Kite-Pastor: „Begeistert vom Kiten und vom Glauben“

Erik Neumann bietet als „Kite-Pastor“ Kite-Camps mit Gesprächen über Glaubens- und Lebensthemen an

Erik Neumann, der erste Kite-Pastor der hannoverschen Landeskirche, im Neoprenanzug auf einem Kite-Board

Auf dem Brett ist Pastor Erik Neumann in seinem Element. Für seine Einsätze in den Wellen wünscht er sich noch einen schwarzen Neoprenanzug mit vorne aufgedrucktem Beffchen. „Damit wir auch auf dem Wasser auf den ersten Blick als Pastoren zu erkennen sind.“

Osnabrück/Greifswald (epd). Von der Kanzel predigen und durch die Wellen gleiten Erik Neumann liebt beides: seinen Beruf als Pastor genauso wie sein Hobby, das Kitesurfen. „Ich bin begeistert vom Kiten und begeistert vom Glauben an Jesus“, sagt Neumann. Dass beides für eine gewinnbringende Partnerschaft taugt, hat der 51-Jährige in zahlreichen Männer-Kite-Camps für seine Kirchengemeinde in Dissen bei Osnabrück gezeigt.

Ende letzten Jahres stattete ihn die hannoversche Landeskirche im Bereich missionarische Dienste als ihren ersten „Kite-Pastor“ mit einer Viertelstelle aus. Zusammen mit seinem Kollegen Carsten Hokema von der Freikirche der Baptisten bildet er das einzige Kite-Pastorenteam in ganz Deutschland. Die meisten seiner Kurse bietet er im Ostseebad Loissin (bei Greifswald) an.

„Kirche muss aus dem Häuschen geraten“

„Beim Kiten kriegt man den Kopf frei“, sagt Neumann. Dabei steht er auf einem Brett, das ähnlich wie ein Surfbrett gebaut ist. Um seinen Bauch hat der wassersportbegeisterte Pfarrer einen breiten Gurt gelegt. An dem sind Sicherheits- und Lenkleinen befestigt, die den im Wind stehenden Lenkdrachen halten. In der Hand hält er eine Stange, die sogenannte „Bar“, die ebenfalls mit den Leinen verbunden ist und mit der er den Drachen steuern kann.

Und schon rast der Wind mit ihm durch die aufpeitschenden Wellen. Mittlerweile ist der sportlich-durchtrainierte Pastor ein echter Kite-Experte, hat sogar einen Kitelehrer-Schein gemacht. In seinen Camps, die er von Mai bis Juli anbietet, fungiert er aber weniger als Lehrer, sondern eher als Begleiter, Betreuer und Seelsorger: „Das ist das Wunderbare an den Camps, dass ich eine Woche ganz für die Menschen da sein kann und wir das Leben miteinander teilen.“

Die Teilnehmer seien entspannt, in Urlaubsstimmung, sagt Neumann. „Da haben sie Zeit und reden gerne über ihren Glauben und existenzielle Fragen.“ Deshalb müsse die Kirche an solchen Stellen präsent sein, findet er. Philipp Elhaus, Leiter der Missionarischen Dienste betont, genau deshalb unterstütze die Landeskirche solche Initiativen: „Kirche muss aus dem Häuschen geraten: Hingehen, aufsuchen, in die Alltags- und Freizeitwelten der Menschen eintauchen.

„Da gibt's kein frommes Gerede“

Neumanns Angebot lautet: Jeden Morgen ein 75-minütiges Gespräch mit den Teilnehmern über vorher festgelegte „Lebensthemen“. Die fragt der Pastor bei der Anmeldung ab. Darauf stimmt er seine Auswahl biblischer Texte und eigener Impulse ab. „Da gibt's kein frommes Gerede. Da werden oft ganz persönliche Sachen auf den Tisch gelegt.“ Erst danach geht's mit erfahrenen Kitelehrern ins Wasser.

Obwohl die Camps also eine klare christliche Ausrichtung haben, sind unter den Teilnehmern viele Menschen, die Kirche und Glauben eher skeptisch gegenüber stehen. Auch in puncto Kiten sind die meisten Anfänger. Genau die will Neumann haben. „Aber ich will ihnen nichts aufdrängen, sondern mit ihnen ins Gespräch kommen über Themen, die sie angehen“, sagt er. Dabei kämen sie oft fast automatisch auch auf den Glauben zu sprechen. „Aber meine Absicht ist nicht, dass sie möglichst morgen Kirchenmitglieder werden.“

Auf den Brettern steht „God Boards“

Immerhin kann der Kite-Pastor mit einer guten Ausrüstung, den besten Stränden an Nord- und Ostsee und hervorragenden Kite-Lehrern punkten. Viele kämen in erster Linie deshalb in seine Camps. „Beim ersten Mal habe ich gedacht, die Gesprächsrunde am Morgen werde ich schon irgendwie überleben“, berichtet ein Teilnehmer eines Männer-Camps in einem Werbe-Video. Sehr schnell habe er dann aber gemerkt, dass ihm die Gespräche großen Spaß machten. Neumann erzählt, ein anderer habe die Bibel, aus der sie gelesen hätten, gar nicht wieder hergeben wollen.

In der Szene haben der Kite-Pastor und das Projekt „Ewigkite“, dem er sich angeschlossen hat, bereits einen Namen und sogar Sponsoren. Der zweite Kite-Pastor Carsten Hokema hat „Ewigkite“ vor zehn Jahren für christlich interessierte Drachenflieger, Powerkiter und Kitesurfer gegründet.

Neumann baut jetzt den Bereich Kitesurfen aus. Auf Wettbewerben und Meisterschaften in St. Peter-Ording oder auf Sylt sind er und ein Team Ehrenamtlicher oft mit einem Stand vertreten. Ein Hersteller der Boards, die Firma „Good Boards“ (gute Bretter), will ihm Bretter zur Verfügung stellen mit der Aufschrift „God (Gott) Boards“. Er hofft, es findet sich noch ein Hersteller von Neoprenanzügen, der einen schwarzen Anzug mit einem vorne aufgedruckten Beffchen entwirft. „Damit wir auch auf dem Wasser auf den ersten Blick als Pastoren zu erkennen sind.“

Martina Schwager (epd)