Schulen in evangelischer Trägerschaft - Eine Handreichung

Selbstverständnis, Leistungsfähigkeit und Perspektiven. Im Auftrag des Rates der EKD, Hrsg. Gütersloher Verlagshaus, 2008, ISBN 978-3-579-02388-5

2. Selbstverständnis und Anspruch

2.1 Vielfalt der Profile

Evangelisch geprägte Schulen gibt es in Deutschland seit der Reformation. Ihre Trägerschaften wurden seither in unterschiedlichen Formen realisiert. Bis zur Trennung von Kirche und Staat von 1918/19 waren die kirchlichen Trägerschaften nicht immer eindeutig zu bestimmen, da kirchliches und staatliches Handeln unter dieser Voraussetzung kaum zu unterscheiden waren. Heute setzen Schulen in evangelischer Trägerschaft diese Trennung als Ausdruck eines freiheitlich-demokratischen Staates voraus. Darin unterscheiden sie sich grundsätzlich vom früheren Konfessionsschulwesen, bei dem die konfessionellen Schulen nicht in kirchlicher, sondern in staatlicher Trägerschaft standen. Einen Sonderfall stellen die bis heute in manchen Bundesländern existierenden konfessionellen Schulen in staatlicher Trägerschaft dar. Solche Schulen bedürfen einer eigenen Erörterung. Sie sind nicht Thema der vorliegenden Handreichung.

Hinter der Bezeichnung "evangelische Schulen" oder "Schulen in evangelischer Trägerschaft" steht eine Vielfalt von Trägern und Trägerschaften. Träger evangelischer Schulen können Landeskirchen oder Kirchengemeinden sein, aber auch Vereine, Stiftungen oder christliche Werke; ebenso können sie zur Diakonie oder zu einer Freikirche gehören. Zunehmend gibt es Träger, die wie die landeskirchlichen Schulstiftungen eine größere Zahl von Schulen unterschiedlicher Schularten unterhalten. Zumeist beschränkt sich die Trägerschaft dann auf eine bestimmte Region. Daneben finden sich bundesweit agierende Träger wie das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD), das zudem weitere Einrichtungen zum Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe unterhält. Im Sinne einer gemeinsamen Profilorientierung gibt es ferner Zusammenschlüsse von Trägern und Schulen wie der Evangelische Erziehungsverband (EREV) oder der Verband Evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS), der sich auf die Grundsätze der Evangelischen Allianz bezieht. Der übergreifende "Arbeitskreis Evangelische Schule" (AKES) versteht sich als Vertretung aller Schulen, Internate und Schülerheime in evangelischer Trägerschaft in Deutschland. Er vereinigt die kirchlichen und diakonischen Träger der evangelischen Schulen, die verschiedenen Schulstiftungen und Schulverbände und bietet eine zentrale Koordinations- und Kooperationsplattform. Sein Anliegen ist die Unterstützung des evangelischen Schulwesens nach innen und außen durch die Weiterentwicklung der Qualität evangelischer Schulen und durch eine bewusste Teilnahme an der bildungspolitischen Diskussion (siehe: www.evangelische-schulen-in-deutschland.de).

Evangelische Schulen stellen eine historisch gewachsene Größe dar. Das zeigt sich zum einen in der Vielfalt der Schularten. Es gibt heute evangelische Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien, evangelische berufliche Schulen, Förderschulen, Kollegs und Abendgymnasien.

Zum anderen führen die verschiedenen Gründungsgeschichten und die damit verbundenen Trägerschaften zu einer Vielfalt evangelischer Schulprofile. Sie wird durch regionale Besonderheiten sowie unterschiedliche Ausprägungen des evangelischen Glaubens in den Schulen weiter verstärkt.

In der Vielfalt der Profile und Träger evangelischer Schulen spiegelt sich die innere Vielfalt der reformatorischen Kirchen sowie des Protestantismus ebenso wie die regional unterschiedliche historische Entwicklung. Lange Zeit sah sich der Protestantismus in staatlichen Schulen gut vertreten und seine Interessen ausreichend gewährleistet. Im 19. Jahrhundert führten verschiedene Strömungen vermehrt zur Gründung von Schulen in eigener Trägerschaft. So entstanden etwa im Gefolge der damaligen Frömmigkeitsbewegungen Schulen, die eine stärker kirchlich-konfessionelle Ausrichtung sichern und eine deutlichere Prägung des Unterrichts und des Schullebens vom Evangelium her gewährleisten wollten. Mit der Entwicklung der Inneren Mission führten zunehmend diakonisch-soziale Motive zur Gründung eigener Schulen, und gegen Ende des Jahrhunderts ließen sich Neugründungen auch aus einem christlichen Engagement für die weibliche Berufsbildung sowie die Höhere Mädchenbildung heraus ableiten. Darüber hinaus sprachen sich evangelische Pädagogen bereits im 19. Jahrhundert für eine an den Prinzipien der Dezentralisierung und des Elternrechts orientierte "Gemeindeschule" aus (F. W. Dörpfeld). In der Weimarer Zeit war das Verhältnis zwischen (christlicher) Gemeinschaftsschule und konfessionellen Schulen dauerhaft umstritten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland das Interesse der evangelischen Kirche gestärkt, sich mit eigenen Schulen am öffentlichen Schulwesen zu beteiligen. Evangelische Schulen sollten "Beispielschulen" für das öffentliche Schulwesen sein; gestützt wurde dieser Ansatz in der Bildungsdebatte der 60er Jahre, in der evangelische Schulen mit besonderen pädagogischen Angeboten zeigten, dass evangelische Bildungsverantwortung über den Religionsunterricht hinausgeht und eine Mitverantwortung für das öffentliche Schulwesen einschließen muss. In dieser Zeit engagierten sich Landeskirchen und Gemeinden in besonderer Weise in Schulgründungen. Später nahm die Motivation in den Kirchen für eigene Schulen ab. Dies führte zu einem wachsenden Legitimationsdruck auf die bestehenden Einrichtungen. Dennoch entstanden gerade in dieser Zeit evangelikale Bekenntnisschulen. Sie wollten in einer pluralistischen Welt deutliche Signale für eine bewusste Glaubenserziehung setzen und gewannen rasch an Zulauf. Mit der Vereinigung Deutschlands entwickelte sich nochmals ein Schub für das evangelische Schulwesen. In den östlichen Bundesländern meldeten sich immer mehr Eltern, die für ihre Kinder eine andere als die staatliche Schule wollten. So kam es dort auf Initiative von Vereinen und Kirchengemeinden zu einer anhaltenden Gründungswelle insbesondere von Grundschulen, die durch die 1993 eingerichtete Evangelische Schulstiftung in der EKD und die private Barbara-Schadeberg-Stiftung vielfach unterstützt wurde. Dazu kommen die Verbände der beruflichen Schulen und Förderschulen in evangelischer Trägerschaft sowie die Arbeitsgemeinschaften, in denen diese Schulen mitwirken.

Die Vielfalt evangelischer Schulen und Trägerschaften stellt einen Reichtum dar, der keinesfalls zugunsten von Einheitlichkeit oder eines zentral festgelegten Standardmodells in Frage gestellt werden sollte. Es gehört zur evangelischen Freiheit, dass die Berufung auf das Evangelium nicht zu einer äußerlichen Konformität, sondern zu eigenen Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten führt. Zugleich muss aber das evangelische Profil, wie es aus der gemeinsamen Berufung auf das Evangelium erwächst (vgl. 2.2), erkennbar bleiben.

Schulen werden heute in Deutschland nicht mehr nur von den Kirchen oder christlichen Vereinen und Vereinigungen getragen. Zunehmend kommen weitere religiöse Trägerschaften mit ins Spiel oder werden zumindest angestrebt. Elterninitiativen und pädagogische Gruppen sind ebenso als Schulträger aktiv wie andere teils weltanschauliche Gruppierungen. In jüngster Zeit werden darüber hinaus kommerzielle Schulträgerschaften etwa durch Wirtschaftsunternehmen auch in Deutschland in Erwägung gezogen. Einzelanträge auf Schulgründungen von sogenannten Sekten oder Psychogruppen haben in der Öffentlichkeit zum Teil erhebliche Aufmerksamkeit und Sorge ausgelöst. Nicht zuletzt werfen Gründungsinitiativen für islamische Schulen zahlreiche Fragen auf.

In dieser Situation kann kritisches Nachdenken über die Grenzen der Vielfalt auch im Blick auf Schulen in evangelischer Trägerschaft nicht prinzipiell ausgeschlossen sein. Auf die kirchlich und theologisch erforderlichen Grenzen wird noch hingewiesen (vgl. Kap. 5). Ob die freiwilligen Absprachen im Arbeitskreis Evangelische Schule und die vielfach angelaufenen Qualitätsentwicklungsmaßnahmen in den einzelnen Landeskirchen, Schulwerken oder Schulverbänden ausreichen, um gemeinsame Qualitätsmerkmale evangelischer Schulen, wie sie in der vorliegenden Handreichung beschrieben werden, sicherzustellen, wird sich im weiteren Verlauf der Entwicklung erweisen. Hier liegt für das evangelische Schulwesen gewiss eine Zukunftsherausforderung. Evangelische Schulen müssen eine eindeutig fassbare Größe sein.

2.2 Gemeinsames Selbstverständnis

Die tiefste Gemeinsamkeit aller Schulen in evangelischer Trägerschaft erwächst aus dem gemeinsamen Bezug auf das Evangelium als Grundlage des Glaubens und Lebens. Die Reformatoren machten die "wahre Einigkeit der christlichen Kirchen" allein von der reinen Lehre des Evangeliums von Jesus Christus und der rechten Verwaltung der Sakramente abhängig (Augsburger Bekenntnis VII). Evangelische Schulen sehen sich in dieser Tradition. Der ausdrückliche Bezug auf das Evangelium bestimmt ihr gemeinsames Selbstverständnis. Der Bezug auf das Evangelium kann auch von anderen Schulen geteilt werden. Staatliche Schulen erziehen in Deutschland vielfach bewusst auf der Grundlage der christlichen (Werte-)Tradition und Kultur, so wie es in einem Teil der Landesverfassungen und Schulgesetze verankert ist. Als ausdrückliches Bekenntnis können und dürfen staatliche Schulen, einmal abgesehen von dem genannten Sonderfall von Bekenntnisschulen in staatlicher Trägerschaft, den Bezug auf das Evangelium aber nicht voraussetzen.

Aus dem Bezug auf das Evangelium ergeben sich weitere Aspekte des gemeinsamen Selbstverständnisses evangelischer Schulen:

  • Schulen in evangelischer Trägerschaft berufen sich auf das christliche Verständnis von Mensch und Wirklichkeit, wie es manchmal abgekürzt als christliches Menschenbild bezeichnet wird. Pädagogisch drückt es sich in der Annahme und Bejahung jedes einzelnen Kindes als Geschöpf Gottes aus. Das christliche Menschenverständnis übersieht dabei nicht die Gebrochenheit und Verfehlung menschlichen Lebens, die in der Bibel als Abwendung von Gott und als Sünde, als Rechtlosigkeit und (Selbst-)Zerstörung beschrieben wird. Und schließlich gibt es kein christliches Menschenverständnis ohne die Hoffnung auf Rettung, Befreiung und Erlösung. Dieses Verständnis von Mensch und Wirklichkeit bestimmt die Voraussetzungen des pädagogischen Handelns in evangelischen Schulen.
  • Schulen in evangelischer Trägerschaft lassen sich von einem Bildungsverständnis leiten, das den "Maßen des Menschlichen" (EKD 2003) gerecht wird. Bildung wird in dieser Denkschrift bewusst weit gefasst als "Zusammenhang von Lernen, Wissen, Können, Wertbewusstsein, Haltungen (Einstellungen) und Handlungsfähigkeit im Horizont sinnstiftender Deutungen des Lebens". Ziel ist die Einbindung des notwendigen Verfügungswissens in ein umfassendes Orientierungswissen als Antwort auf die Frage nach den Zielen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens.
  • Schulen in evangelischer Trägerschaft streben Formen der pädagogischen und institutionellen Gestaltung an, die Erfahrungen mit dem Evangelium ermöglichen. Dies gilt für den Unterricht und seine Inhalte, ganz besonders aber für die Schule als Raum des individuellen und gemeinsamen Lebens. Vielfach bilden evangelische Schulen ausdrücklich Schulgemeinden, in denen das gemeinsame Leben von Christen Ausdruck findet.
  • Der Bezug auf das Evangelium eröffnet Freiheit. Die "Freiheit eines Christenmenschen" (Martin Luther) bedingt eine Schule, die den Gewissensentscheidungen Heranwachsender Raum bietet und sie zur Selbständigkeit herausfordert. Die EKD-Synode in Berlin-Weißensee hat bereits 1958 betont, dass "Freiheit, Wissenschaftlichkeit und Weltoffenheit" in "besonderem Maße" für evangelische Schulen zu gelten haben. Demnach ist es konstitutiv für die Arbeit evangelischer Schulen, unterschiedliche Meinungen und Perspektiven zuzulassen. Schulen sind Stätten der Bildung, in denen Schülerinnen und Schüler über reflektierte Auseinandersetzung zu einer eigenen mündigen Haltung gelangen sollen.
  • Bildung soll zugleich die Persönlichkeit entwickeln und eigener Lebensführung wie der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dienen. In diesem Sinne wollen evangelische Schulen gute Schulen sein und die Schülerinnen und Schüler in ihren Kompetenzen fördern. Beides entspricht für Schulen in evangelischer Trägerschaft an erster Stelle der Berufung auf das christliche Verständnis von Mensch und Welt sowie auf das evangelische Bildungsverständnis, das die Förderung der gesamten Persönlichkeit einschließt. Selbstverständnis evangelischer Schulen ist es, jeder Schülerin und jedem Schüler bestmöglich gerecht zu werden und ihnen eine optimale Förderung zu bieten. Das gilt für Kinder und Jugendliche, die durch ihre soziale, kulturelle oder religiöse Herkunft benachteiligt sind, ebenso wie für Schülerinnen und Schüler mit guten Bildungsvoraussetzungen, deren Leistungspotenzial vielfach nicht angemessen ausgeschöpft wird. Es schließt das Bemühen ein, den für alle Schulen in Deutschland formulierten Qualitätsmerkmalen zu entsprechen (vgl. Kap. 4).
  • Evangelische Schulen sehen sich dem Dienst am Nächsten verpflichtet. Sie folgen dem Motiv der Diakonie des Dienstes, den Kirche und Christen anderen leisten wollen. Diakonie ist hier im weitesten Sinne zu verstehen als Unterstützung bedürftiger Einzelner ebenso wie als Dienst an der Gesellschaft, wie es einem an Integration orientierten diakonischen Bildungsverständnis entspricht. Schulen in evangelischer Trägerschaft geht es um eine Sozialerziehung aus der Nachfolge Jesu Christi.
  • Aus der diakonischen Verpflichtung erwächst für evangelische Schulen notwendig auch das Ziel, der Bildungsgerechtigkeit zu dienen. Die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche, deren Herkunft ihnen wenig Bildungschancen eröffnet, besonders zu fördern, steht heute vor aller Augen. Da die entsprechenden Aufgaben häufig unmittelbar das eine Schule bestimmende Verständnis des Menschen berühren, besitzt die Forderung nach Bildungsgerechtigkeit für Schulen in evangelischer Trägerschaft einen hervorgehobenen Stellenwert.

2.3 Evangelische Schulen als öffentliche Schulen

Schulen in evangelischer Trägerschaft sehen sich im Horizont des Pluralismus und der freiheitlichen Demokratie. Anders als beim so genannten konfessionellen Schulwesen werden staatliche Schulträgerschaft und konfessionelle Ausrichtung nicht miteinander vermischt. Die evangelische Trägerschaft beruht heute von vornherein auf einer konsequenten Unterscheidung zwischen Staat und Kirche. Sie ist Ausdruck einer zivilgesellschaftlich verfassten freiheitlichen Demokratie, die ein Zusammenwirken zwischen Staat und Religionsgemeinschaften unter anderem im Bildungswesen einschließt.

Aus diesem Grund widerspricht die herkömmliche Bezeichnung der staatlichen Schulen als "öffentliche Schulen" und der nichtstaatlichen Schulen als "private Schulen" dem Selbstverständnis evangelischer Schulen. Nach heutigem Verständnis gehören zur Öffentlichkeit gerade auch nichtstaatliche Vereinigungen und Vereine, freie Initiativen, Gruppen und Bündnisse sowie Stiftungen, Werke und Institutionen, die von Bürgerinnen und Bürgern getragen werden. Gemeinsam machen sie die so genannte Bürger- oder Zivilgesellschaft aus, von der eine demokratisch verfasste Öffentlichkeit in wesentlichen Hinsichten abhängig ist. Insofern sollen und wollen Schulen in evangelischer Trägerschaft öffentliche Schulen sein. Sie berufen sich auf den Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums, das sich an alle Menschen wendet; sie verfolgen mit der Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen ein Anliegen, das für die gesamte Öffentlichkeit bedeutsam ist; und unbeschadet des Rechts auf freie Schülerauswahl durch die Schulen und der im Einzelfall damit vielleicht verbundenen Konflikte sind diese Schulen allgemein und öffentlich zugänglich. Sie sind Ausdruck der pluralen Struktur unseres Gemeinwesens. Deshalb gehören evangelische Schulen zum öffentlichen Bildungswesen und beteiligen sich, gemeinsam mit den Schulen in staatlicher Trägerschaft, an der für das Gemeinwesen insgesamt wichtigen Aufgabe von Erziehung und Bildung. Dem entspricht das Anliegen, dass Kinder und Jugendliche dazu befähigt werden, aus ihrem Glauben heraus Verantwortung zu übernehmen.

Bis vor einigen Jahren konnten sich Schulen in evangelischer Trägerschaft vor allem durch das Gegenüber zu staatlichen Schulen definieren als Freie Schulen, die sich durch die freie Trägerschaft von der staatlichen Schule unterscheiden und die deshalb eine größere Handlungsfähigkeit besitzen. Inzwischen hat sich diese Unterscheidung relativiert. Auch den Schulen in staatlicher Trägerschaft werden größere Handlungsfreiräume zugebilligt. Die Forderung nach Entwicklung und Profilierung der Einzelschule gilt heute unabhängig von der Trägerschaft für alle Schulen. Die dafür erforderliche Handlungsfähigkeit von Einzelschulen ist das gemeinsame Ziel, das im staatlichen und im nichtstaatlichen Bereich auf unterschiedlichen Wegen angestrebt wird. Die verschiedenen Strategien schließen einander aber nicht aus, sondern können sich wechselseitig ergänzen und verstärken. Beispielsweise führt die Erweiterung der Gestaltungsräume für Schulen in staatlicher Trägerschaft zu einer größeren Flexibilität bei der staatlichen Anerkennung von Schulen in nichtstaatlicher Trägerschaft, die nun nicht mehr, wie häufig in der Vergangenheit, an das herkömmliche Bild von staatlicher Schule gebunden sein kann. Nach wie vor tragen evangelische Schulen aber bereits durch ihre Existenz dazu bei, dass ein staatliches Schulmonopol ausgeschlossen bleibt. Ein solches Monopol widerspräche ebenso dem Geist unserer pluralen Demokratie wie der zum Wesen der Kirche gehörigen Bildungsverantwortung, die auch eigene Schulen einschließt.

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