Manfred Rekowski fordert EU-Lösung für Flüchtlinge auf Lesbos

Der EKD-Migrationsexperte bedauert, dass der Umgang mit Flüchtlingen aus dem Blick der Öffentlichkeit geraten ist

Manfred Rekowksi

Mamfred Rekowski bedauert, dass angesichts der Corona-Pandemie andere wichtige Themen wie der Umgang der EU mit Flüchtlingen und der Klimaschutz kaum noch im Blick der Öffentlichkeit sind.

Düsseldorf (epd). Der EKD-Migrationsexperte Manfred Rekowski warnt vor einer humanitären Katastrophe im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos und kritisiert die zögerliche Haltung der EU als Armutszeugnis. In dem Lager lebten viele Menschen auf engem Raum, und es herrschten schlechte Hygienezustände und eine mangelhafte medizinische Versorgung, sagte Rekowski dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bereits vor dem Ausbruch des Coronavirus sei die Situation inhuman gewesen. „Es fehlt nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was es bedeutet, wenn die Pandemie dort um sich greift und die Menschen sich anstecken.“

Es sei „ein Armutszeugnis und völlig inakzeptabel“, dass es in Europa nicht gelinge, eine humanitäre Lösung für die betroffenen Menschen zu finden, sagte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der rheinischen Landeskirche. In dieser Frage herrsche derzeit eine absolute Stagnation: „Selbst beim Versuch, Minderjährige aus diesem Lager herauszuholen und sie aufzunehmen, gibt es bis heute keine substanziellen Fortschritte.“

EuGH-Urteil sollte Motivation steigern, Lasten fair zu verteilen

Positiv wertet der 62-jährige Theologe aber das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass Polen, Ungarn und Tschechien mit ihrer Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, gegen EU-Recht verstoßen haben. „Das EuGH-Urteil ist ein Signal, dass es in Europa möglich ist, zu einer gemeinsamen Lösung in der Flüchtlingsfrage zu kommen“, erklärte Rekowski. Es sollte die Motivation aller Staaten steigern, sich um eine europäische Lösung zu bemühen und die Lasten auf alle Schultern zu verteilen – auch die aktuellen Lasten Griechenlands. „Das ist ein Gebot der Humanität, und es wäre ein Akt der Solidarität.“

Umgang mit Flüchtlingen ist aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten

Rekowski bedauerte, dass der europäische Umgang mit Flüchtlingen kaum noch im Blick der Öffentlichkeit sei. „Die Corona-Pandemie ist seit Wochen das einzig beherrschende Thema“, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Eine Corona-freie Nachrichtensendung würde praktisch nur noch aus dem Wetterbericht bestehen.“ Andere wichtige Themen wie der Klimaschutz als Zukunftsfrage für die gesamte Menschheit drohten zu einer Randfrage zu werden.

Auch die dramatische Situation an den EU-Außengrenzen, insbesondere in Griechenland, seien in den Hintergrund geraten, sagte der Experte. „Die Lage ist dort aber weiterhin sehr prekär. Bei allen Herausforderungen, die mit der Coronakrise verbunden sind, dürfen wir davor nicht die Augen verschließen.“

Ingo Lehnick (epd)