Wort des Bischofs auf RBB 88ACHT am Karsamstag 2008

Wolfgang Huber

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!

Der Prophet Jona gehört zu den farbigsten Gestalten der Bibel. Ein eigenes kleines Büchlein im Alten Testament berichtet von dem Auftrag, den er von Gott erhält.  Er soll in der Großstadt Ninive predigen. Aber anstatt sich auf den Weg zu machen, flieht Jona. Er schifft sich ein, um seiner Aufgabe zu entkommen. Doch so leicht entgeht er seinem Auftraggeber nicht. Gott lässt einen Sturm kommen. Als alles Beten nichts hilft, lässt Jona sich von den Seeleuten über Bord werfen.

Die Geschichte von Jona könnte hier enden. Doch Gott will seinen Plan mit Jona zu einem guten Ende führen. So lässt Gott einen großen Fisch kommen, der unseren Propheten verschlingt. Nach drei Tagen und drei Nächten im Bauch des Fisches wird er an Land gespieen. Der Prophet wird nun seinen Auftrag erfüllen und der Stadt predigen. Die Menschen in Ninive bekehren sich und ändern ihr Leben.

Es hat einen besonderen Grund, wenn ich an diesem Karsamstag auf Jona zu sprechen komme. Der heutige Tag ist nicht nur der zweite von vier freien Tagen am Stück. Der Karsamstag steht zwischen Karfreitag und Ostern. Wir blicken zurück auf die Leidensgeschichte Jesu, die in seinem Kreuzestod gipfelt. Zugleich schauen wir hoffnungsfroh auf Ostern. Zwischen Bangen und Hoffen: das ist nicht nur die Situation des Propheten Jona; es ist auch die Situation des Karsamstags.

Im Glaubensbekenntnis heißt es zu diesem Tag: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes.“ In der Geschichte Jesu markiert dieser Tag ein Zwischenstadium. Jesus ist tot, aber wir wissen: Sein Tod ist nicht endgültig. Gott wird ihn auferwecken. Wir dürfen schon heute auf Ostern vorausblicken.

Trauernde erleben am Ostermorgen: Was uns niederdrückt, hat nicht das letzte Wort. Widerstand statt Ergebung – das ist der Geist von Ostern. Dafür brauchen Menschen gegebenenfalls unsere Unterstützung; denn allein bliebe ihnen zur Ergebung keine andere Wahl. Ich denke an die Christen im Irak, denen es – Gott sei’s geklagt –  heute weit schlechter geht als selbst zu Zeiten des Diktators Saddam Hussein. Ich denke an die Tibeter, die aufbegehren, weil sie um ihre kulturelle Identität fürchten; mit brutaler Gewalt werden sie zurückgeschlagen. Ich denke an Menschen in unserem eigenen Land, die mit Minilöhnen weder sich selbst noch ihre Familie ernähren können, oder die als Hartz IV-Empfänger das Gefühl haben, ihr Leben sei nichts mehr wert.

„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“ Unüberhörbar enthält die Osterbotschaft den Ton des aufrechten Gangs. Jeder von uns sollte schauen, wie es um diesen aufrechten Gang steht. Und ob er einem anderen dabei helfen kann, sich aufzurichten und der Zukunft entgegenzugehen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegnetes Osterfest. Bleiben Sie behütet!