Grußwort anlässlich des Zweiten Internationalen Symposiums zur Religionsfreiheit "Tearing Down Walls: Achieving Religious Equality in Turkey"

Nikolaus Schneider

Eminenzen, Exzellenzen, liebe Schwestern und Brüder, verehrte Damen und Herren,

Es ist mir eine Ehre und Freude, Ihnen im Namen des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und auch persönlich die herzlichsten Grüße zu überbringen.

Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, dessen Ehrenamt Sie als Archonten bekleiden, ist in Gestalt der griechischen Metropolie von Deutschland und Zentraleuropa ein wichtiger ökumenischer Partner unserer Kirche. In regelmäßigen Abständen führen wir einen bilateralen Theologischen Dialog, und schon jetzt freuen wir uns auf den Besuch seiner Allheiligkeit, des Ökumenischen Patriarchen, im kommenden Mai 2014 in Deutschland.

Ihr Thema „Religionsfreiheit“ liegt unseren Kirchen gleichermaßen am Herzen. Es gehört zu den kirchlichen Kernaufgaben, sich für die freie Ausübung des Glaubens von Christinnen und Christen in aller Welt einzusetzen. Auch deshalb hat die Evangelische Kirche in Deutschland in diesem Jahr gemeinsam mit ihren römisch-katholischen Geschwistern einen Bericht zur Religionsfreiheit weltweit herausgegeben. Der Bericht dokumentiert, dass christliche Gemeinden in vielen Ländern diskriminiert oder verfolgt werden – vielfach in Ländern, deren Regierungen den Islam als Staatsreligion voraussetzen. Und auch in der Türkei können die orthodoxen Kirchen wie ihre katholischen und evangelischen Glaubensgeschwister ihren Glauben nicht in voller Freiheit leben.

Vor anderthalb Monaten hat die EKD gemeinsam mit den orthodoxen Glaubensgeschwistern in einem festlichen Gottesdienst in Trier an das Toleranz-Edikt erinnert, das Kaiser Konstantin vor 1700 Jahren in Mailand erließ. Konstantins Edikt bedeutete nicht allein die Beendigung der Christenverfolgung im Römischen Reich. Vielmehr war das Edikt von Mailand der erste europäische Gesetzgebungsakt, der positive Religionsfreiheit für alle Religionen festschrieb: "Dass wir sowohl den Christen als auch allen übrigen" so heißt es dort "ohne Einschränkung erlauben, sich der Religion anzuschließen, die sich jeder wählt...ohne alle Beunruhigung und Beschwerde".

Konstantin, den Sie als einen Heiligen verehren, verstand sein Edikt als einen Beitrag "zur Ruhe unserer Zeit", wie er selbst formuliert. Wir würden heute sagen: zum gesellschaftlichen und sozialen Frieden. Und der Gesetzgeber beließ es nicht bei bloßen Worten. Er schuf zugleich die materielle Voraussetzung zur Ausübung der Religionsfreiheit durch die Rückerstattung beschlagnahmter Gebäude.

Der Gedanke, der damals leitend war, ist dieser: Positive Religionsfreiheit bringt ein Gemeinwesen voran und tut allen seinen Gliedern gut. Das ist heute nicht weniger aktuell als damals. Und dies gilt nicht nur in Mitteleuropa, sondern ebenso in der Türkei, dem Land, dessen größte Stadt von dem Autor des Toleranzediktes gegründet wurde und in Ihrem Sprachgebrauch bis heute Konstantinopel heißt.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat die kürzlich erfolgte Entscheidung der türkischen Regierung begrüßt, dem Kloster Mor Gabriel seine Ländereien zurück zu erstatten. Wir hoffen, dass diese Entscheidung am Anfang eines Weges hin zu freierem religiösen Pluralismus und positiver Religionsfreiheit steht. Die Fortschritte im Bereich der Justiz, die die Europäische Kommission in ihrem letzten Bericht zur Türkei konstatiert hat, geben uns eine berechtigte Hoffnung, dass sich auch im Bereich der Religionsfreiheit eine Entwicklung hin zu mehr Offenheit für das geistliche Leben der Griechisch-Orthodoxen Kirche ergeben wird.

Der Monatsspruch der Herrnhuter Brüdergemeine für den Monat Dezember – der Monat, in dem unsere Kirche die Geburt Jesu Christi feiert – lautet: "In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen." (Johannes 1,4)

Von diesem Licht allem Volk zu erzählen, ist die gemeinsame Aufgabe aller christlichen Kirchen. Für die Freiheit, das in Worten und Taten an allen Orten der Erde zu tun, treten wir gemeinsam ein. Und dafür bitten wir auch um die Unterstützung der Politik.

Ich wünsche allen Teilnehmenden an dieser Konferenz erfolgreiche und fruchtbare Beratungen und Gottes Segen.