllung der aktuellen 6-jährigen Verpflichtungsweit nicht mehr aus dem Dienst entlassen werden könnten.

Artikel 2 Änderung des Wehrpflichtgesetzes

  1. Für die entsprechenden Änderungen des Wehrpflichtgesetzes, insbesondere für § 12 Abs. 4 Nr. 3 WPflG neu und § 52 Abs. 4 WpflG gilt das unter Artikel 1 Ausgeführte ebenso.

  2. Schließlich möchten wir an ein schon früher vorgetragenes Anliegen erinnern, das in beiden o. g. Gesetzentwürfen nicht berücksichtigt wird. Es betrifft die Abschaffung der Heranziehung von Minderjährigen zum Wehr- und Zivildienstdienst.

Nach § 16 Abs. 3 S. 2 WPflG können Minderjährige, die mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters den Antrag stellen, vorzeitig zum Wehrdienst herangezogen zu werden, bereits ein halbes Jahr vor Vollendung des 17. Lebensjahres gemustert werden.

Nach § 5 Abs. 1a WPflG können Minderjährige auf Antrag mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach Vollendung des 17. Lebensjahres zum Wehrdienst herangezogen werden.

Die Kinderrechtskonvention sieht in Art. 38 vor, dass Minderjährige unter 15 Jahren weder zu Streitkräften herangezogen, noch an Feindseligkeiten teilnehmen sollen.

Diese Altersgrenze wurde als unangemessen niedrig eingestuft und kam gegen erhebliche Bedenken zustande. In der Folge wurde über ein Zusatzprotokoll verhandelt mit dem Ziel, Art. 38 dahingehend zu verschärfen, dass Minderjährige bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres weder zum Wehrdienst herangezogen noch bei Kampfhandlungen eingesetzt werden.

In dem von Deutschland bereits gezeichneten aber noch nicht ratifizierten Zusatzprotokoll wurde das Ziel insofern erreicht, als Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr nicht zu einem obligatorischen Wehrdienst und Kampfhandlungen herangezogen werden dürfen.

In Bezug auf die Einziehung von Freiwilligen zu Streitkräften soll das Mindestalter von 15 Jahren jedoch lediglich angehoben werden.

Die o. g. Regelungen des Wehrpflichtgesetzes entsprechen deshalb dem Rahmen des Fakultativprotokolls zur Kinderkonvention.

Beide Kirchen haben sich in der Vergangenheit für die sog "straight 18" Position eingesetzt. Sie sehen die Gründe für diese Position nach wie vor als gegeben an. In Anbetracht der Tatsache, dass die Zielsetzung des Zusatzprotokolls in einer Reihe von Ländern unterlaufen wird, scheint es dringend notwendig, jede Unterschreitung der Altersgrenze von 18 Jahren zu vermeiden.

Die Tatsache, dass immer weniger Wehrdienstfähige zum Wehrdienst herangezogen werden können und das Heranziehungsalter auch aus diesem Grund herabgesetzt wird, würde es gestatten, auf die Heranziehung von Minderjährigen zu den Streitkräften ganz zu verzichten.

Entsprechendes gilt für den Zivildienst.

Die Kirchen bitten deshalb darum, den Gesetzentwurf um eine entsprechende Regelung zu ergänzen.

Berlin, den 18. März 2004