Schulen in evangelischer Trägerschaft - Eine Handreichung

Selbstverständnis, Leistungsfähigkeit und Perspektiven. Im Auftrag des Rates der EKD, Hrsg. Gütersloher Verlagshaus, 2008, ISBN 978-3-579-02388-5

4. Qualität und Ethos

Schulen in evangelischer Trägerschaft sehen sich pädagogischen Qualitätsmerkmalen verpflichtet. Aus einem christlichen Selbstverständnis wie auch aus der Pädagogik selbst ergeben sich Grundsätze pädagogischen Handelns, für die evangelische Schulen in besonderer Weise einstehen wollen. Evangelische Schulen wollen gute Schulen sein. Dem entspricht die Bereitschaft, sich über zentrale Vergleichsarbeiten und Zentralabitur hinaus an wissenschaftlichen Vergleichsuntersuchungen und Evaluationen zu beteiligen. Zugleich macht der Bezug auf das Evangelium, wie er sich im Profil evangelischer Schulen niederschlägt, besondere Formen der Evaluation erforderlich, die für dieses Profil offen und sensibel sind. Die Qualität evangelischer Schulen lässt sich nur angemessen einschätzen, wenn ihre besondere Prägung Berücksichtigung findet. Eigene Qualitätsmerkmale sind deshalb ebenso erforderlich wie eigene Evaluationsformen.

Die allgemeinen Grundsätze für gute Schulen gelten, in entsprechender Zuspitzung, auch für evangelische Schulen (4.1). Eigens hervorzuheben sind für diese Schulen darüber hinaus das Anliegen der Kompetenzvermittlung (4.2), der Zusammenhang von Glaube und Schulethos (4.3) sowie das besondere Interesse am Religionsunterricht (4.4). Auch diese Kriterien können auf alle Schulen angewendet werden. Für evangelische Schulen stellen sie eine besondere Verpflichtung dar.

4.1 Evangelische Schulen als gute Schulen

In evangelischer Sicht bemisst sich die Qualität von Schule daran, was sie für Kinder und Jugendliche leistet, sowie an ihrem Beitrag für die Gesellschaft. Darin verbindet sich die Forderung nach einem "Perspektivenwechsel" von den Erwachsenen hin zu den Kindern (Synode der EKD 1994) mit dem Bemühen um ein globales Lernen. Auf dieses übergreifende Ziel muss alle pädagogische Arbeit in den Schulen bezogen sein, im Unterricht ebenso wie im Schulleben.

Auch an Schulen in evangelischer Trägerschaft steht der Unterricht an erster Stelle. Zugleich ist diesen Schulen in besonderem Maße bewusst, dass Schule mehr ist und mehr sein muss als Unterricht; die Qualität von Schule schließt alle Bereiche und Dimensionen ein. Qualitätsstandards, wie sie derzeit entwickelt werden, allein für den Unterricht oder sogar nur für sprachliche und naturwissenschaftliche Fächer reichen nicht aus. Religiöse und ethische Bildung begründen ebenso unerlässliche Qualitätserwartungen und Standards. Die Qualität einer Schule zeigt sich auch in ihrer geistlichen Dimension, in den vielfältigen Möglichkeiten des Schullebens, in den Wertorientierungen, die im schulischen Alltag deutlich werden, sowie in den Formen des Umgangs miteinander und der gestalteten Atmosphäre einer Schule.

Schulen in evangelischer Trägerschaft verfügen über langjährige Erfahrungen damit, was es heißt, einzelne Schulen planmäßig auszugestalten. Bewusst ausformulierte und überzeugende Schulprofile gehören zu den Qualitätsmerkmalen aller Schulen. Dabei sollen Schulprofile individuell ausfallen, so dass die Besonderheit einer jeden Schule sichtbar werden kann. Die besondere Chance für Schulen in evangelischer Trägerschaft liegt hier darin, exemplarisch Möglichkeiten einer auch religiösen bzw. evangelischen Profilierung von Schulen deutlich zu machen. Beispielsweise können Schulprogramme evangelischer Schulen zeigen, welche Bedeutung Religion in solchen Programmen haben soll. Auf diese Weise ergänzen evangelische Schulen das Gesamtspektrum des Angebots unterschiedlicher Schulprofile und tragen dazu bei, die religiöse Dimension des Lebens, Lernens und Arbeitens in allen Schulen erkennbar werden zu lassen.

PISA und andere Schulleistungs-Vergleichsuntersuchungen erinnern mit Nachdruck daran, dass die seit Langem mit Begriffen wie Chancengleichheit angestrebte Bildungsgerechtigkeit noch lange nicht verwirklicht ist. Für evangelische Schulen besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Gottebenbildlichkeit jedes einzelnen Menschen und der Art und Weise, wie Schulen der Vielfalt von Bildungsvoraussetzungen und -möglichkeiten gerecht werden wollen. Schulen in evangelischer Trägerschaft bemühen sich daher unter anderem im Bereich der Förderschule in besonderer Weise um Angebote für Menschen, deren Bildungsbedürfnisse und -möglichkeiten sonst nicht genügend berücksichtigt werden. Das christliche Verständnis des Menschen begründet ein positives Verhältnis auch zu solchen Menschen, die den gesellschaftlichen Erwartungen von Normalität nicht entsprechen.

Es wurde bereits hervorgehoben, dass sich Schulen in evangelischer Trägerschaft als öffentliche Schulen und als Teil des öffentlichen Bildungswesens verstehen und dass sie bei der Erfüllung der Aufgaben, die dem Bildungswesen heute insgesamt gestellt sind, in Zusammenarbeit mit den anderen Schulen mitwirken wollen. Leitend ist dabei die Überzeugung, dass sich durch ein Zusammenwirken von Schulen in unterschiedlicher unter anderem staatlicher und evangelischer Trägerschaft wichtige Ziele besser erreichen lassen. Deshalb kooperieren evangelische Schulen mit anderen Bildungseinrichtungen, mit Gemeinden und Kommunen, mit der Jugendarbeit, mit Sportvereinigungen und Einrichtungen der Weiterbildung, mit Nichtregierungsorganisationen und anderen Kräften der Zivilgesellschaft. Ganztagsschulen und Ganztagsangebote, mit denen evangelische Schulen vielfach ebenfalls langjährige Erfahrung haben, stellen in dieser Hinsicht eine besondere Chance dar.

In einer Demokratie ist die Suche nach einem zukunftsfähigen Bildungsverständnis der Gesellschaft als Ganzes aufgegeben. Deshalb beteiligt sich die evangelische Kirche am öffentlichen Bildungsdiskurs (etwa zum Bildungsverständnis, EKD 2003, oder zur Ganztagsschule, EKD 2004). Schulen in evangelischer Trägerschaft wirken an dieser Gemeinschaftsaufgabe mit durch praktische Impulse und durch schulisches Erproben alternativer Auffassungen von Schule und Bildung, ohne die ein evangelischer Beitrag zum Bildungsdiskurs kaum glaubwürdig wäre.

Schulqualität bedarf der laufenden Analyse und Überprüfung, vor allem durch die Schulen selbst, aber auch in Zusammenarbeit mit anderen Schulen sowie mit Einrichtungen der Evaluation. Eine solche Überprüfung zielt auf die Verbesserung der schulischen Arbeit und muss deshalb mit den jeweils besonderen Gegebenheiten und Prägungen einer Schule vermittelt sein.

4.2 Kompetenzvermittlung

Evangelische Schulen bemühen sich wie alle Schulen intensiv um die Kompetenzvermittlung und die Qualität des Unterrichts und des Schullebens. Internationale Vergleichsuntersuchungen zu Schulleistungen haben neu bewusst gemacht, dass sich zumindest bestimmte Leistungen von Schule und Unterricht messen und vergleichen lassen. Sofern sie nicht zu einer Leistungsideologie führt, ist die Forderung nach guten und exzellenten Leistungen auch in evangelischer Sicht zu bejahen. Eine solche Leistungsanforderung gehört zur Zukunftssicherung einer jeden Gesellschaft sowie zur notwendigen Unterstützung leistungsstarker Kinder und Jugendlicher. Besondere Förderung brauchen offenbar aber auch diejenigen, die bislang aus vielen Gründen hinter den durch die Standards angezeigten Leistungserwartungen zurückbleiben und die zum Teil nicht einmal einen Schulabschluss erreichen. Darüber hinaus ist aus evangelischer Sicht ein Kompetenzverständnis zu fordern, das die gesamte Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt, einschließlich der ethischen und der religiösen Dimension. Die bislang verfügbaren Befunde aus Vergleichsuntersuchungen bleiben hinter dieser Forderung noch deutlich zurück und können deshalb auch ganz unfreiwillig zu einem verengten Kompetenz- und Leistungsverständnis beitragen.

Übergangen werden dürfen die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen aber keineswegs. In der Vergangenheit war manche evangelische Schule, auch begünstigt durch die hohen Anmeldezahlen, von der eigenen Qualität überzeugt, ohne darüber wirklich Rechenschaft abzulegen. Immer mehr Schulen arbeiten intensiv daran oder machen sich auf den Weg, ihre unterrichtliche Qualität regelmäßig zu reflektieren und ein systematisches Qualitätsmanagement zu entwickeln. Unterstützt werden sie dabei von der Wissenschaftlichen Arbeitsstelle Evangelische Schule, durch bundesweite Kongresse und die wissenschaftliche Publikationsreihe "Schule in evangelischer Trägerschaft". Es wird eine Herausforderung für die Gemeinschaft evangelischer Schulen sein, über die Verbesserung der Qualität der einzelnen Schulen zu einem gemeinsamen Qualitätsprofil zu kommen.

4.3 Glaube und Schulethos

Evangelische Schulen wollen Erfahrungen mit dem Glauben ermöglichen, wie er dem evangelischen Verständnis entspricht. Dabei ist nicht nur an den Religionsunterricht zu denken (vgl. 4.4), sondern an das gesamte gemeinsame Leben und Arbeiten in der Schule, an den Unterricht ebenso wie an das Schulleben, an Feste und Feiern, an Gottesdienste, Andachten und andere Elemente des geistlichen Lebens. Gemeinsam ergeben sie ein gestaltetes Schulethos als Ausdruck des christlichen Glaubens. Dieses Ethos bezeichnet die Regeln, nach denen sich das Leben und Handeln in der Schule vollzieht.

Alle Schulen werden von normativen Orientierungen bestimmt. Ein gestaltetes Ethos wird auch von manchen Schulen in staatlicher Trägerschaft angestrebt. Die bewusste Wahrnehmung der normativen Grundlagen des Lebens und Lernens stellt so gesehen ebenfalls ein allgemeines Qualitätskriterium für Schulen dar, das in verstärktem Maße berücksichtigt werden sollte. Für Schulen in evangelischer Trägerschaft ist eine vom Evangelium ausgehende pädagogische Grundlegung konstitutiv (vgl. 2.2). Exemplarisch wird damit gezeigt, "in welchem Sinn die religiöse und ethische Dimension als tragendes Element für alle Bildungseinrichtungen anerkannt werden" sollte (Wolfgang Huber 1997).

In evangelischen Schulen besitzt die Ausbildung und Pflege eines durch den christlichen Glauben begründeten Ethos eine lange Tradition. Dabei können und wollen auch diese Schulen nicht einfach eine religiös oder konfessionell homogene Schüler- und Lehrerschaft voraussetzen. Vielmehr geht es ihnen darum, ihr Ethos in der Pluralität zu bewähren, sowohl nach innen im Blick auf die Schule selbst als auch nach außen im Blick auf die Gesellschaft. Das Ethos evangelischer Schulen rechnet mit pluralen Verhältnissen in der Schulgemeinschaft und ist daher auf eine dialogische Verständigung angelegt. Dadurch unterstützt es die Ausbildung einer Dialogfähigkeit, wie sie ebenso für die Gesellschaft insgesamt anzustreben ist. Evangelische Schulen sollten Kinder und Jugendliche darin unterstützen, fremde Überzeugungen zu verstehen und zugleich eigene Auffassungen zu entwickeln, eine eigene Identität auszubilden, begründet zu urteilen und Verantwortung zu übernehmen. Zudem braucht jede Schule in evangelischer Trägerschaft überzeugende Antworten auf die Frage, wie die gesellschaftliche Pluralität der Herkünfte, Positionen und Weltanschauungen in das gemeinsame (Schul-)Leben und gemeinsame Lernen integriert werden kann. "Eine >Schule des Dialogs< muss sich bemühen, das Fremde und Andere so zur Geltung zu bringen, dass es als Voraussetzung für das gemeinsame Leben erkannt und akzeptiert werden kann." (Synode der EKD 1997) Evangelische Schulen verfügen in dieser Hinsicht über Erfahrungen, die auch für andere Schulen interessant und anregend sein können.

Die oben genannte empirische Untersuchung zur Qualität evangelischer Schulen (vgl. 3.3) macht deutlich, dass evangelische Schulen sich erfolgreich bemühen, ihren religiösen Anspruch auch tatsächlich einzulösen. Der Aufbau religiöser Bindungen gelang in den untersuchten Schulen besser als an staatlichen Schulen. Besonders bemerkenswert sind die Befunde zu Erfahrungen mit Religion. Offensichtlich vermochten es die untersuchten Schulen, ein Klima zu schaffen, in dem Jugendliche eigene Erfahrungen mit Glauben im Lebensvollzug machen können. Demgegenüber unterschieden sich die Werte bei den religiösen Überzeugungen der befragten Jugendlichen nicht signifikant von denen, die keine konfessionelle Schule besuchen. Die Jugendlichen zeigten aber eine höhere Bereitschaft, kirchliche Feste zu begehen, sich konfirmieren zu lassen und kirchlich zu heiraten. Darüber hinaus ergab sich, dass Jugendliche aus konfessionellen Schulen sich deutlich mehr in der Kirchengemeinde engagieren, als dies bei Jugendlichen aus staatlichen Schulen der Fall ist.

4.4 Religionsunterricht

Im evangelischen Verständnis besitzt der Religionsunterricht eine hervorgehobene Bedeutung. Wie an Schulen in staatlicher Trägerschaft gehört der Religionsunterricht an evangelischen Schulen deshalb als ordentliches Lehrfach gemäß Art. 7 Abs. 3 GG zum Fächerkanon und orientiert sich an den staatlichen Lehrplänen, nimmt jedoch zugleich eine zusätzliche Aufgabe wahr. Der Religionsunterricht dient der religiösen Bildung, auf die alle Kinder und Jugendlichen ein Recht haben. "Religion stellt eine unverzichtbare Dimension humaner Bildung dar" (10 Thesen zum Religionsunterricht, EKD 2006). An evangelischen Schulen kommt diesem Fach zugleich die Funktion zu, dass hier die expliziten und impliziten religiösen Absichten, Deutungen und Wertungen, die den Alltag der evangelischen Schule prägen, systematisch zur Sprache kommen und reflektiert werden können. Darüber hinaus besteht an den Religionsunterricht an evangelischen Schulen wie auch an diese Schulen insgesamt die Erwartung, dass hier die von der evangelischen Kirche entwickelten Modelle und Zukunftsperspektiven für religiöse Bildung in verstärktem Maße wahrgenommen und möglichst in exemplarischer Form umgesetzt oder weiterentwickelt werden. In der Praxis mancher Schulen ist dies bereits der Fall, so dass sich diese Erwartung auch auf Erfahrungen stützen kann.

Von staatlicher Seite wird bei der Genehmigung von Schulen in evangelischer Trägerschaft zum Teil geltend gemacht, dass an solchen Schulen ausschließlich der evangelische Religionsunterricht als Pflichtfach angeboten werden dürfe. In einem Teil dieser Schulen, zum Beispiel in Württemberg, ist der evangelische Religionsunterricht für alle verpflichtend. Soweit es um eine staatliche Vorgabe geht, ist sie als Eingriff in Angelegenheiten der religiösen Selbstbestimmung zurückzuweisen (vgl. 6.3). Als eigene Entscheidung von Schulen in evangelischer Trägerschaft ist die Beschränkung auf einen für alle verpflichtenden evangelischen Religionsunterricht zwar zulässig, sieht sich aber zunehmend gewichtigen Anfragen auch aus dem Raum der Kirche selbst ausgesetzt. Alle Schulen in evangelischer Trägerschaft stehen heute vor der Frage, wie sie mit den Herausforderungen von Ökumene und interreligiöser Verständigung verantwortlich umgehen wollen. Ebenso muss den Schulen daran gelegen sein, dass ihr Profil oder Proprium nicht auf den evangelischen Religionsunterricht eingeengt wird, sondern im Bezug auf die Schule als Ganze und auf alle Fächer wahrnehmbar bleibt.

Die in der Denkschrift "Identität und Verständigung" (EKD 1994) beschriebene evangelische Position zu Aufgaben und Gestalt des Religionsunterrichts in der Pluralität gilt prinzipiell für alle Schulen, auch wenn sie sich nicht überall in gleicher Form realisieren lässt. Die Denkschrift plädiert für einen evangelischen Religionsunterricht, der die Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen stärkt, aber ebenso bewusst die Unterschiede zwischen ihnen wahrnimmt. Die Zugehörigkeit der Schülerinnen und Schüler zur evangelischen Kirche gehört dabei nicht zu den Teilnahmebedingungen für diesen Unterricht. Die Denkschrift schlägt einen (konfessionell-)kooperativen Religionsunterricht vor, bei dem die Fächer evangelische Religion und katholische Religion phasenweise zusammenarbeiten, darüber hinaus aber auch Religions- und Ethikunterricht sowie je nach regionaler Gegebenheit orthodoxer, jüdischer und islamischer Religionsunterricht in die Kooperation einbezogen werden. Dem entspricht die in der Denkschrift vorgezeichnete Möglichkeit der Einrichtung einer Fächergruppe, in der die genannten Fächer in weiterhin klar unterscheidbarer Form zu einem eigenständigen Pflichtbereich zusammengefasst werden. Eine solche Fächergruppe soll die Stellung dieser Fächer im Fächerkanon stärken und zugleich die Kooperation erleichtern.

An Schulen in evangelischer Trägerschaft besteht Übereinstimmung darin, dass der Religionsunterricht kein isoliertes Fach sein kann. Wünschenswert sind fächerverbindende und -übergreifende Formen der Zusammenarbeit zwischen dem Religionsunterricht und allen anderen Fächern, nicht zuletzt auch den naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Gerade in dieser Hinsicht wurden bei Schul- und Unterrichtsversuchen an Schulen in evangelischer Trägerschaft ("Unterrichten mit spirituellem Spürsinn", "Unterricht im christlichen Aufmerksamkeitshorizont" u. a.) zukunftsweisende Modelle entwickelt. Daneben ist auf die Möglichkeit hinzuweisen, den Religionsunterricht mit Projekten diakonischen Lernens, wie sie an vielen evangelischen Schulen durchgeführt werden, auch strukturell zu verbinden. Besonders wichtig ist der Beitrag des Religionsunterrichts ebenso für die Ausbildung für sozialdiakonische Berufe in beruflichen Schulen, da hier das christliche Verständnis von Mensch und Wirklichkeit von entscheidender Bedeutung ist.

Soweit neben dem evangelischen auch katholischer Religionsunterricht angeboten wird, wie es der Offenheit von Schulen in evangelischer Trägerschaft für katholische Schülerinnen und Schüler entspricht, sollten die Aufgaben eines konfessionell-kooperativen Unterrichts im Sinne von "Identität und Verständigung" selbstverständlich eine hervorgehobene Rolle spielen. Die evangelische Position zum Religionsunterricht gewinnt an Plausibilität, wenn sie auch an Schulen in evangelischer Trägerschaft eingelöst wird.

Mit der bewussten Offenheit für Schülerinnen und Schüler ohne Konfessions- und Religionszugehörigkeit oder für Schülerinnen und Schüler mit nichtchristlicher Religionszugehörigkeit, wie sie von Schulen in evangelischer Trägerschaft beispielsweise dem Staat gegenüber eingefordert wird, verbinden sich weitere Lern- und Bildungsaufgaben. Auch diese Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben ein Recht auf Religion und religiöse Bildung. Sie brauchen ein Angebot, das ihnen in Zustimmung und Abgrenzung Raum für freie Orientierungen und Entscheidungen lässt. Die Frage nach Möglichkeiten eines islamischen Religionsunterrichts kann daher nicht prinzipiell vor den Schulen in evangelischer Trägerschaft Halt machen, auch wenn sich niemand an einer solchen Schule der Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Evangelium entziehen soll und in dieser Hinsicht noch viele Fragen ungeklärt sind. Auf jeden Fall müssen in Zukunft verstärkt Möglichkeiten für ein interreligiöses Lernen eröffnet werden.

Schließlich stellt sich auch die Aufgabe der Auseinandersetzung mit nichtreligiösen Weltanschauungen für Schulen in evangelischer Trägerschaft ebenso wie für alle anderen Schulen. In Ostdeutschland sind diese Aufgaben besonders dringlich, aber sie sind keineswegs nur auf eine bestimmte Region in Deutschland begrenzt. Auch ein spezielles religionsunterrichtliches Angebot für konfessionslose Schülerinnen und Schüler, wie es an manchen evangelischen Schulen erprobt wird, kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Mit evangelischen Inhalten von evangelischen Lehrkräften erteilt, bleibt es konfessioneller Religionsunterricht im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GG und darf nicht mit einem religionskundlichen Unterricht über Religion verwechselt werden.

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