Bildgewaltiges Porträt aus der Reformationszeit

Beim Münchner Filmfest feierte „Zwingli – Der Reformator“ Deutschland-Premiere

Die Schweiz feiert 2019 das „Zwingli-Jahr“. Der Zeitgenosse Luthers führte vor 500 Jahren die Reformation in Zürich ein und legte zusammen mit Johannes Calvin die Grundlage für die reformierte Kirche. Der Spielfilm „Zwingli Der Reformator“ feierte beim Münchner Filmfest Deutschland-Premiere.

Schauspieler Max Simonischek als Ulrich Zwingli im Spielfilm 'Zwingli - Der Reformator'

Ulrich Zwingli, im Kinofilm „Zwingli – Der Reformator“ gespielt von Max Simonischek, war ein Realpolitiker und unterscheidet sich damit von den meisten anderen Reformatoren.

München (epd). In der Schweiz begann die Reformation im Jahr 1519 mit dem Amtsantritt von Huldrych (Ulrich) Zwingli (1484-1531) als Leutpriester am Züricher Großmünster. Und so setzt auch der Spielfilm „Zwingli – Der Reformator“ mit der Fahrt nach Zürich ein, mit einem auf einem Bauernkarren sitzenden Zwingli (Max Simonischek), der liest und schreibt und die im Wald arbeitenden Bauern betrachtet. Der Kampf gegen die Armut wird auch im Film immer einen der Erzählstränge bilden. Oft verweilt die Kamera auf den Bettlern und Armen, die vor den Toren der Stadt und auf den Plätzen darinnen stehen.

Zwinglis Reformation beginnt mit der Betonung auf das Wort: Er liest die Messe auf Deutsch und predigt auch über das Evangelium in dieser Sprache. Und nicht auf Latein, wie es die Liturgie eigentlich vorschreibt. Das löst bei vielen Bürgern der Stadt Irritationen aus, aber auch Zustimmung. Und es wird nicht die einzige Neuerung bleiben, die er der Gemeinde beschert. So spricht er sich gegen das Söldnertum aus, aber auch gegen das von der Kirche verhängte Fastengebot. Er übersetzt die Bibel in die deutschschweizerische Amtssprache, heute als „Zürcher Bibel“ bekannt. Zuerst rät die Obrigkeit in Gestalt von Johannes Faber, des Gesandten des Bischofs von Konstanz, nur zur Mäßigung. Später lautet der Vorwurf Ketzerei.

Historischer Bilderbogen

Der Schweizer Regisseur Stefan Haupt und Drehbuchautorin Simone Schmid haben die wichtigen Reformen Zwinglis und seine theologischen Streitpunkte so in ihren Film verwoben, dass es nie aufdringlich oder aufgesetzt wirkt. „Zwingli – Der Reformator“ ist auch ein historischer Bilderbogen, der uns die frühe Neuzeit mit ihrem Dreck, ihren Krankheiten, ihren Klassenunterschieden und ihren drakonischen Strafen nahebringt, meist in matten und düsteren Farben fotografiert von der Kamera von Michael Hammon.

Das war bei der ersten Zwingli-TV-Verfilmung aus dem Jahr 1984 noch ganz anders: Sie schwelgte in bunten Farben. Sechs Millionen Franken (5,4 Millionen Euro) hat „Zwingli – Der Reformator“ gekostet, eine der teuersten Schweizer Produktionen überhaupt – und mit einer Viertelmillion Besuchern auch einer der erfolgreichsten.

„Die Zeiten ändern sich“

Immer wieder beruft sich Zwingli auf das Evangelium, die Rückkehr zu ihm ist seine Theologie. Wo steht geschrieben, dass am Freitag kein Fleisch gegessen werden soll? Und wo heißt es, dass Priester nicht heiraten dürfen? So radikal seine Reformen sind, so pragmatisch bleibt Zwingli auch. Der Film fügt den filmischen Reformatoren-Porträts der vergangenen Jahre eine ganz neue Nuance hinzu: Er ist kein besessener Workaholic wie Martin Luther in „Katharina Luther“ von Julia von Heinz, er ist auch kein visionärer Revolutionär wie Thomas Müntzer in dem TV-Zweiteiler „Zwischen Himmel und Hölle“.

Nein, Zwingli ist ein Politiker, und eher einer vom realpolitischen Zweig. Er ist nicht auf die Gnade eines Kurfürsten angewiesen wie Luther, sondern paktiert mit dem Rat der Stadt. Und spätestens seit seinen Disputationen mit den Vertretern des Bischofs hat er den Rat auf seiner Seite. „Die Zeiten ändern sich“, sagt der Bürgermeister Röist dem Abgesandten des Bischofs. Die Auflösung der Klöster macht er dem Rat dadurch schmackhaft, dass die Stadt dann auch in den Besitz der Einnahmen käme - dafür aber auch die Armenspeisungen übernehmen müsste.

Menschen nicht überfordern

Realpolitisch bleibt er auch in der Frage der Täufer, die unter anderem die Erwachsenentaufe praktizierten. Das gilt zu Zwinglis Zeiten noch als Sakrileg. Als sein Kampfgefährte Felix Manz in dem Fluss Limmat ersäuft wird, verhält Zwingli sich ruhig – was zum großen Streit mit seiner Frau Anna Reinhart (Sarah Sophia Meyer) führt, die er 1524 heiratete.

Man dürfe die Menschen nicht überfordern, sagt Zwingli. Wofür Anna kein Verständnis hat. Von Anfang an führt der Film Anna, die Witwe eines Söldners, als zweite Hauptfigur ein. Doch die Beziehung zwischen den beiden verliert er mitunter etwas aus den Augen, wie auch den Menschen Zwingli jenseits seiner Bedeutung als historische Figur. Der Bedeutung dieses Films tut das aber keinen Abbruch.

Rudolf Worschech (epd)


In Deutschland startet „Zwingli – Der Reformator“ am 31. Oktober in den Kinos. Am 22. Oktober finde in Kooperation mit der Evangelischen Kirche im Rheinland in der Lichtburg in Essen eine große Premierenfeier zum Film statt, teilte das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt mit. Der Filmverleih W-film lade darüber hinaus weitere Landeskirchen, Werke, Einrichtungen und Gemeinden zur Kooperation ein. Es gebe zum Beispiel die Möglichkeit von Premierenfeiern einzelner Landeskirchen oder eigenen Filmvorführungen von Gemeinden in örtlichen Kinos.